Die Weihnachtsfeier in früherer Zeit

von P. Miguel Stegmaier und P. Marc Brüllingen

So wie man aus dem Gehalte eine Quelle, die aus tiefem Schoße der Erde hervorsprudelt, erkennen kann, was unten verborgen liegt, so offenbart sich auch in dem öffentlichen Leben eines Volkes, insbesondere in den Volksfesten, die nur die Blüten des Volkslebens sind, was im Gemüte des Volkes, in seinem ganzen Innern sich bewegt. Es spiegelt sich daher in solchen Volksfesten der ganze Charakter, die ganze Seele des Volkes ab.

Wenn die Volksfeste überhaupt die Blüten des Volkslebens sind, so muß man das Fest der hl. Weihnachten als die würzigste und duftigste dieser Blüten in deutschen Volkstum bezeichnen. Der Name kommt von dem altdeutschen „wy“, „heilig“, her; „heilige Nacht“ heißt er also. Merkwürdigerweise feierten schon die alten Deutschen um die nämliche Jahreszeit ihr Hauptfest, das Fest der Sonnenwende. Man dachte sich, daß die Sonne, die zu Ende Dezember am tiefsten steht, sich alsdann wieder verjünge, daß die gleichsam neugeboren werde. Die Perser, Ägypter und noch viele andere Völker des Altertums feierten ein ähnliches Fest. Unverkennbar liegt ein Walten der göttlichen Vorsehung darin, daß schon die heidnischen Völker um die nämliche Zeit ein Fest der Wiedergeburt feierten. Es war dadurch der Kirche erleichtert, an Stelle des heidnischen Festes sogleich das christliche zu setzten.

Schon drei Wochen vor Weihnachten, in den ersten Tagen des Advents, nahm das Fest gewissermaßen seinen Anfang mit den sog. Klöpfers-Tagen. Es zogen alsdann die Kinder in Begleitung der Greise des Orts, mit Stöcken und Schlegeln in der Hand, von Haus zu Haus, klopften damit an allen Haustüren an, sangen Weihnachtslieder, und wurden von den Hausleuten mit Gaben, bestehend in Brot, Früchten und dergleichen, reichlich beschenkt. Der letzte Besuch galt dem Pfarrer, der sie, umgeben von seinem Kaplan und Küster, empfing und jedes Kind mit einem Weihnachtsbildchen und einem Lebkuchen beschenkte. Die gesammelten Gaben wurden natürlich den ärmsten Kindern für ihre Eltern nachher überlassen. Die Grundbedeutung dieses Aufzuges war die Erinnerung an das Anklopfen und das Nachsuchen der Eltern Christi um eine Herberge zu Bethlehem.

Ein Zug der Mildtätigkeit und Sorge für die Armut durchwehte überhaupt und diese Zeit die ganze christliche Welt. Holz- und Jagdfrevel durften jetzt nicht bestraft werden. Der arme Mann durfte, wo er wollte, Holz fällen, damit er den Christbraten, den ihm Gott beschere, zubereiten könne.

Am Nachmittage vor dem heiligen Abende versammelten sich abermals die Kinder in einem öffentlichen Lokale. An einer Rolle, mitten im Zimmer oben angebracht, wurden Christwecken mittelst einer Schnur auf – und abgezogen, und von den Kindern wurde jauchzend und springend danach gehascht. Selbstredend spielten die Zieher der Schnur vor allen den ärmeren Kindern das Gebäck in die Hände.

Am heiligen Abende selbst wurde mit dem Glockenschlage sechs von allen Türmen „der Friede“ geläutet und von allen Toren der Städte herab in die Posaune gestoßen. Es war hiermit jedem, der in der Acht erklärt war oder sonst polizeilich verfolgt wurde, gestattet, frei und unbehelligt zu erscheinen und sich des Festes mitzuerfreuen. Er durfte bis zum Morgen des vierten Tages in der Gemeinde verweilen. Über den Mißbrauch dieser Freiheit sind höchst selten Klagen geführt worden. Ein schwacher Rest dieser alten schönen Sitten ist noch in unserer gegenwärtigen Gesetzgebung vorhanden, indem es nämlich verboten ist, an Sonn – und Festtagen jemand vorladen zu lassen.

