Die geistliche Vaterschaft des hl. Josef

von P. Josef Unglert


Dass der Wonnemonat Mai der allerseligsten Jungfrau Maria geweiht ist, wissen die meisten Gläubigen. Schließlich finden ja vielerorts die beliebten Maiandachten statt. Auch der Monat März hat seinen besonderen Patron: den hl. Josef. Am 19. März feiert die Kirche das Hochfest des Bräutigams der allerseligsten Jungfrau und des Nährvaters Christi. Ausgehend von diesem Fest, ist nach einer frommen Tradition der ganze Monat März dem hl. Josef anvertraut. Die Gläubigen sind gehalten in ihren privaten Andachten und Gebeten besonders den Nährvater Christi zu verehren, der nach Aussagen vieler Heiliger, z.B. hl. Theresia von Avila, zu den mächtigsten Fürsprechern im Himmel gehört. Die hl. Kirchenlehrerin schreibt u.a.: „Zu meinem Fürsprecher und Herrn erwählte ich den glorreichen heiligen Josef und empfahl mich ihm recht inständig. Und in der Tat, ich habe klar erkannt, daß dieser mein Vater und Herr es gewesen, der mich sowohl aus meiner damaligen Not als auch aus andern noch größeren Nöten, die meine Ehre und das Heil meiner Seele betrafen, gerettet und mir sogar mehr noch verschafft hat, als ich zu bitten gewußt. Ich erinnere mich nicht, ihn bis jetzt um etwas gebeten zu haben, was er mir nicht gewährt hätte.“

Unser Herr Jesus Christus ist für uns Maßstab und Urbild. Der Christ ist gerufen, ein alter Christus d.h. ein anderer Christus zu werden. Das, was der Herr uns vorgelebt hat, sollen wir nachahmen. Nun hat sich unser Herr Jesus Christus während seines verborgenen Lebens ganz in die Obhut des hl. Josef gegeben. Diesem Beispiel dürfen auch wir folgen. Voll Vertrauen dürfen wir uns unter den Schutz des hl. Josef stellen und uns ihm weihen, ihn als unseren geistlichen Vater erwählen.

Die Aussage Mariens, als sie den Jesusknaben im Tempel fand – „Warum hast du uns das angetan, siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht“ Lk 2,48 – lassen auf eine sehr vertraute Beziehung zwischen Christus und dem hl. Josef schließen. Dem dürfen auch wir uns anschließen. Christus hat uns durch die Taufe zu Kindern des himmlischen Vaters gemacht. Am Kreuz gab er seine heiligste Mutter der Menschheit zur Mutter. Es ist zwar nicht überliefert, dass er den hl. Josef uns zum Vater gegeben hat. Aber der hl. Josef vertrat vor Jesus Christus den himmlischen Vater. Christus hat ihn nicht nur als Ernährer angesehen, sondern auch als Vater geliebt und respektiert. Wenn Christus dies getan hat, dann sollten wir uns diesem Beispiel anschließen.

Der hl. Josef will auch uns Vater sein und ist gerade für die heutige Zeit ein hervorragender Patron und ein ermutigendes Beispiel.

Wir erleben heute eine Krise gelebter Vaterschaft. Wahre Männlichkeit scheint eine Seltenheit geworden zu sein. Der Feminismus zeigt sich hier mit schlimmen Folgen: wahre Ritterlichkeit und echte edle Männlichkeit werden bekämpft im Namen einer falsch verstandenen Freiheit. Dabei bilden doch gerade diese die Grundlagen für wahre Vaterschaft. Ohne wahre Vaterschaft kann eine Gesellschaft nicht funktionieren. Sie steht für Gerechtigkeit, Fürsorge, Liebe. Nicht ohne Grund beginnt das Gebet, das der Herr uns selbst gelehrt hat, mit den Worten: „Vater Unser …“ In den Evangelien wird der hl. Josef als „gerecht“ bezeichnet. Gerecht bedeutet in der alttestamentlichen Sprache soviel wie vollkommen. Der hl. Josef wird also in der heiligen Schrift als ein vollkommener Mann beschrieben, ein Vorbild wahrer Ritterlichkeit und edler Männlichkeit.

