Zum 5. Sonntag nach Pfingsten

(14.07.2019) / von Pater Marc Brüllingen

Erneut ist im heutigen Evangelium (Mt 5,20-24) die Rede von der Nächstenliebe. Es sind ernste, strenge Worte, die der Heiland an die Adresse der Pharisäer und Schriftgelehrten richtet. In der äußerlichen Erfüllung des Gesetzes, der peinlichen beobachtung all der bestimmungen der jüdischen Moral- und Ritualvorschriften sahen sie die „Gerechtigkeit“, die wahre Heiligkeit und höchste Vollkommenheit.

Dabei war ihr Herz voller Arglist, Bosheit und Falschheit, voller Grimm und Rachsucht gegen alle, die sie als ihre Feinde ansahen, besonders gegen den verhaßten Galiläer. Ihm, der sie bis auf den Grund ihrer heimtückischen Seele erkannte und durchschaute und sich auch nicht scheute, sie vor allem Volke anzuprangern, wie sie’s verdienten, hatten sie unversöhnliche Feindschaft geschworen!

So verstehen wir denn die Warnung Jesu an das Volk: „Wenn euere Gerechtigkeit nicht vollkommener ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr nicht ins Himmelreich eingehen!“ Man muß eben die Mentalität, die ganze geistige Verfassung der damaligen Juden, insbesondere der Pharisäer und Schriftgelehrten richtig kennen, um den Sinn dieser Worte voll und ganz zu erfassen.

Wer den Haß gegen den Feind zum obersten Gesetze macht, der sieht alles als erlaubt an, jedes Mittel, den Feind zu verderben, die Rache zu kühlen: List, Heuchelei, Verstellung, Lüge und Verleumdung. Wie meisterhaft haben eben dieselben Pharisäer und Schriftgelehrten diese „Kunst“ verstanden, als es galt, ihren größten Feind, Jesum von Nazareth, zu Fall zu bringen!

So werden auch die Worte umso verständlicher, die Christus zur Erläuterung und zur Illustrierung des Gesagten beifügt: „Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt worden: Du sollst nicht töten! Wenn einer tötet, ist er dem Gericht verfallen. Ich aber sage euch: Wer über seinen Bruder zürnt, ist dem Gerichte verfallen!“

Wie weit strenger ist doch seine Forderung wahrer Nächstenliebe! Nicht bloß die Tat, nein, auch schon der Gedanke und der Wille, dem Nächsten zu schaden, ist eine Sünde. Und er geht noch weiter: Selbst jedes Schimpfwort, jede Beleidigung und Kränkung des Mitmenschen verdient Strafe Gottes! Sind doch alle Menschen unsere Brüder, weil Gott unser aller Vater ist, der im Himmel wohnt!

Und so ergibt sich daraus von selbst die Mahnung aus dem Munde Jesu: „Wenn du also deine Gabe zum Altare bringst und dich daselbst erinnerst, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, so lasse deine Gabe dort vor dem Altare und gehe hin, versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe!“

Wichtiger noch und wohlgefälliger als die Opfergabe, das will der Heiland besagen, ist in den Augen Gottes, des Allwissenden und Allgerechten, die Erfüllung seines Gebotes: Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst! Er, vor dessen allgegenwärtigem Auge nichts verborgen ist, der Herz und Nieren durchforscht und hineinschaut bis in die geheimsten Falten der Seele, sieht vor allem auf die Gesinnung des Herzens und spricht danach sein Urteil über den Menschen.

Und dies sein Urteil bleibt unabänderlich, unwiderruflich. Denn vor Gott dem Herrn gilt kein Ansehen der Person. Was immer der Mensch Böses denkt und sagt von seinem Nebenmenschen, was er gegen ihn tut und unternimmt, findet seinen strengen, unerbittlichen Richter, wenn nicht hienieden schon, so doch in der Ewigkeit!

Wie der göttliche Heiland dies sein Gebot verstanden haben will, hat er unzweideutig erklärt: „Ihr wisst, daß den Alten gesagt wurde. Hasset eure Feinde! Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde! Tut Gutes denen, die euch hassen, betet für jene, die euch verfolgen und verleumden, damit ihr Kinder dessen seid, der seine Sonne aufgehen läßt über Gute und Böse und regnen läßt über Gerechte und Ungerechte!“

Wer Haß und Feindschaft im Herzen trägt wider seinen Nächsten, belügt sich selbst, wenn er zum Vater betet, der im Himmel ist: „Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern!“ Derjenige, der diese Bitte uns gelehrt, hat uns durch sein Beispiel gezeigt, wie sie auch in die Tat umzusetzen ist, dadurch, daß wir dem Nächsten von Herzen verzeihen. Denn nur dann dürfen wir auch Vergebung erhoffen für unsere eigenen Sünden.

An Großmut läßt sich Gott wahrlich von niemandem übertreffen. Und nur wer großmütig verzeiht, ist seiner auch würdig. Darin unterscheidet sich das Christentum vom Heidentum, dem alten und neuen, sowie den anderen Religionen, auch der jüdischen, daß es die Religion der Liebe und Versöhnung ist: „Daran sollen sie euch erkennen, daß ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebet, wie ich euch geliebt habe!“

(nach: August Schmidlin, Empor die Herzen – Lesungen für die Sonn – und Festtage des Kirchenjahres; 1941, Verlagsbuchhandlung zum Münster, A.G., Straßburg)

Vorwort zum Juni-Rundbrief

Liebe Gläubige, Freunde und Wohltäter,

die Sonntage nach dem Pfingstfest, beginnen mit dem Dreifaltigkeitsfest. Am ersten Sonntag im Juni, (03.06), wird dann der Zweite Sonntag nach Pfingsten gehalten. In den Sonntagen nach Pfingsten gilt es, die Erinnerung an Christi Auferstehung und die Ausgießung des Heiligen Geistes in uns wachzuhalten. Jeder Sonntag soll darum ein kleiner Ostertag sein, ein Gedenktag an unsere Taufe und Firmung, eine Mahnung, die Taufgnaden zu festigen, besonders durch die Feier des heiligen Meßopfers und durch die Sakramente, denn nur in der Kraft des Heiligen Geistes werden wir die Anfechtungen und  Erdennöte überwinden.

Vom 17. So. n. Pfingsten an richtet die Liturgie den Blick auf den kommenden Herrn. Die Kirche spricht vom Ende der Zeit, von der Trübsal jener Tage, vom Endkampf, den wir zu bestehen haben und auf den wir uns im Glauben rüsten müssen. Bis dahin sollen wir das Vermächtnis des Herrn erfüllen und in der Meßfeier den Tod des Herrn verkünden, bis er wiederkommt. In der Gegenwart des Heilswerkes Christi, eben bei der Hl. Messe, schauen wir aus und stärken uns auf das Kommen des Herrn. So ist denn das Jahr Christi, das liturgische Kirchenjahr, wie Pius XII. in „Mediator Dei“ schreibt „von der Frömmigkeit der Kirche genährt und begleitet, nicht eine kalte, leblose Darstellung längst vergangener Dinge oder eine bloße Erinnerung an Ereignisse aus einer früheren Zeit. Es ist vielmehr Christus selbst, der in seiner Kirche weiterlebt“ (Nr163).

Es grüßt Sie herzlich, Ihr

Pater Fuisting


– Rundbrief Juni 2018


Wort zum Juli

Liebe Gläubige, Freunde und Wohltäter,

der Monat Juli beginnt mit dem „Fest des kostbaren Blutes“. Der hl. Papst Pius XI. schrieb es 1949 für die ganze Kirche vor und legte es auf den ersten Sonntag im Juli, was der ebenfalls heilige Papst Pius X. bei seiner ziemlich umfangreichen Breviereform änderte und es auf den 1. Juli verlegte. Das Fest stellt eine Fortführung des Karfreitags, der Kreuzfeste, des Fronleichnams- und Herz-Jesu-Festes dar.  Eigentlich gehört es nicht der klassischen Liturgie an, denn es entstammt der Reflexion. Die alte Liturgie liebt in ihren Festen mehr das Geschehen als den Gedanken. So zielt das Festgeheimnis auf den Mittelpunkt des Erlösungsgedankens. Wir werden an das Ende herangeführt. Wir sehen einen himmlischen Gottesdienst, in der Mitte auf dem Altar das Lamm, geschlachtet und doch lebend mit seinem Blut gerötet.; ringsum unzählige Scharen von Erlösten in weißen Kleidern, gewaschen im Blut des Lammes. Die Seligen singen das Erlösungslied: „Du hast uns erlöst aus allen Stämmen, Völkern und Nationen durch dein Blut!“

Wir dürfen uns glücklich schätzen, Sein göttliches Blut bei jeder Hl. Messe in unserer Mitte zu haben und es dem himmlischen Vater aufzuofpern für die Sünden der ganzen Welt. Möge der Herr uns dazu stets Kraft verleihen.

Mit herzlichem Gruß, Ihr

Pater Andreas Fuisting


Rundbrief Juli 2016


 

Fest Epiphanie

(6. Januar)
von P. Marc Brüllingen


„Epiphanie“ (griechisch = Erscheinung) heißt im Lateinischen daneben auch apparitio, manifestatio, declaratio, ostensio Domini, Fest der Erscheinung des Herrn, d.h. der Offenbarung seiner Gottheit, ein Fest des Herrn am 6. Januar; heute ohne die seit dem 6. Jahrhundert übliche Vigil und auch ohne eine eigentliche Oktav, die für Jerusalem um 400 und für die römisch-fränkische Liturgie im 8. Jahrhundert bezeugt ist, wohl aber mit einer Art Nachfeier, deren 8. Tag abendländischer Tradition gemäß Commemoratio baptismatis D. N. J. Christi (= Fest vom Gedächtnis der Taufe unseres Herrn Jesus Christus) heißt. Die rein volkstümliche Bezeichnung festum magorum (= Fest der Magier) oder Fest der Heiligen Drei Könige in romanischen und germanischen Sprachdialekten hängt wohl besonders mit der Übertragung ihrer Gebeine von Mailand nach Köln (1164) zusammen.

Das Fest Epiphanie stammt aus der orientalis ecclesia (Augustinus, Sermo 202,2). Es wird ohne Angabe seines Inhaltes vom heidnischen Historiker Ammianus Marcellinus (Rer. gest. XXI 2,5) zuerst aber für Gallien, wo Kaiser Julian es 361 in Paris mitfeierte, erwähnt, und zwar als von den Christen epiphania genannt. Mit diesem Ausdruck ist wahrscheinlich dasselbe gemeint, was in Gallien um die gleiche Zeit ein doch wohl echtes Fragment des Bischofs Hilarius von Poitiers (+367) mit salvatoris adventus (= Kommen des Herrn (im Fleisch)) (CSEL 65, 16 f. Feder) bezeichnet. Als orientalisches Fest mit dem doppelten Festinhalt der Taufe des Herrn und seiner leiblichen Geburt bezeugt es für Ägypten Johannes Cassianus (Coll. 10,2), während in Zypern Epiphanius (Pan. haer. 51,16,1 und 22,3; 51,9,13; 51,16,8) die Geburt, Ankunft der Magier und die Hochzeit von Kana, also auch eine Mehrheit von Festmotiven , nennt, die Pilgerin Aetheria (Itinerarium XXV 6-12 und XXVI) hingegen in Jerusalem nur ein einziges Festmysterium, die Geburt des Herrn, zu kennen scheint, was auch bei Johannes Chrysostomus (Hom. in Pentecost. I 1,2) bis 386 und früher wohl schon bei Ephräm dem Syrer (+373) der Fall war.

Obwohl der Zusammenhang von Epiphaniefest und Kanawunder uralt erscheint, ja vielleicht älter ist als der von Epiphanie und Jordantaufe, so verdrängte doch das Festmotiv der Taufe Jesu in der orientalischen Epiphanieliturgie schon ganz früh dasjenige des Weinwunders von Kana. Schon gegen Ende des 4. Jahrhunderts, als das römische Weihnachtsfest des 25. Dezember von Antiochien aus den Osten eroberte, mußten Epiphanie und Weihnachten sich in den bisherigen Inhalt von Epiphanie teilen: Die Geburtstagsfeier (mit Anbetung der Weisen) ging im Osten auf den 25. Dezember über, während die Feier der Taufe Jesu im Jordan dem 6. Januar verblieb und dem Epiphaniefest den weiteren Namen „tà phota“ einbrachte, nach Ch. Mohrmann doch wohl im Sinn von „photismós“ = Taufe.

Die verschlungene Geschichte des Epiphaniefestes im Abendland stellt sich so dar: in Rom feierte man um 336 das Geburtsfest des Herrn am 25. Dezember, desgleichen etwas später in Nordafrika; in beiden Liturgiegebieten gehörte die Anbetung der Magier mit zum ursprünglichen Festinhalt. Rom und Nordafrika führten dann noch im 4. Jahrhundert unter orientalischem Einfluß das Epiphaniefest des 6. Januar ein und trennten dabei vom Festinhalt des 25. Dezember die Anbetung der Magier ab, d.h., sie machten die den Magiern als Erstlingen der Heidenwelt zuteil gewordene manifestatio des neugeborenen Gotteskindes zum einzigen Festmotiv des 6. Januar.