Sobald nun, wie oben berichtet, um sechs Uhr abends das Friedensgeläute erklang, hatte alle Arbeit und jede Geschäftigkeit ein Ende. Es versammelten sich um den Hausvater vor dem durch eine Kerze beleuchteten Muttergottesbilde die Kinder und das ganze Hausgesinde. Es wurde gebetet und alte Weihnachtslieder gesungen, und hierauf ein einfaches Abendmahl genommen, in den ganz frommen Familien wurde strenge gefastet, sogar von den Kindern. Der Hausvater und die Hausmutter verharrten hierauf wieder mit einem Teile des Gesindes im Gebete bis kurz vor Mitternacht. Alsdann ward aus einer alten großen mit Samt belegten, künstlich bearbeiteten Dose die sog. Jericho-Rose hervorgeholt und in ein frisch mit Wasser gefülltes kristallenes Glas gesetzt. Diese Jericho-Rosen wachsen in Palästina, insbesondere am Jordanflusse, wild und wurden von den Kreuzfahrern als Andenken an die kriegerische Wallfahrt und das heilige Land mit nach Europa gebracht. Die kleinen Zweige der natürlich trockenen Krone breiten sich durch das frische Wasser und die Zimmerwärme etwas aus und schimmern, zu nicht geringem Erstaunen der frohen Kinder, etwas ins rötliche.

Nun begibt sich der Hausvater mit den schon erwachsenen Kindern und einem Teile des Hausgesindes in die Weihnachtsmesse. In derselben wird unmittelbar vor dem Anstimmen des Gloria durch den Priester durch zwölfmaliges lautes Anschlagen auf eine kleine silberne Glocke die Feststunde angedeutet, und es erschallt sodann durch die festlich erleuchteten Hallen der Kirche das „Ehre sei Gott in der Höhe!“

Nach Hause zurückgekehrt, erwartet die Hausgenossen ein kräftiges Frühstück, bestehend aus dem sog. Christbrote und aus Fleisch, das gemeinschaftlich verzehrt wird.

Um vier Uhr macht sich die Hausfrau mit den kleinen Kindern und den übrigen Hausgenossen auf den Weg zum zweiten feierlichen Hochamte, der sog. Hirtenmesse. In dieser zweiten Messe singt bloß das Volk; es singt nach alter Weise in den rührendsten Melodien die althergebrachten Weihnachtslieder.

Abermals erschallen die Glocken in den hellsten Tönen von allen Türmen der Stadt um neun Uhr. Es zieht der Hausvater seinen allerprächtigsten Staat an (denn es gab besondere Anzüge für die höchsten Feiertage), um mit aller Feierlichkeit dem letzten Hochamte beizuwohnen. Währenddes ist die daheimgebliebene Hausmutter äußerst rührig; mit feineren Getränken, mit Backwerk und Fleischspeisen werden die Tische so beladen, daß sie fast zusammenbrechen.

Gegen elf Uhr eilen nun in ihren Festkleidern nicht nur die auswärts verheirateten Söhne und Töchter, sondern auch die Mitglieder der ganzen Verwandtschaft bis zu den entferntesten herbei. Es finden sich auch die alten bewährten Hausfreunde ein, die treuen Bekannten und alle, die mit dem Hause in irgend einer Beziehung stehen, die Pächter, Arbeitsleute und dergleichen. Sie bringen dem Haupte der Familie ehrfurchtsvoll ihre Glückwünsche zu dem hohen Feste mit den Worten dar: „Wir wünschen ein glückseliges Fest!“ und nehmen von dem Hausherrn einen gleichen Glückwunsch entgegen. Die Vernachlässigung dieser so schönen Sitte wird als der sündhafteste Frevel und als die Erklärung einer immerwährenden Feindschaft angesehen. Auf solche Weise ward dieser Tag für manchen ein wahres Friedensfest, an welchem der Groll des bald dahinscheidenden Jahres vergessen und begraben wurde.