Der heilige Josef ist für uns Vorbild und Fürbitter am Throne Gottes zugleich. Wie die hl. Theresia bezeugt, hilft der hl. Josef in jeglicher Lage und erwirkt uns bei Gott noch mehr, als wir zu bitten wagen. Dieser große Heilige wird jedenfalls unser Vertrauen in vielfältigen Anliegen nicht enttäuschen.

Vorwort zum März-Rundbrief

Liebe Gläubige,

während die Beschlüsse auf der Synodenversammlung der „deutschen Katholiken“ in Frankfurt von  den meisten Medien und Kirchenfunktionären bejubelt werden, stellen sich in unseren Kreisen immer mehr Katholiken die Frage: „Ist das noch katholisch?“ Oder sind wir bereits in einer „zweiten Reformation“ angekommen? Diese Fragen sind berechtigt. Jeder kann die Beschlüsse in den verschiedenen Medien im Einzelnen nachlesen und eingehend studieren. Um die Widersprüche zur verbindlichen Lehre der Kirche in mehreren Punkten zu erkennen, braucht es kein Theologiestudium. Dafür genügt ein durchschnittliches Katechismuswissen. Das Erschütternde bei dem Ganzen ist, dass eine Mehrheit der deutschen Bischöfe hinter den Beschlüssen steht. Dabei hat jeder Bischof bei seiner Weihe vor Gott den Treueid abgelegt, nämlich den Glauben der Kirche unversehrt und unverfälscht zu bewahren. Bischöfe, die hingegen Zeugnis ablegen für den wahren Glauben, geraten zunehmend unter Beschuss und Rechtfertigungszwang. Verkehrte Welt. Es braucht nicht viel Fantasie, um zu sehen, wo dieser Weg endet. Im Moment haben jene, die an einer neuen Kirche basteln, welche „die Lehre der Kirche verändern“ wollen (Originalton von Bischof Bätzing am 30. Januar in einer Talkshow im ARD bei Anne Will), wenig zu fürchten. Rom ist zwar nicht mehr „so weit weg“ wie noch bei der Glaubensspaltung im 16. Jahrhundert, aber von dort ist zur Zeit nicht viel zu fürchten. Die Schwäche des augenblicklichen Pontifikats wird gnadenlos ausgenutzt, um im Eiltempo vollendete Tatsachen zu schaffen.

Und gleichzeitig wird der emeritierte Papst einer Diffamierungs- und Verleumdungskampagne unterzogen, die an Gemeinheit seinesgleichen sucht. Die Taktik ist klar: mit der Person von Papst Benedikt XVI. soll gleichzeitig seine theologische Ausrichtung diskreditiert werden. In dieser Schmutzkampagne tut sich ganz besonders der Münsteraner Kirchenrechtler Prof. Schüller hervor, der mit Blick auf einen redaktionellen Irrtum des 95-jährigen Ratzinger von einem „Lügengebäude“ spricht, das durch das umstrittene Münchner Gutachten der Kanzlei Wastl zusammengebrochen sei. Schlimmer gehts nimmer. Man muss konstatieren, dass wir spätestens mit der dritten Synodalversammlung in Frankfurt in verschiedener Hinsicht auf einem Tiefpunkt in der Geschichte des deutschen Katholizismus angekommen sind.

Selbst Martin Luther, der immerhin noch die Texte der Heiligen Schrift ernst genommen hat, stand dem christlichen Glauben näher als viele Synodalen. So war von einem „Lehramt der Betroffenen“ die Rede und von der „Lebenswirklichkeit“ als einer „Offenbarungsquelle“, die Vorrang vor der Schrift und Tradition haben soll. Solche Thesen, die viel Zustimmung erfahren haben, dokumentieren den Bruch mit christlichem Grundverständnis und erst recht mit der katholischen Lehre. In der „Tagespost“ vom 10. Februar schreibt Pfarrer Dr. Guido Rodheudt (Herzogenrath) in seinem Artikel „Farbenblind“ u.a.: „Lebenswirklichkeit“, als der in der Synodenhalle stets gerne verwandte Ersatzbegriff für den noch in der theologischen Geschäftsgrundlage des Orientierungstextes benutzten Konzilsterminus „Zeichen der Zeit“, wird damit zum entscheidenden Maßstab, an dem sich die Lehre zu orientieren hat. Die Synodalen sind der Auffassung, dass sich am Ende das, was eine Zeit hervorbringt, sich mit dem, was die Offenbarung zeigt, so verbindet, dass darin die Orientierung für die Menschheit liegt. Der langsame Abschied von der Vorstellung einer wahrheitsfähigen Erkenntnis, die unabhängig vom epochalen Wandel funktioniert, ist damit nun quasikirchenamtlich vollendet. Die Ungeschichtlichkeit der Wahrheit ist in Frankfurt per Knopfdruck abgewählt worden. Und in deren Folge auch eine heteronome Vorstellung von Moral, in der sich das Leben nach einer objektiven Ordnung zu richten hat, wenn es gut sein will. Die Anpassung der Sexualmoral an die Gegenwartsverhältnisse muss deswegen nicht wundern …“