Anders steht es mit dem ursprünglichen Festinhalt von Epiphanie in Gallien und Oberitalien. Das Hauptmysterium der altgallischen Epiphaniefeier vom 6. Januar war höchstwahrscheinlich der adventus Domini, die Erscheinung des Herrn, die aber nicht nur seine Erscheinung im Fleisch, d.h. seine leibliche Geburt, sondern auch „die glanzvollen Offenbarungen seiner Wesenswürde“ (K. Prümm) bei seiner Taufe im Jordan und bei seinem ersten Wunder, dem Weinwunder auf der Hochzeit von Kana, umfaßte. Hier trat nach Einführung des Weihnachtsfestes (in Oberitalien noch im 4. Jahrhundert) genauso wie im Orient an Epiphanie die Jordantaufe in den Vordergrund der Feier, aber in Verbindung mit der Huldigung der Magier und dem Weinwunder von Kana. Für diese tria miracula (= drei Wunder), die sonst in patristischen Quellen erst des 5. Jahrhunderts belegt sind, haben wir bei Annahme der heute mehrfach, aber wohl zu Unrecht angezweifelten ambrosianischen Verfasserschaft des Epiphaniehymnus Inluminans altissimus bereits im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts ein schönes Zeugnis. So sicher Ambrosius von Mailand (+397), was aus seinem Lukaskommentar (II 83-95, IV 76) zu erschließen ist, im Festmysterium von Epiphanie die Taufe Jesu im Jordan an erster Stelle feierte, das Taufsakrament selbst hat er an Epiphanie doch nicht gespendet. Wohl aber tat man das in Gallien. Hier sowie in Nordafrika, Spanien und Irland wurde trotz des Widerspruches der Päpste Siricius, Leo der Große und Gelasius Epiphanie stellenweise sogar Tauffest. Ursprünglich war es das in Gallien aber kaum; denn so hoch reicht die altgallikanische Bezeugung der Taufe Jesu als Epiphanieperikope nicht hinauf.

Die tria miracula, zu denen sich in altgallischer und altspanischer Liturgie mitunter als viertes Wunder noch das der Brotvermehrung gesellte, haben auch in die römische Epiphaniefeier ihren Einzug gehalten, allerdings kaum vor der Zeit Gregors des Großen (+604), der die Huldigung der Magier noch als alleinigen Festgegenstand anführt, sondern erst im 7./8. Jahrhundert. Erwähnt sei besonders die Benediktusantiphon zu den Laudes: Hodie caelesti sponso iuncta est Ecclesia, die im Bild der Reinigung der Brautkirche durch die Jordantaufe und ihrer Vermählung mit Christus ältestes Geistesgut aus der „mystischen Überlieferung der Kirche“ (Sokrates HE III 7: PG 67,392 C) weitergibt. Über den tria miracula sollte man in der römischen Epiphanieliturgie indessen nie die christliche Umbildung des antiken Epiphaniemotivs übersehen, wie sie noch im Introitus der Festmesse Ecce advenit dominator dominus zu erkennen ist.

In seinem Ursprung stellt das Epiphaniefest nach einer schon oft ausgesprochenen Hypothese wahrscheinlich die christliche Umformung eines heidnischen Festes am 6. Januar, genauer in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar, dar, in der in Alexandrien die Geburt des Gottes Aion, der Verkörperung des Zeit-Ewigkeits-Begriffes, aus der Jungfrau (Kore) gefeiert wurde (vgl. Epiphanius, Pan. Haer. 51,22,10). Das auf den gleichen 6. Januar gelegte Dionysoswunder mit dem in Wein verwandelten Wasser wurde christlich auf das Taufwasser umgedeutet; dies führte zum Gedächtnis der Taufe Christi und des Wunders von Kana.

Die Wasserweihe an der Vigil von Epiphanie (5. Januar) , im Orient ein fester Bestandteil der Epiphanieliturgie von der Weihe der Wasser durch Jesu Taufe her, fand seit dem späteren Mittelalter auch im Geltungsbereich des römischen Ritus vielfach Aufnahme. Das Weiheformular, das man im Sacerdotale Romanum von 1537 sowie u.a. auch in späteren Ausgaben des Rituale Romanum aus dem 18. Jahrhundert antrifft, wurde durch Dkrete der SC Rit. vom 17.5.1890 und vom 30.8.1892 verboten, aber durch ein neues Formular vom 6.12.1890 ersetzt (vgl. Rituale Romanum, App. Bened. reserv. I 1 (Rb 1925) 461 ff).

Der im Pontificale Romanum III n. 1 und im Caerem. Eisc. II 15 vorgesehene Brauch, daß an Epiphanie nach dem Evangelium die beweglichen Feste des laufenden Jahres (urspr. nur des Osterfestes) angekündigt werden, geht wohl schon ins 4. Jahrhundert zurück.


Foto: Heike Hannah Lux

Das dogmatische Verständnis der Herz-Jesu-Verehrung

von P. Marc Brüllingen


Eigentlicher Gegenstand der Herz-Jesu-Verehrung ist das leibliche Herz des Gottmenschen Jesus Christus als Sinnbild seiner Liebe oder anders: in Verbindung mit dem gesamten gottmenschlichen Innenleben, dessen sprechendstes Sinnbild das Herz ist. Die Grundhandlungen der Herz-Jesu-Verehrung sind, wie Pius XI. (1922-1939) in der Enzyklika „Miserentissimus Redemptor“ (1928) ausführt, die Hingabe oder Weihe als Erwiderung der Liebe Jesu und vorzüglich die Sühne für die ihm zugefügten Beleidigungen.

Die Theologie hat die Aufgabe, diese kirchliche Andachtsform verständlich zu machen. Nie ist die theologische Rechtfertigung in den Privatoffenbarungen gesucht worden. Diese haben nur die Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte der allgemeinen Offenbarung gelenkt. Erst nach Johannes Eudes (1601-1680) und Margareta Maria Alacoque (1647-1690) ist die Herz-Jesu-Verehrung ein explizites Thema der Theologie geworden.

Die theologische Begründung der Herz-Jesu-Verehrung ist gegeben mit der Anbetungswürdigkeit der Menschheit des Herrn, die mit dem Gottesssohn untrennbar verbunden ist. Eindringlicher noch wie das heilige Antlitz des Herrn oder sein kostbares Blut stellt sein Herz die Liebe Gottes zu uns ans Licht. Das leibliche Herz ist das vorzüglichste Organ der Menschheit Jesu, die Quelle seines für uns vergossenen Blutes. Nach Jesu Tod von der Lanze durchbohrt, entströmten ihm Blut und Wasser, die Sinnbilder der Taufe und Eucharistie, der Grundsakramente der Kirche, so daß diese selbst im Herzen Jesu begründet erscheint. Schließlich ist das Herz Sinnbild des Innenlebens; der ganze Tugendreichtum Jesu, insbesondere seine Liebe, treten im heiligsten Herzen Jesu uns vor die Seele. Darum führt kaum eine andere Andacht so tief ins Innere Jesu ein und spornt so zu dankbarer Hingabe und Sühne an.

Die Ansicht, das Wort „Herz“ bei dieser Andacht stehe nur metaphorisch für die Liebe oder das Innenleben Jesu, ist nicht in Einklang mit den kirchlichen Dokumenten. Das leibliche Herz ist in irgendeiner Weise im Gegenstand der Andacht eingeschlossen, aber immer im Zusammenhang mit der Liebe Jesu. Man verehrt die Person des Erlösers im Hinblick auf sein leibliches Herz als „Symbol“ seiner Liebe oder im Hinblick auf seine durch das leibliche Herz symbolisierte Liebe. Vor allem gegen solche, die das leibliche Herz aus irgendeinem Grund aus der Andacht ausschalten wollten, hat man mit besonderem Nachdruck seine durch die Hypostatische Union (= Vereinigung zweier Naturen in einer Person) gerechtfertigte Anbetungswürdigkeit hervorgehoben.

Gestützt von den kirchlichen Dokumeneten, ist man allgemein der Ansicht, daß nicht nur die menschliche, sondern die ganze gottmenschliche Liebe des Erlösers in der Herz-Jesu-Verehrung verehrt wird. Sie ist auch in einem gemeint als Liebe zum Vater und zu den Menschen. In der Andacht wird besonders betont, daß diese Liebe von den Menschen verschmäht und verwundet worden ist.

Die Herz-Jesu-Verehrung ist ein latreutischer Kult, der nicht nur die explizite Anbetung, sondern die ganze Summe der durch die göttlichen Tugenden informierten persönlichen Beziehungen zum Erlöser im Hinblick auf sein Herz umfaßt. Ihr entsprechender Höhepunkt ist die Gegenliebe. Besonders werden auch die Weihe, die Sühne und die Nachahmung betont. Die Weihe ist zu verstehen als eine Teilnahme an der Liebe Jesu zum Vater und zu den Menschen im mystischen Leib und muß sich äußern in einem christlichen, apostolischen Leben. Die Sühne richtet sich besonders auf das verschmähte Herz, aber bleibt dabei eine Teilnahme an der Sühne, die der Herr dem Vater darbringt. In der ganzen Andacht bleibt der Herr der Weg zum Vater. Die Praxis des „Tröstens“ des Herrn wird von Pius XI. dadurch erklärt, daß der Herr in seinem Leiden unsere Sühne vorausgeschaut hat. Wie der hl. Apostel Paulus von einem Nicht-Betrüben des Hl. Geistes spricht, so kann man auch von einem Trösten des Herrn sprechen. Die Eucharistie nimmt in der Andacht eine besondere Stelle ein wegen ihres Zusammenhangs mit der verkannten Liebe des Herrn. Die Andacht zum eucharistischen Herzen Jesu ist nur eine spezielle Form der Herz-Jesu-Andacht.


(nach: Lexikon für Theologie und Kirche, 5. Band, Herder Verlag – Freiburg im Breisgau, 1960;
und: Lexikon des katholischen Lebens, Herder Verlag – Freiburg im Breisgau, 1952, herausgegeben von Erzbischof Dr. Wendelin Rauch)

Die Vorfastenzeit

Septuagesima, Sexagesima, Quinquagesima
von P. Marc Brüllingen


confessional, cross, priest, religionMit dem Sonntag Septuagesima beginnt die sogenannte Vorfastenzeit. Die Vorfastenzeit verbindet sozusagen das Ende der Weihnachtszeit mit dem Beginn der Fastenzeit, welche mit dem Aschermittwoch beginnt. Die Namen der Sonntage Septuagesima (=70), Sexagesima (=60) und Quinquagesima (=50) bezeichnen nicht die genauen Abstände bis zum Osterfest, sondern sind aufgerundet.

Schon die Vorfastenzeit deutet auf den Ernst der eigentlichen 40tägigen Fastenzeit hin. Dies wird schon durch das Tragen des violetten Meßgewandes deutlich. Ebenso verstummt der „Alleluia-Ruf“ (bis zur Feier der Osternacht) und wird durch den Tractus ersetzt, der auf das Graduale (=Gesänge zwischen Lesung und Evangelium) folgt. Jedoch ist sie noch nicht so ernst wie die eigentliche Fastenzeit, da noch die Orgel erklingen darf und Blumen den Altar schmücken. Sie ist vielmehr eine behutsame Hinführung zur Fastenzeit, die uns an den Zweck der Menschwerdung Christi erinnern soll.

Der Sinn der Vorfastenzeit kommt sehr treffend im Evangelium von Septuagesima zum Ausdruck – das Gleichnis vom Hausvater, der ausging, um Arbeiter für seinen Weinberg zu dingen. Denn hier geht es um die Mitwirkung am eigenen Seelenheil, und jeder ist dazu aufgerufen, daran mitzuwirken, in den Weinberg des Herrn einzutreten, um für seine Arbeit, seine Bemühungen dann den Lohn zu erhalten. Im Gleichnis ist es der Tageslohn am Abend, in unserem Leben ist es der ewige Lohn am Ende unseres Lebens, wenn wir von Gott für unsere Anstrengungen um das Heil der Seele mit dem ewigen Leben belohnt werden.

Bemühen wir uns somit, daß auch wir zu denjenigen gehören, die sich in diesem Leben auf Erden angestrengt haben, um von Christus am Lebensabend den einen Denar zu erhalten, d.h. in die ewige Glückseligkeit einzugehen. Wer in diesem irdischen Leben sich mit Christus und für Christus anstrengt, der wird in der Ewigkeit auch dafür belohnt werden.


Bild: Fotolia – ID 31611819

Zum Fest Epiphanie – Erscheinung des Herrn

(6. Januar)
von P. Marc Brüllingen


„Wir haben Seinen Stern im Morgenland gesehen und sind gekommen, Ihn anzubeten.“

Am 6. Januar feiert die Kirche das Fest der Erscheinung des Herrn (griechisch: EPIPHANIE).

Während am hohen und heiligen Weihnachtsfest (25. Dezember) die stille Geburt Jesu Christi gefeiert wird, begeht die katholische Kirche am Fest Epiphanie das Fest des öffentlichen Bekanntwerdens des neugeborenen Königs, sozusagen das zweite Hochfest in der Weihnachtszeit, das altchristliche Christkönigsfest. Die ganze Welt soll die Geburt des neuen Königs erfahren.