Nachmittags ward wieder die Kirche besucht und der übrige Teil des Abends still in der Familie zugebracht; denn der Besuch von Wirtshäusern an diesem Abende wurde als unchristlich betrachtet.

Erst am zweiten Tage war das gestattet. An demselben wurden vorzugsweise Turniere und Wettrennen gehalten. Was nur irgend reiten konnte, saß zu Pferde und machte seinen „Stephans-Ritt“.

Am dritten Tage endlich, am Johannestage, wurde der Wein des letzten Sommers getrunken; er hatte sich bis dahin so geklärt, daß er die Herzen der Anpflanzer erfreuen konnte.

(aus: „Münstersches Sonntagsblatt“ 1883; nach: Blütenkränze auf die Festtage Gottes und seiner Heiligen, herausgegeben von Reinhold Albers; ersten Teiles erster Band: Die gebotenen Festtage des Herrn; Paderborn, 1890; Druck und Verlag der Bonifatius-Druckerei)


Foto: Heike Hannah lux

Vorwort zum November-Rundbrief

Liebe Gläubige, Freunde und Wohltäter,

der Monat November trägt im kirchlichen Kontext auch den Namen „Allerseelenmonat“. Er beginnt jedoch mit dem Fest Allerheiligen. Hier dürfen wir einen tiefen Zusammenhang erkennen, denn sowohl das Fest „Allerheiligen“ wie auch der Gedenktag für die Armen Seelen im Fegfeuer erinnert uns daran, daß alles zu einer und derselben Kirche gehört: der leidenden, streitenden und triumphierenden Kirche. Wir erinnern uns an den Katechismusunterricht unserer Kinderzeit: die „streitende Kirche“ ist die Gemeinschaft der Christgläubigen auf der Erde. Unter der „leidenden Kirche“ verstehen wir die „Armen Seelen“ im Fegfeuer, also die Seelen, die im Jenseits noch eine Läuterung durchzumachen haben, weil sie noch nicht die Vollkommenheit erreicht haben, die nötig ist, für die Anschauung Gottes. Die „triumphierende Kirche“ schließlich ist die Gemeinschaft der Vollendeten, die sich bereits der Anschauung Gottes erfreuen. Dabei ist zu bedenken, daß so mancher Christ bereits hier auf der Erde sein Fegfeuer durchstehen muß. Und die „streitende Kirche“ ist immer auch eine leidende Kirche, wie wir nicht nur in unserer Zeit feststellen müssen – heute allerdings eher von innen, als von außen – doch auch dort, denn die Christen bilden die  weltweit am meisten verfolgte religiöse Gemeinschaft. Wir erhoffen uns von der triumphierenden Kirche, daß sie für uns eintritt und auch streitet. Denn das haben wir alle bitter nötig!

Am Allerseelentag denken wir alle in besonderer Weise an den Tod, der übrigens häufig vor unser inneres Auge treten sollte. Wie heißt es doch so realistisch, und doch schön, in Psalm 89, Vers 12: „(Herr), unsere Tage zu zählen, das lehre uns, damit wir ein weises Herz bekommen!“

Wir sollten aber auch sehen, daß der Gedenktag für die Armen Seelen kein Tag der Hoffnungslosigkeit ist! Denn für uns gläubige Christen gilt doch: „Mors portae vitae“ (Det Tod ist das Tor zum Leben). Durch die dunkle Pforte schreiten wir als Jünger Jesu in eine andere Welt, in der Gott „jede Träne abwischen wird von unseren Augen“, und „der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Jammer, noch Mühsal…“ Christus spricht: „Siehe, ich mache alles neu!“ (Offb. 21,4 f.)