Die Tagespost-Redakteurin Regina Einig kommentiert in derselben Ausgabe unter dem Titel: „Die deutsche Reformation 2.0“: „Durchgesetzt hat sich eine Akzeptanztheologie, die der säkularen Gesellschaft keine Angriffsfläche mehr bieten will. Mit dem Salz der Erde, das im Evangelium beschrieben wird, hat das nichts mehr zu tun. Luther wäre schockiert über die Relativierung der Schrift. Denn die Mehrheit favorisiert einen neuen Offenbarungsbegriff, der mit der Schöpfungsordnung bricht und Platz bietet für die Götzen der Gegenwart: von Gender und Gleichstellungspolitik über die Los-von-Rom-Theologie bis zur LGBTQ-Bewegung. Unklar bleibt, welchen theologischen Ort die Tradition im neuen Heilsplan noch haben soll, dessen Erkenntnismerkmale die Karikatur der Sakramente und die fehlende Hoffnung auf Erlösung sind …“

Liebe Leser, wir haben das Glück, hier in Köln noch einen Bischof und eine Bistumsleitung zu haben, die unser Vertrauen verdient und auf dem Boden der katholischen Lehre steht. Die Betonung liegt auf „noch“. Denn auch hier wird schon seit Monaten an den entsprechenden Stühlen gesägt. Wir können nur darum beten, dass Kardinal Woelki und seine treuen Mitarbeiter angesichts des medialen Trommelfeuers nicht resignieren und damit ein Kurswechsel erfolgt, der ganz auf Linie derer liegt, die an einer neuen, anderen Kirche basteln, wie sie in Frankfurt Gestalt angenommen hat. Die Hoffnung, dass Rom eingreift und dem „deutschen Spektakel“ ein Ende bereitet, ist leider gering. Da werden Parallelen zur Reformation im 16. Jahrhundert sichtbar. Auch damals hat man in Rom den Ernst der Lage nicht erkannt, sodass der hl. Petrus Canisius (1521-1597) in einem Brief aus dem Jahre 1567 an den Bischof von Würzburg konstatierte: „Petrus schläft und Judas wacht …“

Ich möchte Ihnen mit dieser Analyse nicht den Mut nehmen. Wir wissen, dass Christus seine Kirche nicht verlässt und die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden (vgl. Mt. 16,18). Aber wir müssen uns auf weitere schwere Jahre einstellen. Nach dem Zwischenhoch unter den Pontifikaten von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) und von Papst Benedikt XVI. (2005-2013) geht der Leidensweg glaubenstreuer Katholiken mit neuer Härte weiter. Die Priesterbruderschaft St. Petrus hat sich am 11. Februar, dem Tag der ersten Erscheinung Mariens 1858 in Lourdes, der hl. Gottesmutter geweiht. Viele Gläubige haben sich dieser Weihe angeschlossen. Auf ihrer Fürsprache ruhen unsere Hoffnungen. Bis sich ihre Verheißung erfüllt: „Am Ende wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren“, gilt es das Kreuz mit dem Herrn zu tragen, für Seine Kirche und in Seiner Kirche! Von ihr sich zu verabschieden ist jedenfalls keine Alternative. Das sollen wir jenen überlassen, die eine „neue Kirche“ wollen.

Es grüßt Sie im Gebet verbunden
Ihr P. Bernhard Gerstle FSSP


Foto: Kardinal Ratzinger während des Besuchs im Priesterseminar Wigratzbad, Ostern 1990