Die Liturgie der Kirche feiert am Fest Epiphanie drei Offenbarungen:

  1. die Anbetung und Huldigung Christi durch die Weisen aus dem Morgenland

  2. die feierliche Verkündigung des himmlischen Vaters bei der Taufe Christi (Fest: 13. Januar)

  3. das erste öffentliche Wunder bei der Hochzeit zu Kana, um seine Herrschermacht zu offenbaren
    (Evangelium am 2. Sonntag nach Epiphanie)

Der Tag der Erscheinung des Herrn ist jedoch nicht nur ein Königsfest, sondern zugleich auch ein Vermählungsfest, da Christus sich mit seiner Braut, der heiligen Kirche vermählt.

Ebenso vermählt Christus sich mit uns, weil wir in den Weisen, die am heutigen Festtag kommen, um Christus, den König anzubeten und ihm ihre Geschenke darzubringen, die ersten Vertreter aus der Heidenwelt erblicken. Christus ist den Heiden erschienen (daher: epiphanein=erscheinen), um zu zeigen , daß auch sie durch ihn erlöst worden sind. Epiphanie ist somit auch das Fest der Berufung der Heiden.

Wir sind folglich auch dazu aufgerufen, Christus, dem König, entgegenzugehen, ihn anzubeten, so wie es die Weisen getan haben. Anstelle von Gold, Weihrauch und Myrrhe sollen wir Ihm uns selbst schenken mit Leib und Seele. Wir sollen unserem König angehören, ihm nachfolgen und ihm allein dienen. Wie die Weisen sollen wir uns auf den Weg machen, um Gott zu suchen, nach ihm zu fragen und ihn zu finden. Die Weisen sind vor allem daher ein schönes Vorbild des Sich-Mühe-Gebens bei der Suche nach Gott, keine Ruhe zu haben, bis man ihn endlich gefunden hat und dann ebenso diese große Freude zu haben, ihn anzubeten und ihm zu huldigen.


Foto: Heike Hannah Lux

Weihnachten

von P. Marc Brüllingen


Keiner hat das hehre Geheimnis der Menschwerdung Gottes, das wir an diesem Tage feiern, so tief erfaßt und so ergreifend ausgesprochen, wie der hl. Evangelist Johannes, der im Evangelium der dritten Weihnachtsmesse spricht: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt! Und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, wie die des Eingeborenen vom Vater, voll der Gnade und Wahrheit!“

Jeden Tag betet der Priester im Auftrag der Kirche zum Schluß der hl. Messe dieses erhebende Bekenntnis, im „letzten Evangelium“, womit der hl. Johannes das seinige beginnt. Und um seine Ehrfurcht vor dem Geheimnis zu bekunden, das in diesen wenigen Worten zum Ausdruck kommt, beugt der Priester dabei das Knie und mit ihm die versammelten Gläubigen.

An keinem Tag des Jahres kommt es uns aber auch so lebendig zum Bewußtsein, was es heißen will: Gott unter den Menschen, dieses unaussprechlich erhabene und himmlische Geheimnis unseres hl. Glaubens, als heute, am Geburtsfest des Sohnes Gottes, des himmlischen Königs, wo die seligen Geister gesungen haben: „Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind (Gloria in excelsis Deo)!“

Gleich den Hirten, die freudigen Herzens bei der Kunde, die sie aus dem Engelsmund vernahmen, sich auf den Weg gemacht haben, in hoffnungsvoller Erwartung dessen, was der Herr ihnen offenbaren wollte, dürfen auch wir uns ihre Worte zu eigen machen: „Laßt uns nach Bethlehem eilen und sehen, was der Herr uns kundgetan hat!“ Denn es ist ein wahres Wunder, was wir da schauen!

Ein Wunder der göttlichen Allmacht. Nun sehen wir die erfüllt brennende Begierde der Patriarchen, die Weissagungen der Propheten von dem, der da kommen sollte zum Heil der Welt, gestillt die Sehnsucht der Völker nach dem verheißenen Erlöser, erfüllt, was der hl. Erzengel Gabriel zu Maria, der reinen Jungfrau, gesprochen hatte: „Siehe, du wirst empfangen und einen Sohn gebären, und seinen Namen sollst du Jesus nennen! Dieser wird groß sein und der Sohn des Allerhöchsten genannt werden. Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben und herrschen wird er über das Haus Jakob ewiglich, und seines Reiches wird kein Ende sein!“

Der eingeborene Sohn Gottes hat den Schoß seines himmlischen Vaters verlassen, ist herabgestiegen vom Thron seiner Herrlichkeit, „empfangen vom Hl. Geist, geboren aus Maria der Jungfrau“, wie wir es im Credo (Glaubensbekenntnis) bekennen. Dieses Kind, das in der Krippe liegt, das nichts sein eigen nennt, als armselige Windeln, ist der starke, allmächtige Gott, dessen Machtwort alles, was da ist, ins Dasein gerufen hat. So klein, schwach und hilflos dieses Kind uns auch erscheint – es ist der große, unendliche Gott, der das unermeßliche Weltall wie einen Spielball in seinen Händen wiegt.

Denn, was unser Auge nicht sieht, das sagt uns unser lebendiger Glaube: Es ist niemand anders, als unser Emmanuel, unser Messias (Erlöser/Gesalbter). Christus, vor dessen Majestät die Cherubim und Seraphim in heiliger Scheu ihr Antlitz verhüllen, will mitten unter uns sein! Was können wir da anderes tun, als voller Liebe und Demut uns niederzuknien, vor ihm, der unser Gott und Heiland ist, und in den Jubelruf der Kirche einstimmen: Christus ist uns geboren! Kommt, lasset uns ihn anbeten!

Es ist ein Wunder der göttlichen Gerechtigkeit. Sehen wir an der Krippe nicht das Wort des Propheten bewahrheitet: „Gott selbst wird kommen, uns zu erlösen!“ Ja, Gott selbst ist gekommen, die unendliche Schuld abzutragen, die auf der Menschheit gelastet hat von Adam her, er selber, um der göttlichen Gerechtigkeit genugzutun.

Aber es ist auch ein Wunder der göttlichen Liebe. Das dürfen wir nicht vergessen. Denn nur die Liebe ist es, die Gott auf die Erde herabziehen konnte, um als kleines, armes schwaches, unschuldiges Kind unter uns Menschen zu erscheinen. Er ist gekommen, unser Friedensfürst, nicht um mit Waffengewalt die abtrünnige Welt wieder unter sein Zepter zu zwingen, nicht um irdische Reiche, sondern die Menschenherzen zu erobern durch die Allgewalt seiner Liebe, in den Menschenseelen seinen Thron aufzuschlagen!

Deshalb offenbart er sich uns Menschen als kleines, unschuldiges Kind, um auf diese Weise unsere Herzen zu erobern und mitzureißen. Hier beim göttlichen Kind, das so armselig in einem Stall außerhalb von Bethlehem geboren wird, das uns Menschen so sehr geliebt hat, lernt auch der Mensch wieder den Menschen zu lieben.


Foto: Heike Hannah Lux

Christi Himmelfahrt

von P. Marc Brüllingen


himmelfahrtMit der Himmelfahrt schließt das irdische Leben des göttlichen Heilandes ab. Sie ist das letzte Geheimnis des Erdenwandels und das erste Geheimnis des Himmels. Mit ihr erreicht die Verherrlichung des Heilandes die letzte Stufe.

Der Heiland mußte seine Verherrlichung mit der Besitznahme des Himmels vollenden. Erstens seinetwegen. Er hatte die Himmelfahrt in Aussicht gestellt. Hier auf Erden ist ja für niemand der Ort des Bleibens, weil die Erde nur der Ort der Vorbereitung und nicht das Ziel ist. Am allerwenigsten konnte der Gottmensch hier bleibend verweilen. Als Gott hatte er den Himmel nie verlassen; als Gottmensch hatte er Recht auf ihn und mußte ihn in Besitz nehmen, um seine Glorie zu vollenden.

Auch von unserer Seite gab es Gründe für die Himmelfahrt des Herrn. Er hatte sein Werk vollbracht und die Kirche ausgebaut. Hier konnte uns seine Anwesenheit nichts mehr nützen, wohl aber sein Hingang zum Vater in den Himmel. Dadurch nützte er dem Leben des Glaubens; dadurch hob er mächtig unsere Hoffnung, daß er schon für uns vom Himmel Besitz nahm, und nicht weniger unsere Liebe durch die herrlichen Gaben, die er vom Himmel her sendet, besonders durch den Heiligen Geist, der die Liebe selbst ist und die Liebe in unsere Herzen ausgießt, der aber nicht gekommen wäre, wenn der Herr nicht zum Himmel aufgefahren wäre, ebensowenig, als auch für uns der Himmel geöffnet worden wäre.

Die Himmelfahrt ist also nicht nur eine Ehre für unsere Natur, indem sie dieselbe in Christus über alle Ordnungen des Himmels hinaus zum Mitbesitz aller göttlichen Ehren erhob, sondern auch eine Quelle des Heils, indem sie unser Tugendleben stärkt und erhebt und den Heiland in den Stand setzt, für uns den Himmel in Besitz zu nehmen und dort unser Sachverwalter beim Vater zu sein.

Die Vorbereitung zur Himmelfahrt bestand vor allem darin, daß der Heiland die Jünger nach Jerusalem beschied. Dort wollte er zum Himmel auffahren und sein Reich antreten, in der Stadt des Thrones Davids. Dort gab er ihnen auch seine letzten Weisungen. Er befahl ihnen in der Stadt zu bleiben und das Kommen des Heiligen Geist zu erwarten. Von dort sollten die Apostel dann ihr Predigtamt antreten in alle Welt. Indessen sollte die Himmelfahrt nicht in Jerusalem selbst und nicht vor dem Volke stattfinden, weil auch dieses Geheim-nis dem irdischen Leben nicht angehört.

Die Himmelfahrt selbst geschah in der Kraft des Gottmenschen und, insofern sie den menschlichen Augen sichtbar war, allmählich und mit Erweisen großer Macht und Herrlichkeit. Wie groß diese Herrlichkeit war, geht daraus hervor, daß eine Wolke erschien, d.h. Eine herrliche Lufterscheinung; dann aus der Angemessenheit, daß der Gottmensch in aller ihm entsprechenden Machtentfaltung zum Himmel fuhr; drittens aus den Wirkungen, welche die Himmelfahrt auf die Apostel ausübte, die, statt zu trauern über den Hingang des Heilandes, sich freuten und ihn anbeteten, ein Zeichen, daß er namentlich in diesem Augenblick eine ganz göttliche Herrlichkeit um seine Person zeigen ließ; endlich aus den Worten der Engel: „So wird er einst wiederkommen, wie ihr ihn habt auffahren sehen“, nämlich zum Gericht, zu dem er, wie wir wissen, mit großer Macht und Herrlichkeit erscheinen wird.

Auch bei uns muß die Himmelfahrt vor allem Freude bewirken, Freude am göttlichen Heiland. Er ist jetzt am Ziel und im Besitz der Fülle seiner Glorie, ihn erwartet jetzt nichts anderes als Ehre und Freude ohne Ende. „Seines Reiches wird kein Ende sein“ (Lk 1,33). Freude auch unseretwegen, denn der Himmel ist unser, der Heiland hat ihn für uns in Besitz genommen als unser gemeinschaftliches Erbe. „Ich steige auf zu meinem Gott und zu eurem Gott, zu meinem Vater und zu eurem Vater“ (Jo 20,17). Der gute Heiland, unser Bruder, wird uns unseren Teil nicht vorenthalten. Also freuen wir uns! Diese Freude kann uns niemand nehmen.

Dann muß die Himmelfahrt in uns auch Mut und Vertrauen bewirken. Schließlich ist die Wirkung der Himmelfahrt Liebe und Sehnsucht. Im Himmel ist der Heiland, ist Gott, ist alles Schöne und Gute, der Himmel ist die Heimat, woher wir kommen und wohin wir gehen. Wo anders sollte unser Herz sein? Deshalb denken wir oft an den Himmel und sehnen wir uns nach ihm.


Foto: Heike Hannah Lux

Gedanken zur Schmerzhaften Mutter

von P. Marc Brüllingen


kreuz01Jetzt in der Fastenzeit und der sich daran anschließenden Passionszeit sollen wir nicht nur das bittere Leiden und Sterben Jesu Christi betrachten, sondern auch der schmerzhaften Mutter gedenken.

Die zwei wohl bekanntesten Darstellungen der schmerzhaften Mutter sind: „Maria unter dem Kreuz“ und „der Leichnam Jesu auf dem Schoße Marias“ (Pietà).

Die katholische Kirche feiert zweimal im Jahr ein Fest zu Ehren der schmerzhaften Mutter, am Freitag nach dem ersten Passionssonntag und am 15. September. Letzteres wurde im Jahre 1814 von Papst Pius VII. eingeführt, anläßlich seiner glücklichen Rückkehr aus der Gefangenschaft Napoleons. Papst Pius VII.