Pater A. Fuisting


Bild: Ikone Allerheiligen | Foto: Heike Hannah Lux

Zum 5. Sonntag nach Pfingsten

(14.07.2019) / von Pater Marc Brüllingen

Erneut ist im heutigen Evangelium (Mt 5,20-24) die Rede von der Nächstenliebe. Es sind ernste, strenge Worte, die der Heiland an die Adresse der Pharisäer und Schriftgelehrten richtet. In der äußerlichen Erfüllung des Gesetzes, der peinlichen beobachtung all der bestimmungen der jüdischen Moral- und Ritualvorschriften sahen sie die „Gerechtigkeit“, die wahre Heiligkeit und höchste Vollkommenheit.

Dabei war ihr Herz voller Arglist, Bosheit und Falschheit, voller Grimm und Rachsucht gegen alle, die sie als ihre Feinde ansahen, besonders gegen den verhaßten Galiläer. Ihm, der sie bis auf den Grund ihrer heimtückischen Seele erkannte und durchschaute und sich auch nicht scheute, sie vor allem Volke anzuprangern, wie sie’s verdienten, hatten sie unversöhnliche Feindschaft geschworen!

So verstehen wir denn die Warnung Jesu an das Volk: „Wenn euere Gerechtigkeit nicht vollkommener ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr nicht ins Himmelreich eingehen!“ Man muß eben die Mentalität, die ganze geistige Verfassung der damaligen Juden, insbesondere der Pharisäer und Schriftgelehrten richtig kennen, um den Sinn dieser Worte voll und ganz zu erfassen.

Wer den Haß gegen den Feind zum obersten Gesetze macht, der sieht alles als erlaubt an, jedes Mittel, den Feind zu verderben, die Rache zu kühlen: List, Heuchelei, Verstellung, Lüge und Verleumdung. Wie meisterhaft haben eben dieselben Pharisäer und Schriftgelehrten diese „Kunst“ verstanden, als es galt, ihren größten Feind, Jesum von Nazareth, zu Fall zu bringen!

So werden auch die Worte umso verständlicher, die Christus zur Erläuterung und zur Illustrierung des Gesagten beifügt: „Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt worden: Du sollst nicht töten! Wenn einer tötet, ist er dem Gericht verfallen. Ich aber sage euch: Wer über seinen Bruder zürnt, ist dem Gerichte verfallen!“

Wie weit strenger ist doch seine Forderung wahrer Nächstenliebe! Nicht bloß die Tat, nein, auch schon der Gedanke und der Wille, dem Nächsten zu schaden, ist eine Sünde. Und er geht noch weiter: Selbst jedes Schimpfwort, jede Beleidigung und Kränkung des Mitmenschen verdient Strafe Gottes! Sind doch alle Menschen unsere Brüder, weil Gott unser aller Vater ist, der im Himmel wohnt!

Und so ergibt sich daraus von selbst die Mahnung aus dem Munde Jesu: „Wenn du also deine Gabe zum Altare bringst und dich daselbst erinnerst, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, so lasse deine Gabe dort vor dem Altare und gehe hin, versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe!“

Wichtiger noch und wohlgefälliger als die Opfergabe, das will der Heiland besagen, ist in den Augen Gottes, des Allwissenden und Allgerechten, die Erfüllung seines Gebotes: Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst! Er, vor dessen allgegenwärtigem Auge nichts verborgen ist, der Herz und Nieren durchforscht und hineinschaut bis in die geheimsten Falten der Seele, sieht vor allem auf die Gesinnung des Herzens und spricht danach sein Urteil über den Menschen.

Und dies sein Urteil bleibt unabänderlich, unwiderruflich. Denn vor Gott dem Herrn gilt kein Ansehen der Person. Was immer der Mensch Böses denkt und sagt von seinem Nebenmenschen, was er gegen ihn tut und unternimmt, findet seinen strengen, unerbittlichen Richter, wenn nicht hienieden schon, so doch in der Ewigkeit!

