Die Überreichung des Rosenkranzes an den hl. Dominikus

von P. Miguel Stegmaier


„Du bist als Frau so groß und giltst so viel
daß, wer nach Gnade dürstend dich nicht anruft,
umsonst zu fliegen suchte, ohne Flügel.“
(Dante, Die göttliche Komödie, XXXIII, 13 – 15)

Im Anfang des 13. Jahrhunderts waren die religiöse und politische Verhältnisse in nördlichem Italien, Spanien und südlichen Frankreich überaus dekadent. Eine neue Sekte von Häretikern blühte in Languedoc (eine große Provinz im Süden Frankreichs), bekannte als Albigenser oder Katharer. Der fromme und kluge Papst Innozenz III. schickte Bischöfe, Prälaten und Priester nach Südfrankreich, um die zerstreute Herde der Gläubigen zu sammeln und zu suchen, was verloren war. Unter diesen Missionaren war der hl. Dominikus aus Spanien. Er war ein Förderer und Verbreiter des Rosenkranzgebetes, deswegen ist ihm der allergrößten Wahrscheinlichkeit nach die Einführung des Rosenkranzgebetes zu Ehren der Allerseligsten Jungfrau Maria zuzuschreiben.

Er war ein Mensch des intensiven Gebetes; täglich während der Nacht kniete er vor dem Bilde Mariens und flehte mit Bitten, mit Tränen, mit strengen Bußen ihre Mutterliebe um Erbarmen gegen das verirrte Volk an. Nach einer Legende und Tradition der Kirche im Jahr 1208 erschien ihm die Muttergottes, während des Gebets in der Kirche „Notre Dame de Prouille“ und tröstete ihn liebreich und sprach: „Dein Werk wird gelingen, halte nur die Leute mehr zum Beten an und erkläre ihnen die Glaubenslehre in recht einfacher, leicht verständlicher Sprache“; sie lehrte ihm angeblich den Psalter oder den großen Rosenkranz in 15 Gesetzlein mit 15 Betrachtungen über das Leben, Leiden und die Verherrlichung Jesu und seiner Mutter, ihm zu sagen, diese Waffe zu verwenden, um die Albigenser zu besiegen. Dank dieses Gebetes finden nach wie vor viele Sünder zum katholischen Glauben und rezitieren es, um Fürsprache zu erbitten und Gnade zu empfangen. Selbst die betrogenen Irrgläubigen (sog. Albigenser oder Katharer) verließen zum größten Teile das Irrtum und kehrten in den Schoß der katholischen Kirche zurück.

Ihre weltliche Macht wurde im Jahre 1213 in der blutigen Schlacht bei Muret (Garonne) durch den tapferen Grafen Simon IV von Montfort vernichtet. Unmittelbar nach dieser Schlacht errichteten die Bewohner von Muret in ihrer dem hl. Jakobus geweihten Kirche eine Kapelle und zierten dieselbe mit einem Muttergottesbild. Darauf erblickte man zur Linken der Muttergottes den Bischof Fulco von Toulouse und Simon von Montfort, während zu ihrer Rechten der hl. Dominikus kniet, der in seiner rechten Hand ein von Pfeilen durchbohrtes Kruzifix hält und mit der Linken den von Maria dargereichten Rosenkranz empfängt.

Dies ist der Ursprung des hl. Rosenkranzes, den wir heute noch unverändert besitzen und beten. Er stammt vom Himmel, er ist ein Geschenk unserer Mutter Maria; er ist beglaubigt durch seine übernatürliche Kraft, Wunden zu heilen, Trost zu verbreiten, mit Freude zu beglücken. Darum in jeder Mariens Erscheinung empfiehlt sie ihren Kindern dieses teure Gebet zum Lobpreis, zur Danksagung und für die Bitte um die Stützung und die Gnade Jesu. Endlich, im Rosenkranzgebet erweist der Betende Gott und der Gottesmutter seine Ehre.