von Hannah Lux
Wenn ich mir die Diskussionen über kirchliche Themen anhöre, die seit Langem immer wieder aufkommen, geht es häufig darum, der Kirche Machtausübung vorzuwerfen – Machtausübung durch eine rein männliche oder zumindest männlich dominierte Hierarchie. Von vielen Seiten wird Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass die Kirche nicht demokratisch organisiert ist und dass nicht alle Mitglieder dieselben Aufgaben übernehmen können.
Nochmals neuen Auftrieb hat diese Diskussion in letzter Zeit bekommen durch den „Synodalen Weg“ und die Aktivistinnen von „Maria 2.0“, die den Zugang von Frauen zu allen Weiheämtern fordern.
Selten höre ich dabei etwas davon, dass jeder Mensch eine andere einzigartige Berufung hat und dass er auf Ergänzung angewiesen ist. Die Gaben wie die Begrenzungen, das Geschlecht und die Lebensumstände sind Teil dieser Einzigartigkeit jeder Berufung. Diese Umstände öffnen einige Türen und schließen andere zu. Ein 2-Meter-Hüne hat es ja auch leichter, im Basketballteam seinen Platz zu finden als auf dem Rücken eines Rennpferdes – und wenn er noch so gerne Jockey wäre.
Das biblische Bild von der Gemeinde Christi als Leib mit unterschiedlichen Gliedern und Organen macht es deutlich: Die Kirche kann nur aufgebaut werden im gegenseitigen Dienst mit den je eigenen Gaben im je eigenen Stand. Von diesem Dienst hört man allerdings nur selten etwas in den Diskussionen, „Dialog“angeboten und Themenpapieren.
„Nun aber sind es viele Glieder, aber der Leib ist einer. Das Auge kann nicht sagen zu der Hand: Ich brauche dich nicht; oder auch das Haupt zu den Füßen: Ich brauche euch nicht. Vielmehr sind die Glieder des Leibes, die uns die schwächsten zu sein scheinen, die nötigsten; und die uns am wenigsten ehrbar zu sein scheinen, die umkleiden wir mit besonderer Ehre; und bei den unanständigen achten wir besonders auf Anstand; denn die anständigen brauchen’s nicht.
Aber Gott hat den Leib zusammengefügt und dem geringeren Glied höhere Ehre gegeben, damit im Leib keine Spaltung sei, sondern die Glieder in gleicher Weise füreinander sorgen. Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.“
(1. Korintherbrief 12, 20-26)
Als Laie nehme ich sehr viel häufiger „Dienst“ in Anspruch, als dass ich wirklich Herrschaft begegne:
- Wenn ich um eine Segnung bitte, nehme ich Dienst in Anspruch
- Bei der Beichte nehme ich Dienst in Anspruch
- Beim Empfang der Sakramente nehme ich Dienst in Anspruch
- Selbst wenn ich Führung und Leitung erfahre, nehme ich Dienst in Anspruch
- Als Glied der Kirche erfahre ich auch den Dienst des Papstes. In seinem hohen Alter könnte er auch ein weniger anstrengendes und Disziplin forderndes Leben haben, als sich ganz der Leitung der Kirche zu widmen.
Ist das Klerikalismus? Den sehe ich eher bei der Fixierung auf die Leitungsgewalt der geweihten Ämter, die aber doch viel eher Dienstämter sind.
Ich frage mich, ob diese Sichtweise nicht auch und hauptsächlich daher kommt, dass Viele gerade diese Dienste nicht mehr in Anspruch nehmen.
Bezogen auf die Frage nach der Frauenordination antworte ich daher oft (etwas augenzwinkernd):
Die Kirche – als Braut Christi – ist weiblich.
Es ist nur recht, dass die Männer ihr dienen.
Und die Laien? Sie könnten eigentlich die Priester mit ihren Begabungen unterstützen, so wie die Priester die Laien unterstützen können in ihrer geistlichen Bildung und ihrem geistlichem Leben. Mir kommt es aber manchmal so vor, als seien hauptsächlich die Dienste gefragt, die bezahlt oder beachtet werden. Von echter gegenseitiger Ergänzung ist wenig zu sehen.
„Aber Gott hat den Leib zusammengefügt und dem geringeren Glied höhere Ehre gegeben, damit im Leib keine Spaltung sei, sondern die Glieder in gleicher Weise füreinander sorgen. Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.“
(1. Korintherbrief 12, 24b-26)
Fotos aus dem Bode-Museum, Berlin | Heike Hannah Lux