Wie der göttliche Heiland dies sein Gebot verstanden haben will, hat er unzweideutig erklärt: „Ihr wisst, daß den Alten gesagt wurde. Hasset eure Feinde! Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde! Tut Gutes denen, die euch hassen, betet für jene, die euch verfolgen und verleumden, damit ihr Kinder dessen seid, der seine Sonne aufgehen läßt über Gute und Böse und regnen läßt über Gerechte und Ungerechte!“

Wer Haß und Feindschaft im Herzen trägt wider seinen Nächsten, belügt sich selbst, wenn er zum Vater betet, der im Himmel ist: „Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern!“ Derjenige, der diese Bitte uns gelehrt, hat uns durch sein Beispiel gezeigt, wie sie auch in die Tat umzusetzen ist, dadurch, daß wir dem Nächsten von Herzen verzeihen. Denn nur dann dürfen wir auch Vergebung erhoffen für unsere eigenen Sünden.

An Großmut läßt sich Gott wahrlich von niemandem übertreffen. Und nur wer großmütig verzeiht, ist seiner auch würdig. Darin unterscheidet sich das Christentum vom Heidentum, dem alten und neuen, sowie den anderen Religionen, auch der jüdischen, daß es die Religion der Liebe und Versöhnung ist: „Daran sollen sie euch erkennen, daß ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebet, wie ich euch geliebt habe!“

(nach: August Schmidlin, Empor die Herzen – Lesungen für die Sonn – und Festtage des Kirchenjahres; 1941, Verlagsbuchhandlung zum Münster, A.G., Straßburg)

Die Heiligen – Freunde Gottes und Helfer der Menschen

von Pater Marc Brüllingen


Der Monat November ist vielen von uns als Allerseelenmonat bekannt. Doch beginnt der Monat November mit dem Fest Allerheiligen, an dem die Kirche alle Heiligen im  Himmel verehrt. Aber, wann ist ein Mensch ein Heiliger? Wann wird jemand als Heiliger verehrt?

Zunächst einmal muß festgestellt werden: Gott ist der Allheilige. Es ist das Wesen des höchsten Gutes und der höchsten Güte, sich selbst gemäß, d.h. heilig zu sein. Gott ist auch der Urheilige, der vernunftbegabte Geschöpfe über die Möglichkeiten ihrer geschöpflichen Ordnung hinaushebt in eine übernatürliche und sie sich selbst gemäß macht und angleicht, sie heilig macht.

Jedes vernünftige Geschöpf strebt zwar kraft seines Wesens nach Gott, seinem Ursprung, um in ihm Ruhe und Heimat zu finden. Aber welches Geschöpf dürfte wohl wagen, wie Gott sein zu wollen und sich eindrängen in das persönliche Leben Gottes? Das Geschöpf kann sich seinen Platz nicht wählen in der göttlichen Sphäre seines Schöpfers. Aber der Schöpfer kann – aus  Gnade – das Geschöpf teilhaben lassen an seinem eigenen Leben. Und da Leben bei dem höchsten Geiste Erkennen und Lieben ist, muß der geschaffene Geist, der an seinem Leben teilhaben will, in seinem Erkennen dem göttlichen Geiste angeglichen werden. Der übernatürliche Glaube, der in Schauen übergeht, und der Mensch muß dem göttlichen Lieben gleichförmig werden durch jene Liebe, welche der Geist der Liebe, der ausgegossen ist in unsere Herzen, bewirkt.

Der Mensch wird so gottförmig. Er wird vergöttlicht, ohne aufzuhören, ein Mensch zu sein. Es gibt Menschen, über deren Leben und Sterben die katholische Kirche die Sicherheit hat, daß Gott schon auf Erden in ihnen alles geworden ist. Solche Mitglieder anerkennt die Kirche öffentlich als Heilige und ehrt sie durch diesen Titel. Von ihnen behauptet die Kirche, daß sie in der Anschauung Gottes selig sind und daß sie als Freunde Gottes unsere Fürbitter sind. Darum empfiehlt sie, die Heiligen zu verehren, wohl wissend, daß die Verehrung der Heiligen im Grunde den ehrt, der die Quelle ihrer Heiligkeit ist, den Allheiligen, von dem sie selbst nur ein Abglanz sind.