Papst Pius VII. ist es auch gewesen, der die Litanei zur schmerzhaften Mutter verfaßt hat. Im Evangelium vom Fest der Sieben Schmerzen Marias heißt es: „In jener Zeit standen bei dem Kreuze Jesu seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Kleophas und Maria Magdalena. Als Jesus seine Mutter und den Jünger, den er liebhatte, dastehn sah, sprach er zu seiner Mutter: Frau, siehe deinen Sohn! Hierauf sprach er zu dem Jünger: Siehe deine Mutter! Und von dieser Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.“

Das Wort des sterbenden Sohnes stellt die Mutter in den Schutz des Johannes und Johannes in den Segen Marias. Das Abschiedswort des sterbenden Herrn an Seine Mutter und an Seinen Freund hat eine Tiefe, welche die Christenheit erst allmählich im Laufe der Jahrhunderte erkannt hat und erkennt; denn auch heute ist das Geheimnis dieses Wortes noch nicht nach allen Seiten hin erschlossen, das Geheimnis der geistigen Mutterschaft Marias über die ganze Christenheit.

Das christliche Gemüt begann zu ahnen und verstand es dann immer deutlicher, daß Jesus am Kreuz Maria nicht nur Johannes, sondern uns allen zur Mutter bestellt hat, und daß nicht allein Johannes, sondern wir alle Söhne und Töchter Marias sind. Johannes ist nur unser Vertreter. Maria ist die Mutter der ganzen in Christus zusammengefaßten Menschheit.

Das Evangeliumswort, für sich allein genommen, läßt allerdings diesen weittragenden Schluß nicht zu. Dort ist nur von Johannes die Rede. Ihm, ihm allein, wird beim Kreuz die Auszeichnung und die Pflicht zur Sorge für Maria übergeben. Und auf ihn, auf ihn allein, auf keinen anderen Jünger, wird Maria wie auf einen Sohn verwiesen, dem sie ihrerseits Mutter sein soll, sein darf. Die Väter der Kirche bezogen darum diesen Text durchwegs nur auf das Mutter-Sohn-Verhältnis, das zwischen Maria und Johannes bestand, mit keinem Wort auf eine geistige Mutterschaft Marias über uns alle.

Erst bei Origines (+254) findet sich eine Stelle, welche jenes Wort des Herrn auch auf die Christusgläubigen, Christusliebenden ausweitet (Origines, in Joannem, vol. 6,14,32). Doch vergingen noch Jahrhunderte, bis im Abendland erstmals der Abt Rupert von Deutz anfangs des 12. Jahrhunderts, und dann ganz klar und unmittelbar Dionysius der Kartäuser im 15. Jahrhundert jenes Wort des Herrn mit einer allgemeinen geistigen Mutterschaft Marias in Verbindung brachten.

Wir wollen dem Heiland für sein Leiden und Sterben zutiefst dankbar sein, aber auch für die Tatsache, daß er uns seine heiligste Mutter uns zur Mutter gegeben hat. Aus diesem Grunde gebührt auch Maria unsere Dankbarkeit, da sie durch ihr Leiden, durch ihre Schmerzen, ja durch ihr Mitleid(en) wesentlichen Anteil an unserer Erlösung miterwirkt hat.

Bitten wir daher die schmerzhafte Mutter jederzeit um ihre Hilfe, um ihren Beistand, wenn uns Niedergeschlagenheit, Trauer oder sonstiges Leid heimsuchen. Sie kann uns helfen, sie will uns helfen, und sie wird uns auch helfen, wenn wir sie nur vertrauensvoll und inständig um Hilfe bitten.


Foto: Heike Hannah Lux

Geistliches Wort zum Advent

von P. Marc Brüllingen


adventskranzMit dem ersten Adventssonntag (27. November 2011) stehen wir an der Schwelle eines neuen Kirchenjahres. Schon der Name „Advent“ (lat. Adventus=Ankunft unseres Herrn) sagt, daß es eine Zeit der Erwartung ist, die nunmehr begonnen hat. Wen wir in diesen Tagen erwarten, das kommt in allen Gebeten und Gesängen unserer hl. Mutter, der Kirche, zum ergreifenden Ausdruck.

Es ist unser Heiland und Erlöser, unser Retter und Seligmacher, den die Patriarchen herbeigesehnt, den die Propheten vorausverkündet haben, die Hoffnung und Sehnsucht seines Volkes.

„Rorate caeli desuper“, so singt die Kirche mit dem Propheten Isaias:

Tauet, Himmel, den Gerechten,/ Wolken, regnet ihn herab!/ Rief das Volk in bangen Nächten,/ Dem Gott die Verheißung gab,/ Einst den Mittler selbst zu sehen/ Und zum Himmel einzugehen,/ Denn verschlossen war das Tor,/ Bis der Heiland trat hervor.

Aus diesem Grund werden auch in dieser Adventszeit die Roratemessen, die mit dem Wort „Rorate“=Tauet beginnen, zu Ehren der allerseligsten Jungfrau Maria gesungen. Im Evangelium dieser Messe wird gelesen, wie der hl. Erzengel Gabriel der reinsten Gottesmagd die Botschaft bringt, daß sie vom ewigen Gott zur Mutter seines Sohnes auserwählt sei. Früher wurde bei den Rorateämtern die Verkündigung des Erzengels deutlich vor Augen geführt. Ein Knabe übernahm die Rolle des Engels und sang mit heller Stimme: „Ave Maria, gratia plena – Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade!“ Und alles Volk fiel darauf ein und sang weiter: „Benedicta tu in mulieribus – gebenedeit bist du unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus!“ Die Roratemessen werden demnach zu Ehren der Menschwerdung Christi gehalten und sind dazu bestimmt, die Sehnsucht der Christen nach dem Erlöser auszudrücken. So wie die Patriarchen im Alten Bund darauf hofften, daß der Erlöser im Fleische geboren werde (d.h. der menschlichen Natur nach), so sollen auch wir uns danach sehnen, daß er uns in geistlicher Weise durch seine Gnade geboren werde.

Deshalb liegt tiefer Ernst und hohe Freude über dieser Zeit der Erwartung: Die Herzen der gläubigen Christen sollen sich nach dem richten, der da kommen soll, um sein Volk, d.h. die Menschheit zu erlösen.

Er kommt, so sagt uns der Glaube, wenn die „Fülle der Zeiten“ da ist, die große Zeitenwende, die zwei Welten voneinander scheidet, den Alten und den Neuen Bund. Daher das Evangelium vom Weltgericht, das am ersten Adventssonntag verlesen wird, wie es am letzten Sonntag des alten Kirchenjahres zur Verlesung kam. So schließt sich ein liturgisches Jahr ans andere an, wie zwei Ströme, die zusammenfließen, um gemeinsam einzumünden ins Meer der Ewigkeit.

Advent sollen vor allem wir Christen feiern, Advent nicht nur in diesen Tagen der Erwartung und Vorbereitung auf die Ankunft unseres Herrn, sondern das ganze Jahr hindurch, ja das ganze Leben lang. Denn auch unser Leben ist nichts anderes als ein Durchgang zum ewigen Leben, wie auch diese Erde, wo wir wohnen und wirken, gleichsam nur der Warteraum ist, aus dem wir einst eintreten sollen in die große, unermeßliche Halle der Ewigkeit, in das Reich Gottes, das kein Ende mehr nehmen wird, weil es das Reich dessen ist, der wieder kommen wird als ewiger Herrscher und Richter der Welt.

Wohl uns, wenn wir so Advent halten, daß wir auch einmal ein ewiges Fest feiern dürfen, jenes Fest, das die Engel und Heiligen begehen, im himmlischen Jerusalem, wo unsere Sehnsucht ihre Erfüllung findet, wo unser Adventsgesang überleiten wird in das ewige, nie endende Weihnachtslied der himmlischen Chöre.

„Advent“, d.h. gnadenvolle Ankunft unseres Herrn, will Gott auch in unserer Seele feiern, zumal dann, wenn er als ihr Gast in der hl. Kommunion kommt. Da will er in Wahrheit uns „heimsuchen“, uns bereichern mit seinen himmlischen Schätzen, uns beglücken mit der ganzen überfließenden Fülle seiner Segnun-gen und Tröstungen, damit wir, wie der Psalmist sagt, „kosten, wie süß der Herr ist!“

So sollen auch wir uns jetzt in der Adventszeit auf die Ankunft unseres Herrn vorbereiten, indem wir uns, so lange es uns unsere anderen Aufgaben zulassen, etwas Zeit nehmen, um in Ruhe über die Ankunft Christi, seine armselige Geburt im Stalle zu Bethlehem, nachzudenken. Auch ist es hilfreich, die Ankunft Jesu Christi innerlich in Gedanken zu betrachten, besonders dann, wenn wir den freudenreichen Rosenkranz beten werden.


Foto: Heike Hannah Lux

Zum Thronfest des Hl. Apostels Petrus

– am 22. Februar
von P. Marc Brüllingen


Am 22. Februar feiert die Kirche das Thronfest des hl. Apostels Petrus. Petrus, der zusammen mit Paulus am 29. Juni als Hauptapostel verehrt wird, war der erste Papst, dem unser Heiland das oberste Hirtenamt zunächst verheißen hatte (vgl. Mt. 16,18f.: „Du bist Petrus der Fels, und auf diesen Felsen will Ich Meine Kirche bauen und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Und dir werde Ich die Schlüssel des Himmelreiches geben. Alles, was du auf Erden binden wirst, wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein.“) um ihn dann später, nach seiner Auferstehung in dieses oberste Amt feierlich einzusetzen (vgl. Jo. 21,15ff.: „In jener Zeit sprach Jesus zu Simon: ‚Simon, Sohn des Johannes, liebst du Mich mehr als diese? Er antwortete Ihm: ‚Ja, Herr, Du weißt, daß ich Dich liebe.‘ Da sprach Er zu ihm: ‚Weide Meine Lämmer!‘ Abermals fragte Er ihn: ‚Simon, Sohn des Johannes, liebst du Mich?‘ Jener erwiderte Ihm: ‚Ja, Herr, Du weißt, daß ich Dich liebe.‘ Er sagte zu ihm: ‚Weide Meine Lämmer!‘ Zum dritten Mal fragte Er ihn: ‚Simon, Sohn des Johannes, liebst du Mich?‘ Da wurde Petrus traurig, weil Er ihn zum dritten Mal fragte: Liebst du Mich? und entgegnete: ‚Herr, Du weißt alles; Du weißt auch, daß ich Dich liebe.‘ Da sprach Er zu ihm: ‚Weide Meine Schafe.'“

Zur Erinnerung an diese Einsetzung hat die Kirche daher das Thronfest des hl. Apostels Petrus eingeführt, das mancherorts auch „Stuhlfeier Petri“ oder „Kathedra Petri“ heißt. Kathedra (oder Cathedra), ist der Wortbedeutung nach ein Sessel oder Stuhl zum Sitzen, auch ein Lehrstuhl an einem erhöhten Orte, überhaupt ein Sitz für einen Ausgezeichneten oder Höheren.

Da der Erste in der kirchlichen Versammlung der Bischof war, gab man insbesondere seinem Sitze diesen Namen. Und zwar war derselbe im Priesterchore angebracht, das in Form einer Krone, als der Altar noch freistand, sich hinter demselben befand. Die Priester saßen auf niedrigen, der Bischof auf einem erhöhten Sitze an der Spitze des Priesterchores. Denn so heißt es im Ordo Romanus I.: „Der Oberpriester steht von seinem Sitze auf und steigt zum Altare hinab.“ Da er eben auf diesem Sitze als der mit der Hohenpriesterwürde und priesterlichen Vollgewalt Bekleidete und demnach so recht eigentlich in dem Amte erschien, welches der Name. „episcopus“, Aufseher, bedeutet, nannte man bald das bischöfliche Amt selbst Kathedra. Insbesondere aber gab man diesen Namen dem Amte des obersten Bischofs, dem die volle apostolische Macht und Würde verblieben und der sowohl für die Lehre als auch für die Gerichtsbarkeit zur lebendigen Mitte, zum Zentrum der Einheit gesetzt worden ist. Von „Kathedra“ kommt folglich auch der Ausdruck „ex cathedra sprechen“, das im eminenten Sinne gebraucht wird, und wobei jener Akt bezeichnet wird, durch welchen der oberste Bischof, falls es nicht möglich wäre, mit dem gesammelten Lehrkörper, dem Träger der Infallibilität, sich zu beraten, allein entscheidet, was in dem betreffenden Punkte zu glauben oder zu tun ist, und wobei er, was Christi Worte an Petrus deutlich genug bezeugen und was auch die Geschichte gelten lassen muß, unter der besonderen Obhut des göttlichen Geistes steht. Kathedra heißt schließlich auch der Tag, an welchem ein bischöflicher Sitz gegründet oder von Seiten eines Bischofs in Besitz genommen wurde, so wie der jährliche Gedächtnistag der Gründung oder des Antritts, den die Kirche festlich feierte. So feierte Jerusalem die Kathedra des hl. Apostels Jakobus schon in der ältesten Zeit; Antiochien und Rom die Kathedra des hl. Apostels Petrus.