Die Heiligen sind nicht selbstleuchtend wie die Sonne, sie glänzen vom Lichte Gottes, von dem alle Heiligkeit ausgeht und auf den alle Heiligenverehrung zurückzielt. Die Kirche läßt eine öffentliche Verehrung, also eine Verehrung im kirchlichen Gottesdienst, nur zu nach vorhergegangener kirchlicher Prüfung. Eine solche Prüfung fand bereits in der altchristlichen Zeit bei den Märtyrern statt. Man nannte die Anerkennung des Martyriums durch den Bischof oder durch Synoden vindicatio; die Märtyrer, deren Verehrung gestattet war, hießen Martyres  vindicati. Das waren solche, die durch ihren Tod öffentlich Zeugnis für Christus abgelegt hatten. Die Namen der anerkannten Märtyrer wurden beim Gottesdienst verlesen.

Die Namen der Märtyrer eines Ortes, deren Andenken gefeiert werden sollte, waren auf Täfelchen, den sogenannten Diptychen, aufgezeichnet. Zu diesen setzte man auch die Namen anderer berühmter Märtyrer, die man wegen des Glanzes ihres Martyriums oder des Rufes ihrer Heiligkeit und ihrer Wunder verehren wollte. Auf diesen Brauch weisen heute noch Gebete des römischen Meßkanons hin. Die Berichte über den Tod der Märtyrer gingen um und wurden beim Gottesdienst häufig vorgelesen. Dadurch wurde ihre Verehrung stark ausgebreitet.

Die Kirche hatte nach der Märtyrerzeit zunächst gezögert, auch Nichtmärtyrer öffentlich als Heilige zu verehren.Aber die Verehrung, welche der hl. Antonius der Einsiedler und andere große Gestalten des Mönchtums im Morgenland, die der hl. Martin von Tours und andere nach ihm im Abendland fanden, konnte nicht nur auf die private Frömmigkeit beschränkt bleiben. Bald war  es allgemeine Überzeugung, daß es, wie Isidor von Sevilla (+ 636 schreibt, zwei Arten von Märtyrern gibt: „Die einen legen vor aller Augen Zeugnis ab durch ihr Todesleiden, die andern bezeugen Gott durch die verborgene Tugend ihrer Seele. Manche haben den Anschlägen des Teufels widerstanden, haben sich nicht überwinden lassen durch das Gelüsten des Fleisches und haben sich so dem allmächtigen Gott geopfert, daß sie Zeugen Gottes wurden, als die Kirche Frieden hatte, wie sie Blutzeugen geworden wären, wenn sie Verfolgung zu leiden gehabt hätten.“ Das Wort confessor, Bekenner, wurde in jener Zeit der Ehrentitel jener Nichtmärtyrer, deren Heiligkeit die Kirche anerkennen wollte. Die feierliche Zuerkennung der öffentlichen  Verehrung gab dem Bekenner, der Jungfrau oder der Witwe, das sind die beiden anderen Stände, die man bei den Heiligen unterschied, was bei jedem anerkannten Märtyrer Sitte war, daß nämlich über seinem Grabe das eucharistische Opfer gefeiert werden durfte. Sie fand ihren Ausdruck darin, daß die Gebeine des neuen Heiligen gehoben und unter einem Altare beigesetzt  wurden.

Die Seligsprechung, welche die Vorstufe zur Heiligssprechung ist, wird dann vorgenommen, wenn durch die Kirche festgestellt worden ist, dass der Diener Gottes von heroischer Tugendgröße gewesen ist und daß Gott auf seine Fürbitte Wunder gewirkt hat. Können nach der Seligsprechung zwei weitere Wunder bewiesen werden oder drei, falls der Diener Gottes rechtmäßig eine öffentliche Verehrung seit unvordenklicher Zeit genoß, dann erfolgt die Heiligsprechung. Bei den Martyrern genügt zur Seligsprechung der Nachweis des Martyriums als Beweis heroischer Tugendgröße. Die Seligsprechung hat nur vorläufigen Charakter. Sie zielt hin auf die Heiligsprechung (= Kanonisation), die sie vorbereitet. Die Seligsprechung gibt die Erlaubnis zu einer nach Ort und Umfang beschränkten öffentlichen Verehrung.

Dagegen fällt bei der Heiligsprechung der Heilige Vater als oberster Lehrer der Christenheit sein letztes, allgemein geltendes und allgemein bindendes Urteil: “Dieser Selige ist ein Heiliger, ich nehme ihn auf in die Zahl der Heiligen, und er hat Anspruch auf Verehrung in der ganzen Kirche.“


Bild: Ikone Allerheiligen | Foto: Heike Hannah Lux

Pfingsten

von P. Marc Brüllingen


Pfingsten ist das Fest des Hl. Geistes. Christus selbst kündigt mehrere Male den Hl. Geist als Tröster, als Geist der Wahrheit an, der uns an die Wahrheit erinnern soll, an das Heilsereignis der Auferstehung und der Himmelfahrt Jesu Christi und somit an unsere eigene Erlösung.

Das Kommen des Hl. Geistes an Pfingsten bedeutet für unser Leben, daß der Hl. Geist nicht in einem Tempel aus Stein, sondern in lebendigen, liebenden Herzen wohnt. Diese innere Gegenwart Gottes wird uns gegeben als Lebenskeim und Lebenskraft, mächtiger und göttlicher als seine Gegenwart im Tempel von Jerusalem.

Der Hl. Geist ist aber auch Kraft und Beistand für die Gläubigen, um den täglichen Kampf gegen das Böse zu bestehen. Die Aufgabe des Hl. Geistes wird im Johannesevangelium als eine dreifache geschildert. Es vollzieht sich gewissermaßen ein Prozeß vor Gericht. Der Hl. Geist führt diesen Prozeß zu einem sieghaften Ende.

Der Hl. Geist überführt die Welt, daß es eine Sünde gibt.

Das zeigt sich vor allem darin, daß die Verurteilung und Kreuzigung Jesu als Sünde sichtbar gemacht wird durch die Auferstehung und das Weiterleben des Herrn. Denn immer wieder wird es sich zeigen, daß der Unglaube zu Unmoral führt und die Unmoral letztlich das menschliche Leben zerstört oder unmöglich macht.

Das Einzelleben bis zum Selbstmord oder auf alle Fälle zur innerlichen Unzufriedenheit. Das Familienleben zum Zerfall und zur Unfruchtbarkeit, das Völkerleben zu Katastrophen, Revolutionen und Kriegen.

Das Geistesleben zu Materialismus, Individualismus, Selbstüberhebung, zu bloßer Zivilisation anstelle der Kultur usw. Wer sich dem Wirken des Hl. Geistes öffnet, hat den Blick dafür und beobachtet diese ständige Überführung, diesen Nachweis der Sündhaftigkeit und der Schuld.

Der Hl. Geist zeigt auch, daß es eine Gerechtigkeit gibt.

Wieder zuerst bei Christus. Er ist zu Unrecht verurteilt und getötet worden, aber der Vater hat ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen durch die Auferweckung und die Herrlichkeit. Damit wissen die Jünger und auch wir, daß das Recht doch letztlich siegt. Auch das wird weitergehen durch den Lauf der Kirchengeschichte. Das Unrecht wird für den Augenblick immer oder wenigstens häufig groß dastehen. Es hat die Macht auf seiner Seite, den Erfolg, die Anhängerschaft fühlt sich erhaben über alle moralischen Forderungen, behauptet richtig und gerecht zu handeln.