Der hl. Papst Leo der Große selbst hielt Reden an diesem Tage zu Rom, und der Bibliothekar Anastasius in vita Hadriani I. beschreibt die Feier dieses Festes. Aber das Fest der Kathedra Petri, als des Fürsten der Apostel feierten sehr früh auch die anderen christlichen Gemeinden. Zu Ehren des hl. Petrus bringen die bereits von der gallikanischen Liturgie beeinflußten Herausgeber des Martyrologiums des Hieronymus die beiden Feste Petri Stuhlfeier am 18. Januar und am 22. Februar. In der Depositio martyrum erscheint dagegen nur am 22. Februar ein Fest der Cathedra Petri, das an eine bei den Römern an diesem Tage übliche Totenmahlfeier angeknüpft haben dürfte (Cathedra = Sesselmahl). Die kirchliche Ablehnung der Totenmahlfeiern im 4. Jahrhundert führte zur Umdeutung des Festes in einen um 500 wieder außer Übung gekommenen Gedächtnistag der Stuhlbesteigung Petri zu Rom (Cathedra = Lehrstuhl, Lehramt). Seit dem 6./7. Jahrhundert ist in Gallien ein meist am 18. Januar gefeiertes Fest zur Erinnerung an die Berufung Petri zum Schlüsselinhaber und Fundament der Kirche sicher nachweisbar, die Sonntage bis Quadragesima wurden sogar danach gezählt. Im Verlauf des fränkisch-römischen Liturgieaustauschs fand dieses Fest auch in Rom Aufnahme, allerdings unter dem traditionellen Datum (22. Februar). Aufgrund einer irrigen Deutung der beiden Daten erhielt das Fest des 22. Februar allmählich den Charakter einer Feier des antiochenischen Amtsantritts Petri (de Cathedra Antiochena). Papst Paul IV. bestimmte 1558 den 18. Januar als Gedächtnistag des römischen Amtsantritts Petri (de Cathedra Romana).

Für uns Gläubige soll das Fest der Thronbesteigung des hl. Apostels Petrus am 22. Februar eine besondere Bedeutung haben, ist es doch der Heiland selbst gewesen, der einem einfachen Fischer, den er dann zum Apostel heranbildete, mit diesem Amte des obersten Hirten hier auf Erden bekleidet hat. Deshalb sollen wir an diesem Tage für unseren Heiligen Vater Papst Benedikt XVI. beten, der nun das oberste Hirtenamt als rechtmäßiger Nachfolger Petri innehat und daran denken, daß auch er keine leichte Bürde zu tragen hat, ist ihm doch die Christenheit auf der ganzen Erde anvertraut worden.

„Gott mit uns“

Eine Betrachtung des seligen Kardinals J. H. Newman


Der heilige Johannes der Täufer war von der Welt getrennt; er war ein Nasiräer. Er zog sich von ihr zurück, wandte sich gegen sie, sprach zu ihr aus seiner Überlegenheit und rief sie zur Buße. Ganz Jerusalem ging zu ihm hinaus in die Wüste; er trat ihm Aug in Aug entgegen. In seiner Pre-digt aber sprach er von Einem, der zu den Menschen kommen und in ganz anderer Weise zu ihnen sprechen werde. Er werde sich nicht von ihnen trennen und als ein höheres Wesen zur Schau stellen, sondern ihr Bruder sein, Fleisch von ihrem Fleisch, einer unter vielen Brüdern, der aus ihrer Mitte kommt und zu ihnen gehört. Ja, er war schon unter ihnen. „In eurer Mitte steht er, den ihr nicht kennt.“ Dieser Größere nannte sich selbst den Menschensohn – er war zufrieden, in allem wie ein Mensch befunden zu werden, obwohl er der Allerhöchste war. Der heilige Johannes und die anderen Evangelisten, deren Berichte über ihn ihrem Charakter nach sonst so verschieden sind, stimmen darin auffallend überein. Der Täufer sagt: „In eurer Mitte steht er, den ihr nicht kennt.“ Weiter lesen wir, daß er aus-drücklich auf Jesus hinwies, nicht vor der Menge, sondern vor einem oder zweien seiner Jünger, die sich dann aufmachen, Jesus zu suchen, und die Erlaubnis erhalten, ihm nach Hause zu folgen. Allmählich fängt Jesus an, sich zu erkennen zu geben und seine Herrlichkeit in Wundern zu offenba-ren. Aber wo? Bei einer Hochzeit, wo es nicht selten zu Ausschweifungen kam, wie der Speisemeister andeutet. Und wie? Indem er den Wein ver-mehrt, das Mittel solcher Ausschwei-fungen. Er nahm an dieser Hochzeit nicht als Lehrer teil, sondern als Gast und sozusagen aus gesellschaftlichen Rücksichten, denn er war in Begleitung seiner Mutter. Man vergleiche das mit dem, was er im Matthäusevangelium von sich selbst sagt: „Johannes kam und aß und trank nicht – der Menschensohn kam und aß und trank, und sie sagten: Siehe, dieser Schlemmer und Weinsäufer!“ Johannes mochte gehaßt sein, aber er war geachtet. Jesus war verachtet. Siehe auch Markus 1, 22 u. 27 und 37 sowie 3, 21, wo alle sich über ihn wundern und aufregen. Der Einwand kommt noch einmal vor, 2, 16. Es muß ein bezeichnender Zug im Charakter und in der Sendung unseres Herrn gewesen sein, da ihn zwei Evangelisten so unabhängig in ihren Erzählungen erwähnen. Der Prophet hatte dasselbe gesagt (Jes. 53).

Dies alles geschah, o geliebtester Herr und Heiland, weil du die menschliche Natur, die Du ins Dasein gerufen, so sehr geliebt hast. Du hast uns nicht allein geliebt als deine Geschöpfe, als das Werk Deiner Hand, sondern als Menschen. Du liebst alle, denn alle hast Du erschaffen, den Menschen aber liebst Du über alles. Wie ist das möglich, o Herr? Was hat der Mensch voraus vor anderen? „Quid est homo, quod memor es eius?“ Doch „nusquam angelos apprehendit“ – „Was ist der Mensch, daß Du seiner gedenkst?“. . . „nie nahm er Engelsgestalt an“. Wer kann die Tiefe deiner Ratschlüsse und Pläne ergründen? Du hast die Menschen mehr geliebt als die Engel; darum hast Du nicht Engelsgestalt angenommen, als du Dich zu unserer Erlösung offenbartest; Du hast auch verschmäht, eine Gestalt, eine Lebensweise oder einen Beruf zu wählen, der über dem gewöhnlichen menschlichen Dasein lag – Du woll-test weder als Nasiräer noch als levitischer Priester, als Mönch oder Einsiedler zu uns kommen, sondern in der Fülle und im wahren Sinn der Menschennatur, die Du so sehr ge-liebt hast. Du bist nicht bloß als voll-kommener, sondern als eigentlicher Mensch gekommen, nicht mit einem neu aus Erde geformten und nicht mit dem vergeistigten Leib, den du jetzt hast, sondern in demselben wahren Fleisch, das in Adam gefallen ist, mit all unserer Gebrechlichkeit, unseren Gefühlen und Neigungen, die Sünde allein ausgenommen.

O Jesus, großer Gott, es geziemt Dir, das Dir vom Vater übertragene Werk in solch überfließendem Maße und in solcher Vollkommenheit auszuführen. Du hast es nicht halb vollbracht. Die Größe und Herrlichkeit des Opfers gereicht Dir als Gott zur Verherrlichung und uns Sündern zum Trost und zur Hilfe. O liebster Herr, Du bist in vollkommenerem Sinne Mensch als der Täufer, als Johannes, der Apostel und Evangelist, als Deine liebe Mutter. Wie Du an göttlichem Wissen über mich sie alle übertriffst, so auch an Erfahrung und persönli-cher Kenntnis meiner Natur. Du bist mein älterer Bruder. Was sollte ich fürchten, warum sollte ich nicht mein Herz Dir hingeben, der Du so mild und liebevoll, so vertraut, anspruchs-los und bescheiden und so über alles natürlich und demütig bist! Du bist jetzt im Himmel noch derselbe wie einst auf Erden: der allmächtige Gott und doch das kleine Kind – der All-heilige und doch ein fühlender, ein ganzer Mensch.

Aus dem Englischen übertragen von Maria Knoepfler, Kösel-Verlag KG, München 1952)

Die Heiligen – Freunde Gottes und Helfer der Menschen

von Pater Marc Brüllingen


Der Monat November ist vielen von uns als Allerseelenmonat bekannt. Doch beginnt der Monat November mit dem Fest Allerheiligen, an dem die Kirche alle Heiligen im Himmel verehrt. Aber, wann ist ein Mensch ein Heiliger? Wann wird jemand als Heiliger verehrt? Zunächst einmal muß festgestellt werden: Gott ist der Allheilige. Es ist das Wesen des höchsten Gutes und der höchsten Güte, sich selbst gemäß, d.h. heilig zu sein. Gott ist auch der Urheilige, der vernunftbegabte Geschöpfe über die Möglichkeiten ihrer geschöpflichen Ordnung hinaushebt in eine übernatürliche und sie sich selbst gemäß macht und angleicht, sie heilig macht. Jedes vernünftige Geschöpf strebt zwar kraft seines Wesens nach Gott, seinem Ursprung, um in ihm Ruhe und Heimat zu finden. Aber welches Geschöpf dürfte wohl wagen, wie Gott sein zu wollen und sich eindrängen in das persönliche Leben Gottes? Das Geschöpf kann sich seinen Platz nicht wählen in der göttlichen Sphäre seines Schöpfers. Aber der Schöpfer kann – aus Gnade – das Geschöpf teilhaben lassen an seinem eigenen Leben. Und da Leben bei dem höchsten Geiste Erkennen und Lieben ist, muß der geschaffene Geist, der an seinem Leben teilhaben will, in seinem Erkennen dem göttlichen Geiste angeglichen werden.

Der übernatürliche Glaube, der in Schauen übergeht, und der Mensch muß dem göttlichen Lieben gleichförmig werden durch jene Liebe, welche der Geist der Liebe, der ausgegossen ist in unsere Herzen, bewirkt. Der Mensch wird so gottförmig. Er wird vergöttlicht, ohne aufzuhören, ein Mensch zu sein. Es gibt Menschen, über deren Leben und Sterben die katholische Kirche die Sicherheit hat, daß Gott schon auf Erden in ihnen alles geworden ist. Solche Mitglieder anerkennt die Kirche öffentlich als Heilige und ehrt sie durch diesen Titel. Von ihnen behauptet die Kirche, daß sie in der Anschauung Gottes selig sind und daß sie als Freunde Gottes unsere Fürbitter sind. Darum empfiehlt sie, die Heiligen zu verehren, wohl wissend, daß die Verehrung der Heiligen im Grunde den ehrt, der die Quelle ihrer Heiligkeit ist, den Allheiligen, von dem sie selbst nur ein Abglanz sind.

Die Heiligen sind nicht selbstleuchtend wie die Sonne, sie glänzen vom Lichte Gottes, von dem alle Heiligkeit ausgeht und auf den alle Heiligenverehrung zurückziehlt. Die Kirche läßt eine öffentliche Verehrung, also eine Verehrung im kirchlichen Gottesdienst, nur zu nach vorhergegangener kirchlicher Prüfung. Eine solche Prüfung fand bereits in der altchristlichen Zeit bei den Märtyrern statt. Man nannte die Anerkennung des Martyriums durch den Bischof oder durch Synoden vindicatio; die Märtyrer, deren Verehrung gestattet war, hießen Martyres vindicati. Das waren solche, die durch ihren Tod öffentlich Zeugnis für Christus abgelegt hatten. Die Namen der anerkannten Märtyrer wurden beim Gottesdienst verlesen. Die Namen der Märtyrer eines Ortes, deren Andenken gefeiert werden sollte, waren auf Täfelchen, den sogenannten Diptychen, aufgezeichnet. Zu diesen setzte man auch die Namen anderer berühmter Märtyrer, die man wegen des Glanzes ihres Martyriums oder des Rufes ihrer Heiligkeit und ihrer Wunder verehren wollte. Auf diesen Brauch weisen heute noch Gebete des römischen Meßkanons hin. Die Berichte über den Tod der Märtyrer gingen um und wurden beim Gottesdienst häufig vorgelesen. Dadurch wurde ihre Verehrung stark ausgebreitet.

Die Kirche hatte nach der Märtyrerzeit zunächst gezögert, auch Nichtmärtyrer öffentlich als Heilige zu verehren. Aber die Verehrung, welche der hl. Antonius der Einsiedler und andere große Gestalten des Mönchtums im Morgenland, die der hl. Martin von Tours und andere nach ihm im Abendland fanden, konnte nicht nur auf die private Frömmigkeit beschränkt bleiben. Bald war es allgemeine Überzeugung, daß es, wie Isidor von Sevilla (+ 636) schreibt, zwei Arten von Märtyrern gibt: „Die einen legen vor aller Augen Zeugnis ab durch ihr Todesleiden, die andern bezeugen Gott durch die verborgene Tugend ihrer Seele. Manche haben den Anschlägen des Teufels widerstanden, haben sich nicht überwinden lassen durch das Gelüsten des Fleisches und haben sich so dem allmächtigen Gott geopfert, daß sie Zeugen Gottes wurden, als die Kirche Frieden hatte, wie sie Blutzeugen geworden wären, wenn sie Verfolgung zu leiden gehabt hätten.“ Das Wort confessor, Bekenner, wurde in jener Zeit der Ehrentitel jener Nichtmärtyrer, deren Heiligkeit die Kirche anerkennen wollte. Die feierliche Zuerkennung der öffentlichen Verehrung gab dem Bekenner, der Jungfrau oder der Witwe, das sind die beiden anderen Stände, die man bei den Heiligen unterschied, was bei jedem anerkannten Märtyrer Sitte war, daß nämlich über seinem Grabe das eucharistische Opfer gefeiert werden durfte. Sie fand ihren Ausdruck darin, daß die Gebeine des neuen Heiligen gehoben und unter einem Altare beigesetzt wurden.

Die Seligsprechung, welche die Vorstufe zur Heiligssprechung ist, wird dann vorgenommen, wenn durch die Kirche festgestellt worden ist, dass der Diener Gottes von heroischer Tugendgröße gewesen ist und daß Gott auf seine Fürbitte Wunder gewirkt hat. Können nach der Seligsprechung zwei weitere Wunder bewiesen werden oder drei, falls der Diener Gottes rechtmäßig eine öffentliche Verehrung seit unvordenklicher Zeit genoß, dann erfolgt die Heiligsprechung. Bei den Martyrern genügt zur Seligsprechung der Nachweis des Martyriums als Beweis heroischer Tugendgröße. Die Seligsprechung hat nur vorläufigen Charakter. Sie zielt hin auf die Heiligsprechung (= Kanonisation), die sie vorbereitet. Die Seligsprechung gibt die Erlaubnis zu einer nach Ort und Umfang beschränkten öffentlichen Verehrung. Dagegen fällt bei der Heiligsprechung der Heilige Vater als oberster Lehrer der Christenheit sein letztes, allgemein geltendes und allgemein bindendes Urteil: „Dieser Selige ist ein Heiliger, ich nehme ihn auf in die Zahl der Heiligen, und er hat Anspruch auf Verehrung in der ganzen Kirche.“


Foto: Heike Hannah Lux

Ostern – Aufruf zu einer Entscheidung

von P. Andreas Fuisting


Die Frohbotschaft von der Auferstehung unseres Herrn und Gottes Jesus Christus ist das zentrale Geheimnis unseres Glaubens. Es ist uns klar, daß diese Botschaft für unser Leben weitreichende Folgerungen nach sich ziehen muß. Dazu müssen wir über sie nachdenken, sie betrachtend erwägen.

Mit der Trostlosigkeit der Kartage, die Jesus den Tod brachten, war die Hoffnung vieler mitbegraben worden. Da bricht die Nachricht herein: Er lebt, er ist nicht tot! Zuerst verkünden es Engel (das kennen wir schon), dann Frauen, dann Apostel. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich: Er lebt! Aus dem Evangelium erfahren wir, wie diese Nachricht immer greifbarere Formen annimmt dadurch, daß Christus selbst erscheint, sich berühren läßt, mit seinen Jüngern speist, um ihnen absolute Gewißheit werden zu lassen, daß er lebe.

Vor der Tatsache von der Auferstehung Jesu, vor dem Ostertag also, steht der Karfreitag und vor diesem die Sünde. In ihr geriet der Mensch in den Gegensatz zu Gott, in die Gottferne, weil der Mensch von Beginn an „Ja“ zu sich selbst gesagt hat und „Nein“ zu Gott. Die dadurch entstandene Kluft zwischen Gott und Mensch, die den Blick auf den Sinn des Lebens für den Menschen unmöglich gemacht hat, wird erst durch den Gehorsam Christi gegenüber dem Willen des Vaters überwunden. Das Heilshandeln des Sohnes findet seinen Abschluß in der Auferstehung, die auch eine Bestätigung der Erlösung des Menschen ist. Wäre Jesus nicht auferstanden, wäre alles umsonst gewesen, wäre er nur ein Mensch gewesen hätte sein Tod für uns nichts bewirken können. Gott aber konnte nicht im Tod bleiben. Indem Jesus von den Toten aufersteht vollendet er unsere Erlösung. Jesus lebt, damit wir leben, damit die Liebe, die in ihm da ist, auch im Menschen wieder wach wird, und ihn zu Gott zurückkehren läßt.

Diese Erkenntnis, daß uns Christus den Weg freigemacht hat, muß heißen: wir müssen ihn nun auch gehen. Uns ist nicht die Arbeit abgenommen. Einmal schon sind wir Christus nachgefolgt in der Taufe. In ihr feierten wir unser persönliches Ostern, unser persönliches Sterben und Auferstehen. Was die Taufe bewirkt hat, ist in jeder Stunde unseres Daseins umzusetzen: Der Sünde sterben und im neuen Leben wandeln. Ostern ist kein Fest fürs Gemüt, in dem bunte Eier und Hasen aus Schokolade die Hauptrolle spielen; sondern Aufruf zu einer Entscheidung. Sterben all dem, was ungeordnet ist, was Sünde, Egoismus, Selbstsucht heißt und das neue Leben blockiert. An der Stelle, an die Gottes Wille uns gestellt hat, soll nun die Liebe herrschen. Diese muß bestimmend für unser Handeln sein und nicht nur in Augenblicken geistiger oder emotionaler Hochstimmung gelebt werden. Dann überwänden wir Haß, Neid, Feindschaft und Gemeinheit nicht. Wir irren, wenn wir glaubten diese Liebe aus eigener Kraft aufbringen zu können; sie kommt von Ihm, der für uns gestorben ist, aber lebt. Das bedeutet Ostern!

Ich wünsche Ihnen von Herzen daß Sie, liebe Freunde, ganz zu der Liebe finden, die allein wirklich beglücken und befreien kann. Dazu erflehe ich für Sie den Segen des Auferstandenen.


Foto: Heike Hannah Lux

Gedanken zur Fastenzeit

von P. Miguel Stegmaier


O sacrum ieiunium! (O heilige Fasten)

„Was hilft es, den Leib durch Fasten mager werden zu lassen, wenn der Geist von Hoffahrt aufgebläht wird?“ (Hl. Hieronymus)

Wir Christen gehen mit dem Kirchenjahr durch die Zeit. Mit dem Kirchenjahr gehen heißt, wir gehen mit Christus, denn Christus lebt im Kirchenjahr; er ist der Herr der Zeit, das Ziel aller Zeit: Alpha und Omega. – Nach dem Frohsinn der Fastnacht treten wir ein durch das Tor des Aschermittwoch in die Fastenzeit. Und das bedeutet, daß wir nicht nur von Fasten reden, sondern auch in der Tat danach handeln müssen. Wir wollen an Ostern mit Christus auferstehen, aber vorher müssen wir in das Grab hinabsteigen, damit das Böse, die Sünde und der alte Adam in uns sterben können. Dann kann der neue Mensch Christus in uns auferstehen. Das ist nicht einfach, aber es gibt keinen anderen Weg. Und wenn wir das uns Unangenehme, das Negative überwinden können, sehen und erfahren wir das Christliche, das Licht, das über allem steht. Es geht nicht um Tod, sondern um Leben mit Christus als dem Licht der Welt.

Weihnachtslicht – Dreikönigslicht – Lichtmeßlicht – Osterlicht – das steht über allem.

Holz, Kohle und Öl werden in den Ofen geworfen und verbrennen, verzehren sich. Doch das genügt nicht. Aus dem Verzehren entsteht Wärme und Licht. Auch wir müssen uns verzehren, damit Besseres, Licht und Leben daraus entstehen können. Christus hat es uns vorgemacht, als geschlachtetes Opferlamm am Holz des Kreuzes und damit geboren als Licht für die ganze Welt. Ihm sollen und wollen wir in unserem Handeln nachfolgen.

Gott wird Mensch

von P. Andreas Fuisting


Liebe Gläubige, Freunde und Wohltäter,

Weihnachten ist das Fest der Menschwerdung Gottes. Das wissen wir alle. Aber ist uns auch bewußt, daß bereits die Urkirche ein so prägnantes Christusbekenntnis abgelegt hat, wie beim hl. Paulus zu lesen steht?: „Dieser ist (ihm) dem Fleische nach aus dem Geschlechte Davids geboren worden. Seinem heiligen Geiste nach aber war er vorherbestimmt zum Sohne Gottes…“ (Röm. 1, 2 u.3). Was hier niedergelegt ist heißt folgendes: Jesus gehört auf die Seite Gottes und auf die Seite des Menschen. Die Tatsache der wahren Menschheit Christi wird durch die Bezeichnung „Sohn Davids“ ausgedrückt.

Die junge Kirche versuchte ihre gläubige Überzeugung in ihren Schriften durch entsprechende Belege zu untermauern. Die Evangelienstelle Matthäus 1, 1-17 beschäftigt sich mit dem Stammbaum Josephs. Durch diesen Stammbaum, der mehr theologische Absichten verfolgt, als den Anspruch erheben darf, einer geschichtlichen Prüfung standzuhalten, wird „bewiesen“, daß Joseph ein Sohn Davids ist. Damit ist die Davidssohnschaft Jesu noch nicht geklärt.

Um nun eine Antwort zu geben auf die Frage „wie kann Jesus, der in Maria durch den Heiligen Geist Mensch geworden ist, Sohn Davids sein?“ greifen wir auf die Stelle des Matthäusevangeliums zurück, die an der Vigil von Weihnachten verkündet wird (Matth. 1, 18-21). Der Evangelist argumentiert dabei so wie folgendermaßen: Durch die Namengebung hat Joseph, der aus dem Geschlechte Davids stammt, den von seiner rechtmäßigen Frau geborenen Sohn als seinen Sohn rechtlich anerkannt. Dadurch wird Jesus zum Sohn Davids. Diese besondere Art der Davidssohnschaft des Messias ist im AT bereits durch den Propheten vorausverkündet (Mt. 1,23; Is. 7, 14). Gott selbst drängt dann Joseph durch den Engel dazu, Maria zur rechtmäßigen Frau zu nehmen und das in ihr durch den Heiligen Geist Gewordene als eigenes Kind anzuerkennen.

Das ist das große Geheimnis des Weihnachtsfestes: Gott wird wirklich Mensch. Er teilt das Menschliche mir uns, damit wir das Göttliche mit ihm teilen. Er tritt auf unsere Seite, um uns auf die Seite Gottes zu holen. Ich möchte mich, auch im Namen meiner Mitbrüder, bei Ihnen allen ganz, ganz herzlich für Ihre im vergangenen Jahr geleisteten Wohltaten bedanken, sei es Ihr Gebet, Ihre ehrenamtliche Mitarbeit oder Ihre finanzielle Unterstützung gewesen. Ich versichere Ihnen: Auf diese drei sind wir nach wie vor dringend angewiesen! Wir werden Sie auch weiterhin in jedes hl. Meßopfer mit einschließen. Bleiben Sie uns verbunden, wie wir es Ihnen sind durch den ankommenden Heiland der Welt.

In diesem Sinne: GESEGNETE WEIHNACHT!

Ihr P. A. Fuisting


Foto: Heike Hannah Lux

Die Armut des Herrn

Gedanken zum Advent

von P. Andreas Fuisting


Wer aus dem Heiligen Land zurückkehrt und dort die Heiligen Stätten besucht hat, berichtet häufig davon in welcher äußeren Einfachheit und Anspruchslosigkeit, ja Armut das Leben Jesu sich bewegt haben muß. Das Wort des hl. Paulus: „Christus hat sich selbst entäußert, hat Knechtsgestalt angenommen und ist den Menschen gleich geworden, und er hat sich erniedrigt“, findet hier seinen Widerhall.

Wenn wir zunächst an Nazareth denken, gerät Maria in unseren Blickwinkel. Künstler der Jahrhunderte haben all ihr Können aufgewandt, um die Ankündigung der Menschwerdung Christi durch den Erzengel Gabriel in aller Schönheit und mit allem Glanz darzustellen, damit die Einzigartigkeit und Größe dieses Geschehens ins Bewußtsein gebracht wird; was es bedeutet hat, als der Engel bei ihr eintrat und sagte: „Gegrüßet seist du, du Gnadenvolle, der Herr ist mit dir!“

Die Wirklichkeit dahinter sieht, von außen betrachtet, jedoch anders aus: kein Reichtum und kein Glanz, keine prachtvollen Kleider und vornehmen Räume. Nazareth ein eher unbedeutender Ort: „Kann denn aus Nazareth etwas Gutes kommen“ hat es damals geheißen! Maria lebte in einer Art Haus wie alle anderen auch: vier Wände aus Lehm oder Ziegel und einem flachen Lehmdach darauf. Sie trug, wohl selbst hergestellte, bescheidene Leinenkleider wie alle anderen Frauen auch. Um an Wasser zu gelangen, mußte sie durch staubige Gassen gehen zur einzigen Quelle des Ortes. Und sie buk jeden Tag den Brotfladen für den Bedarf eines Tages, wie es damals üblich war. Nach außen änderte sich gar nichts in ihrem Leben, sie lebte den Alltag und legte sich abends auf eine ebenerdige Strohmatte, um vom Tagwerk auszuruhen; sie stellte sich nach wie vor in die letzte Reihe der Synagogenbesucher, die für Frauen bestimmt war. So lebte diese Heilige von Nazareth bescheiden, anspruchslos, ja, an unseren heutigen Verhältnissen gemessen, mehr als arm.

In Bethlehem war das nicht anders. Es ist verständlich und auch richtig, daß die Darstellungen der Geburt des Herrn meistens idyllisch – romantisch ausfallen. Nur sollte uns klar sein: mit der Wirklichkeit hat das wenig zu tun. Manchmal liest man von einer Grotte; sagen wir lieber Stall. Oder Krippe? Es war wohl ein Steintrog. Alles zusammen war es eine sehr bescheidene Zuflucht für Hirten und deren Schafe. Die Niedrigkeit der Umstände seiner Geburt setzen sich im Leben Jesu fort, sonst hätte er nicht gesagt: „Die Füchse haben ihre Höhlen, die Vögel des Himmels ihre Nester; der Menschensohn hat nichts, wohin er sein Haupt legen könnte“ (Mt. 8,20).

Überhaupt der ganze Lebensraum des Herrn. Kargheit wohin man blickt: Die trostlose Wüste, in der Christus vierzig Tage und vierzig Nächte hindurch fastete und die er wiederholt durchwandert hat. Den kargen Boden, der mehr Steine zeigt als alles andere. Die große Hitze und das dadurch selten anzutreffende kostbare Wasser; alles mußte zu Fuß geschehen; daß er am Palmsonntag von einem Esel getragen wurde, bildete eine Ausnahme. So hat Jesus sein Wort an sich selbst erfüllt: „Sie sollten weder Beutel noch Tasche noch Schuhe mitnehmen“ (Lk. 10,4). Wie anspruchslos sich der Alltag des Herrn abgespielt haben muß können wir an folgender Geschichte ermessen: als der Steuereinnehmer die Tempelsteuer von ihm verlangte, mußte er Petrus an den See schicken, daß er einen Fisch fange – und beim ersten Fisch, den er gefangen hätte, würde er im Maul eine Vierdrachmenmünze finden; er mußte also seine göttliche Allwissenheit zu Hilfe nehmen, um seiner Verpflichtung nachkommen zu können. Das war das Erdenleben Jesu, uns Menschen gleich geworden – auch und gerade in der Erniedrigung.

Nun könnte jemand sagen: wenn Christus so einfach und anspruchslos gelebt hat, dann hat er sich eben von den Menschen der damaligen Zeit, die ebenso gelebt haben nicht unterschieden. Die Verhältnisse waren nun einmal so! Anders gesagt: Er hätte die Zeit seines Wirkens in einem anderen Jahrhundert ansetzten können. Oder er hätte, wenn es schon damals hätte sein sollen, seine Heimat im Bereich der griechisch – römischen Kultur wählen können; in einer gehobenen Familie, in vielleicht anspruchsvoller Umgebung; in einem Land mit günstiger klimatischer Umgebung. Nein! Christus hat das harte, einfache, anspruchsvolle geradezu arme Leben in Palästina mit den schwierigen politischen und sozialen Verhältnissen ganz bewußt und freiwillig gewählt.

Sollten nicht auch wir etwas in uns lebendig machen von einer Gesinnung bewußter und freiwilliger Einfachheit und Bescheidenheit des Lebens?

Nun möge niemand denken es solle damit die Freude an einem schönen Weihnachten unterdrückt werden. Die Freude an schönen Dingen, die Freude an Geschenken, die man vielleicht bekommt, oder die Freude, andere beschenken zu können. Denn so sehr sich alle, bis auf wenige Ausnahmen, darüber im klaren sind, die übertriebenen Erscheinungen dieser Wochen abzulehnen, so hat das, was die politische Linke gerne vorschnell mit „Luxus“ verwechselt auch seine Berechtigung. Denn wie viele verdienen ihren Lebensunterhalt dadurch, daß es Menschen gibt die Geld ausgeben können. Darum geht es also nicht! Es geht darum, daß wir uns innerlich die Freiheit bewahren gegenüber Besitz und Eigentum. Daß wir das Herz nicht daran verlieren. Daß wir nicht meinen darin bestünde das Glück des Lebens. Und daß wir es leicht nehmen, wenn das Leben uns manches versagt.

Schaffen wir uns also freiwillig einen Bezirk, in dem wir bewußt auf dieses oder jenes verzichten. Denken wir dabei, um diesen Verzicht noch wertvoller zu machen, an die stetig zunehmende Zahl der Abertausenden von Armen. Die sich bereits in den Anfängen herausbildende Weltwirtschaftskrise schädigt am stärksten die, die sowieso nichts haben. Wohl dem, der ein weites Herz hat!

Nun gehen wir hinein in den heiligen Advent. Möchten uns die Adventskerzen von Woche zu Woche heller und leuchtender zu erkennen geben: Seht, welche Liebe uns der Heiland in seiner Erniedrigung erwiesen hat!

November – Der Arme-Seelen-Monat

von P. Marc Brüllingen


graeberDie Jahreszeit des Herbst, in der wir uns nun befinden, erinnert uns an die Vergänglichkeit der irdischen Dinge. Auch unser Leben ist davon nicht ausgeschlossen. Ganz besonders der Monat November, indem wir uns nun befinden, ermahnt und erinnert uns daran, daß wir diese Welt einmal verlassen werden, um vor das Angesicht Gottes zu treten.

Doch bevor wir die ewigen Freuden genießen dürfen, müssen wir rein von jeglichen Sünden und Unvollkommenheiten sein. Die Seelen, die noch nicht ganz vollkommen sind, müssen hierfür noch in einen besonderen Reinigungsort, um ihre verbliebenen Sündenstrafen und Fehler abzubüßen. Diesen Reinigungsort nennt die katholische Kirche das FEGFEUER. Die Seelen, die sich in diesem Reinigungsorte befinden, werden ARME SEELEN genannt. Da diese Seelen im Stande der heiligmachenden Gnade verstorben sind, gehören sie zur Gemeinschaft der Heiligen. Da sie jedoch für sich keine Verdienste mehr sammeln können und sich somit auch keine Linderung ihrer Leiden verschaffen können, sind sie auf unsere Hilfe angewiesen.

Im Monat November gedenken wir daher im besonderen Maße der Armen Seelen, vornehmlich am 2. November, dem GEDÄCHTNIS ALLERSEELEN. „Heute ist das feierliche Gedächtnis aller abgeschiedenen Gläubigen. Soeben (ALLERHEILIGEN – 1. November) noch hat die Kirche als gemeinsame und zartfühlende Mutter sich Mühe gegeben, all ihre Kinder in der Himmelsfreude mit gebührenden Preisgesängen zu verherrlichen. Unverweilt will sie heute in Muttersorge allen ihren Kindern, die im Reinigungsorte seufzen, durch machtvollen Beistand bei Christus, dem Herrn und Bräutigam, zur baldmöglichen Aufnahme in die Gemeinschaft der Himmelsbürger verhelfen.“ So kündet die römische Liturgie diesen einzigartigen Tag ihres heiligen Jahres im Martyrologium des kirchlichen Morgengebetes der Prim an. Der „machtvolle Beistand“ besteht vor allem in der Darbringung des hl. Meßopfers und in der Teilnahme daran.

Der hl. Abt Odilo von Cluny (+ 1048) schrieb für seine Klöster vor, daß am 2. November Messen für alle Verstorbenen gelesen werden. Dieser fromme Brauch fand weite Verbreitung. In Rom finden wir ihn im 14. Jahrhundert. Es ist dann schließlich PAPST BENEDIKT XV. (1914-1922) gewesen, der den Priestern das Privileg verlieh, am 2. November (Allerseelen) dreimal das hl. Meßopfer für die Verstorbenen zu feiern. Anlaß zu diesem Privileg waren wohl die vielen Todesopfer des 1. Weltkrieges (1914-1918), die den Papst zu dieser Anordnung veranlaßten. In Spanien war die dreimalige Feier der hl. Messe an Allerseelen den Priestern schon im Anfang des 16. Jahrhunderts erlaubt.

Die Existenz des Fegfeuers wird schon im Alten Testament im 2. Makkabäerbuch angedeutet: „Er (Judas Makkabäus) veranstaltete unter den Kriegern eine Sammlung, die 2000 Drachmen einbrachte, und sandte sie nach Jerusalem, um ein Sündopfer darbringen zu lassen; eine Tat, die schön und ausgezeichnet war, weil er an die Auferstehung dachte. Hätte er nämlich nicht erwartet, daß die Gefallenen auferstehen, so wäre es überflüssig und töricht gewesen, für Tote zu beten. Weiter hatte er im Auge, daß jenen, die in Frömmigkeit zur Ruhe eingehen, der herrlichste Gnadenlohn aufbewahrt ist: ein heiliger und frommer Gedanke! Darum ließ er für die Gefallenen das Sühnopfer darbringen, damit sie von der Sünde erlöst würden.“ (2 Makk 12,43-45).

Auch das Neue Testament berichtet an verschiedenen Stellen von der Existenz des Fegfeuers: Mt 12,32: „Wer ein Wort redet wider den Menschensohn, dem wird vergeben werden, wer aber wider den Heiligen Geist redet, dem wird weder in dieser noch in der künftigen Welt vergeben werden.“ Da die Armen Seelen demnach im Fegfeuer nichts mehr für sich tun können, sind sie auf unsere Hilfe angewiesen, indem wir für sie beten und auch für sie hl. Messen lesen lassen. Bedenken wir auch, daß das Gebet für die Armen Seelen ein geistiges Werk der Barmherzigkeit ist und auch zur christlichen Nächstenliebe zählt. Die Leiden im Fegfeuer sind zeitlich begrenzt, und die Armen Seelen wissen auch, daß ihr Leiden einmal zu Ende geht. Ihnen ist auch bewußt, daß sie gerecht leiden und daß sie die heiligmachende Gnade nicht mehr verlieren können. Wir sollen uns jedoch angesichts dieser Tatsachen nicht zu der Annahme verleiten lassen, daß die Leiden im Fegfeuer ein Kinderspiel und mit Leichtigkeit zu bewältigen seien. Die Armen Seelen leiden in diesem Reinigungsorte große Pein, und die mit Sicherheit größte und schwerste Pein ist zweifelsohne die ENTBEHRUNG DER ANSCHAUUNG GOTTES. Diese bleibt ihnen solange verwehrt, bis ihre Strafen abgebüßt sind. Das Fegfeuer ist und bleibt jedoch, trotz seiner Schwere, und dies dürfen wir nicht außer Acht lassen, ein ORT DER UNENDLICHEN BARMHERZIGKEIT GOTTES, den Gott unseretwegen erschaffen hat. Ohne diesen Reinigungsort würden sehr wahrscheinlich nur wenige Seelen in die ewige Glückseligkeit eintreten können.


Foto: Heike Hannah Lux

Predigt zum Hochfest Dreifaltigkeit

von P. Daniel Eichhorn (2008)


Meine lieben, andächtigen Christen,

Ein Gott in drei Personen, die Quadratur des Kreises, das unlösbare Problem, das Ende der Vernunft? – Ja, die Dreieinigkeit ist das Grunddogma des Glaubens überhaupt, sein Dreh- und Angelpunkt. Ohne diese Wahrheit wäre Jesus nicht der Sohn Gottes, gäbe es keine Erlösung oder jedenfalls nicht in dieser Form! Ja, wäre Gott nicht dreifaltig, so wäre er überhaupt nicht! Er kann gar nicht anders sein als dreifaltig!

Die Kirche glaubt fest und unbeirrbar an die Dreifaltigkeit. Dabei ist dieses Geheimnis nicht einfach irgendeine abstrakte theologische Spekulation. Diese uralte Lehre der Kirche ist keine Entartung eines Glaubens, der in die Fänge der Philosophie, der rein menschlichen Vernunft gefallen ist, sondern es ist nichts anderes, als genau jenes Gottesbild, das uns Jesus gelehrt hat: „Wer mich sieht, sieht den Vater.“ „Der Vater und ich sind eins.“ „Der Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird“. Und viele entsprechende Textstellen sprechen diese Wahrheit mehr oder weniger deutlich aus.

Schon im alten Bund war die Dreifaltigkeit im Voraus angedeutet: Drei Männer kommen zu Abraham, der mit seiner Frau Sara an der Eiche von Mamre wohnt, und verkündigen dem alten Paar einen Sohn, ja, noch eine reiche Nachkommenschaft so zahlreich wie der Sand am Meer, d.h. eine überaus große Schar, ein ganzes Volk, das Volk Israel. Und als die drei Männer gehen wollen, spricht Abraham noch einmal mit ihnen und es geschieht das Eigenartige: Er wendet sich zu den Männern und nennt Sie „Herr“, nicht „meine Herren“. Die großen klassischen Theologen haben in diesen drei Männern in der Regel drei Engel gesehen, die die Stelle Gottes vertreten. Dem Abraham muß jedenfalls unverhofft etwas vom unbegreiflichen Geheimnis Gottes aufgeblitzt sein, daß er in seiner Rede plötzlich statt des Plural den Singular bildet. Es deutet sich an, daß hinter der Dreizahl der Gäste irgendwie noch mehr steckt, daß da ein großes Geheimnis seiner Ergründung harrt. So sehen die Augen des gläubigen Christen in den Texten des Alten Bundes den Glauben an die Dreifaltigkeit, das Zentralgeheimnis des von Jesus verkündeten Glaubens, enthalten.

Wir sagten daher zu recht, daß der Dreifaltigkeitsglaube keine Erfindung der Christen ist, keine philosophisch-theologische Wucherung, sondern das – und nur das -, was Jesus selbst uns gelehrt und verkündet hat.

Wagen wir zum Schluß noch einen Blick hinein in das Geheimnis dieses dreifaltigen Gottes, einen ehrfürchtigen, scheuen Blick. Der Heilige Vater sagte in einer Weihnachtspredigt: „Gott ist nicht ewige Einsamkeit, sondern ein Kreis der Liebe in Hingabe und Zurückschenken: Vater, Sohn und Heiliger Geist“, ein Kreis der Liebe in Hingabe und Zurückschenken. Diesen Aspekt der innergöttlichen Liebe betont auch der Kirchenvater Augustinus: „Wenn du die Liebe siehst, siehst du die heiligste Dreifaltigkeit“. Gott ist ein liebender Gott, nicht nur gegenüber seiner Schöpfung, sondern auch bezüglich seiner selbst: Es ist die Liebe zwischen Vater, Sohn und Geist. Gott hat nicht nur Liebe, sondern in ihm lebt (die) Liebe, ja, er, als der Dreifaltige, ist die Liebe.

Diese Liebe, dieser Gott, diese Dreieinigkeit ist unser Ziel. Unser Ziel ist die ewige, glückselige, durch nichts zu vergleichende Schau der allerheiligsten Dreifaltigkeit im Himmel! Die Schau jener ewigen, starken, reinen, göttlichen Liebesflammen zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist! Der Himmel ist es, in diese große Liebe unverlierbar hineingenommen zu sein, sicher zu sein, nie mehr davon getrennt werden zu können!

Angesichts solch herrlicher Aussichten bleibt uns nur noch mit den Worten der heiligen Elisabeth de la Trinité staunend zu beten: „O mein Gott, Dreifaltiger, den ich anbete, hilf mir, mich ganz zu vergessen, um in dir begründet zu sein, unbewegt und friedvoll, als weilte meine Seele schon in der Ewigkeit. Nichts vermöge meinen Frieden zu stören, mich herauszulocken aus dir, o mein Wandelloser; jeder Augenblick trage mich tiefer hinein in deines Geheimnisses Grund.“ Amen.


Bild: Ikone Dreifaltigkeit | Foto: Heike Hannah Lux

„Oh Weisheit“

von P. Daniel Eichhorn


In den letzten sieben Tagen vor dem Weihnachtsfest, ab dem 17.12. gewinnt die Sehnsucht der Kirche nach dem Kommen ihres Herrn eine neue Qualität. Dieser „Durst“ der gläubigen Christen wird in den sogenannten „O-Antiphonen“ deutlich, die so heißen, da Sie alle mit diesem Laut des Ausrufs beginnen. Es handelt sich dabei um Magnificat-Antiphonen, das heißt um Leitverse des abendlichen Vespergottesdienstes, die den Hochgesang Mariens auf die Macht und Herrlichkeit Gottes rahmen. Besinnen wir uns auf die erste dieser liturgischen Perlen:

„Oh Weisheit, die aus dem Munde des Höchsten hervorgeht und die reicht von einem Ende zum anderen, stark und sanft alles ordnend: komm, uns den Weg der Klugheit zu lehren.“ Die angesprochene Weisheit Gottes ist Gott selber, ist, wie der Text klar offenbart, der ewige Sohn des Vaters. Ihr Wirkungsfeld ist keineswegs nur der „Himmel“, d.h. die für uns Irdische unsichtbare Dimension Gottes und der Engel, sondern die ganze Schöpfung! Denn diese ist ja sein Werk und daher auch sein Herrschaftsbereich. Die himmlische Weisheit soll auf Erden, im Kosmos wirken! – ‚Die Aufgabe des Weisen ist es, zu ordnen‘, so haben es Philosophen und Theologen erklärt.

Dies ist genau der Ausgangspunkt des Autors unserer Antiphon: Christus, der Weisheit des Vaters, kommt es zu, alle irdischen Dinge „vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang“ zu ordnen: Weisheit, „die reicht von einem Ende zum anderen, stark und sanft alles ordnend“. Christus soll in diese Welt kommen, um alles nach seinem heiligen und gerechten Willen wieder in die ursprüngliche, heilige, göttliche Ordnung zu bringen. Die Unordnung des teuflischen „Durcheinanderwerfers“ (Diabolos) soll durch die neue, göttliche Ordnung überwunden werden. Diese Umgestaltung der Welt auf Gott hin ist zugleich „stark“, d.h. unfehlbar, gewaltig und doch auch „sanft“: Gottes Kommen zu Elia geschah nicht im Sturm, sondern im sanften Säuseln! (1 Kön 19,12) – Damit diese Wiederherstellung des Anfangs gelingt, sollen wir mitwirken. Dies aber können wir nicht aus uns, dafür brauchen wir wiederum den göttlichen Beistand. Daher bittet die Kirche die Weisheit Gottes, „uns den Weg der Klugheit zu lehren.“

Die göttliche Weisheit bewirkt in uns die Klugheit! Tatsächlich sind beide Tugenden eng miteinander verwandt. Die Klugheit ist die wichtigste der so bedeutenden vier Kardinaltugenden (Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit Mäßigkeit) ist. Möge Gott uns seine Weisheit und Klugheit schenken, die unser Leben immer mehr in die göttliche Ordnung hineinführt!


Foto: Heike Hannah Lux

Zum Advent

von P. Marc Brüllingen


Mit dem 1. Adventssonntag am 2. Dezember schreiten wir in ein neues Kirchenjahr hinein. Der Priester trägt das violette Gewand, das selbst schon eine Mahnung zur Buße ist. Der Advent ist die Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten, der Geburt unseres Herrn Jesus Christus.

Wort Advent kommt von „advenire“ (lat. – ankommen), d. h. die Ankunft Jesu Christi. Mit Entschiedenheit ruft uns die Kirche mit den Worten des heiligen Paulus an: „Brüder! Wisset, schon ist die Stunde da, dass wir vom Schlaf erwachen. Denn jetzt ist unser Heil näher als damals, da wir zum Glauben kamen. Die Nacht ist vorgerückt; der Tag hat sich genaht. So laßt uns die Werke der Finsternis ablegen, anziehen die Waffen des Lichtes!“ (Röm 13,11f)

„Nacht“ – dieses Wort verwendet die Heilige Schrift wiederholt für die Daseinslage des Menschen in der Sünde. Zu diesem Bilde gehört auch die Befangenheit vom Schlafe. Der Sünder befindet sich in einem Zustand der Befangenheit durch einen Schlaf. Sein geistiges Sehen ist getrübt. Eben darin zeigt sich die erste Folge der Erbsünde und der persönlichen Sünde; die Sehkraft des menschlichen Geistes ist gemindert, und im Zusammenhang damit ist die gesunde Kraft des freien Willens erkrankt, oft wie gelähmt. Trotz der Taufgnade, trotz der Eingießung der göttlichen Tugenden in die Seele des Getauften, wirken sich die Wunden der erbsündigen Natur noch im Leben des Menschen aus. Noch leidet der Getaufte an der Schlafbenommenheit des sündigen Menschen, noch macht er allzu oft der Schwäche seiner Natur Zugeständnisse, tut „Werke der Finsternis“ und mißachtet in falscher Sorglosigkeit die „Waffenrüstung des Lichtes.“

In dieser Lage trifft der Mahnruf der Kirche am ersten Adventssonntag das Gewissen jedes einzelnen. Wahrhaftig, die Stunde ist da, vom Schlafe zu erwachen, sich von der Befangenheit des Dahindämmerns zu befreien, sich an das „Eine Notwendige“ erinnern zu lassen, das einmal allein zählt und Bestand hat. Dieses „Eine Notwendige“ ist Gott, die ewige Glückseligkeit im Himmel. Der Glaube ist keine romantische Gefühlsangelegenheit, sondern Gegenstand sachlicher Nüchternheit, geistiger Klarheit.

So wollen auch wir uns die „Waffenrüstung des Lichtes“ anlegen, damit wir in Freude und Ehrfurcht die Ankunft des Heilandes erwarten dürfen.

Zeit des Fastens

von P. Andreas Lauer


Der Christ hat einen Auftrag zum Wirken in der Öffentlichkeit: an uns liegt es, die Welt nicht gottlos sein zu lassen, sondern durch unser Glauben hindurch Gott in die Welt hinein zu vermitteln.

Neben diesem Auftrag der Öffentlichkeit des Glaubens bleibt freilich der Auftrag zu seiner Innerlichkeit unverkürzt bestehen. Das ist die Aufgabe, die das deutsche Wort Fastenzeit andeutet. Damit einer Christ werde, ist auch die Kraft der Überwindung notwendig, das Stehen gegen die naturale Schwerkraft des Dahin-treiben-Lassens. Leben im allgemeinsten Sinn ist einmal definiert worden als ‚Arbeit gegen die Schwerkraft‘. Nur da, wo Arbeit gegen die Schwerkraft ist, sei Leben und wo sie erlischt, sei auch das Leben erloschen. Wenn das schon im biologischen Bereich gilt, so um so mehr im geistigen.

Der Mensch ist das Wesen, das nicht von sich selber zu sich selber wird. Er wird nicht, indem er sich einfach treiben läßt, sich dem naturalen Schwergewicht seines bloßen Dahintreibens überläßt, sondern er wird immer nur im Ringen gegen die Schwerkraft des bloßen Dahinlebens, in der Kraft der Disziplin, die sich aus der Nötigung des Alltags herauszunehmen weiß, die sich aus dem Zwang der Zwecke und der Triebe löst. Unsere Welt ist derart mit Vordergründigem vollgestellt, daß wir immer in Gefahr sind, bloß noch die Teile und nicht mehr das Ganze zu sehen. Es braucht Überwindung, um da durchzuschauen und von der Diktatur des Vordergründigen frei zu werden.

In der kirchlichen Präfation für die Fastenzeit steht das merkwürdige Wort: ‚Ieiunio … mentem elevas – durch Fasten … erhebst du den Geist‘. In Regionen bzw. Zeiten großer Hungersnot empfindet man dieses Wort fast wie eine Ironie. Man empfindet dann, wie das Fasten den Geist hindert, frei zu sich selbst zu sein. Aber wenn wir die Zeiten des Hungers vergleichen mit unserer heutigen Sattheit, dann merken wir doch, wie wahr das Wort auch ist. Dann wird uns bewußt, daß man in Zeiten des Hungers in mancher Hinsicht sehender ist als in Zeiten der Sattheit.

Der ganz satte Mensch, der gar nicht mehr hungert, wird blind und taub. Er gewahrt nur noch sich selbst. Darauf aufmerksam geworden, beginnen wir vielleicht auch die Bilder der Heiligen Schrift neu zu verstehen, die die Kirche in die Taufliturgie aufgenommen hat: Das Bild des Menschen, der blind ist vor Gott; des Menschen, der taubstumm ist, sich selbst und die Welt gar nicht zu vernehmen vermag. Wir verstehen, daß wir jene Wirklichkeit brauchen, die im Wort ‚fasten‘ angesagt ist.

Heute wird auf vielerlei Weise gefastet: aus medizinischen, aus ästhetischen und aus anderen Gründen. Und das ist in der Regel gut. Aber ein solches Fasten allein ist dennoch nicht ausreichend für den Menschen. Denn der Zweck solchen Fastens bleibt ja immer das eigene Ich. Es löst den Menschen nicht von sich selbst, sondern es ist nur noch einmal für ihn selber da. Er aber bedarf eines Fastens, eines Verzichtes, der ihn frei macht von sich selbst, frei macht für Gott und ihn so frei werden läßt für die anderen. Der Ruf, den Gott durch die Fastenzeit so an uns richtet, ist gewiß unbequem. Aber wer einigermaßen wach ist für die Situation des Menschen von heute – für seine eigene Situation! – der weiß auch, wie nötig uns dieser Ruf zu einem realen, nicht ichbezogenen Fasten ist.

Christliches Fasten – eine Befreiung vom eigenen Selbst. Und schon immer war damit die Forderung verbunden, Fastenzeit müsse eine Zeit der Fruchtbarkeit in guten Werken sein. ‚Gute Werke‘ – wenn wir das heute hören, wird uns leicht, je nach Temperament, ein Lächeln oder ein Stirnrunzeln kommen. Aber wir sollten es uns auch da nicht zu einfach machen. Wir sollten hinschauen auf die Hungernden und Notleidenden, auf die hungernden Völker rundum in der ganzen Welt, dann wird uns vielleicht solches Lächeln schnell auf dem Mund ersterben. Denn dann wird uns bewusst werden, daß wir keinen gnädigen Gott haben können, solange wir satt sind und die anderen um uns hungern.