Aber der Hl. Geist zeigt immer wieder im Ablauf der Ereignisse, daß das Unrecht auf die Dauer unterliegt und immer wieder Trümmer und Ruinen zurückläßt. Und selbst, wenn die Weltgeschichte nicht das Weltgericht ist, so weiß der Gläubige durch den Hl. Geist, daß am Ende der Zeiten die Gerechtigkeit ihren Triumph feiern wird und daß aller Welt sichtbar gemacht wird, auf welcher Seite das Recht gestanden hat.

Endlich zeigt der Hl. Geist, daß es ein Gericht gibt.

Wieder zeigt es sich zuerst bei Christus. Denn das Volk, das den Herrn verworfen hat, wird selbst verworfen, sein Tempel wird zerstört, das Volk zersprengt. Es hat sich das Gericht selbst zugezogen.

Aber auch hier geht es weiter durch den Lauf der Geschichte. Es gibt ein Gericht, weil der Einzelmensch im Innersten immer wieder vor dem Gericht seines Gewissens und damit vor Gott steht.

Ein Gericht auch in dem Sinn, daß die Menschheit auf die Dauer sieht, wohin die Sünde führt, und dann doch schließlich ein richtendes Wort über die Scheingröße der Zerstörung spricht. Und auch hier ist das Wirken des Hl. Geistes letztlich Hinweis auf das Endgericht am Ende der Tage. Dann macht der Geist Gottes allen sichtbar, wo Sünde und Unrecht war.

Darum schreitet der gläubige Mensch ruhig durch allen Haß, alle Bosheit, alle Sündhaftigkeit und alle Triumphe des Bösen hindurch. Er hat durch das Licht des Hl. Geistes, durch das Wort des Glaubens, durch die Offenbarung Gottes ein sicheres Urteil und läßt sich nicht von der Meinung der Masse beeindrucken und bestimmen. Etwas Geradliniges, Ruhiges, Unbestechliches und Sicheres ist damit für die Haltung des Christen gegeben.

(nach:  Richard Gutzwiller, Meditationen über Johannes, Benziger Verlag Einsiedeln Zürich Köln, 1958)


Bild: Ikone Ausgießung des Hl. Geistes | Foto: Heike Hannah Lux

Die Emmausjünger

Ostermontag

von P. Marc Brüllingen


Die erste Erscheinung des auferstandenen Herrn, von der der hl. Evangelist Lukas berichtet, erfolgt an die Jünger von Emmaus. Dieser Bericht ist besonders ausführlich gestaltet und zeichnet den Übergang von der Trauer der Verlassenen zur Freude der Besitzenden, jenen Übergang, der sich durch die Auferstehung des Herrn nicht nur bei den Emmausjüngern, sondern bei allen gläubigen Menschen vollzieht.

Diese Jünger sind keine Ungläubigen, die von Jesus nie gehört haben. Auch keine Ungläubigen, die zwar von Jesus gehört, seine Botschaft aber nicht angenommen haben. Sie haben ihn erkannt als „Prophet, mächtig in Wort und Tat vor Gott und allem Volk“. Darüber hinaus haben sie ihn erfaßt als den, der „Israel erlösen wird“. Aber diese Menschen sind durch das Leiden an ihrem Glauben irre geworden. Ein gekreuzigter Erlöser ist ihnen etwas Unfaßliches. Sie werden mit dieser Tatsache innerlich nicht fertig. An die Auferstehung glauben sie nicht. Sie haben die Meldung der Frauen noch gehört, aber sie nehmen diese Botschaft nicht an. Die Tatsache des Kreuzes hat sie völlig verwirrt, und zwar so sehr, daß sie nun bereits Jerusalem verlassen und als Enttäuschte ihre Hoffnung aufgeben.

Das Leiden ist immer wieder der Stein des Anstoßes, das große Ärgernis, das, was die Menschen in ihrem Gottesglauben unsicher macht. Sie können es mit dem Glauben an die Macht und Liebe Gottes nicht vereinbaren. Und so führt sie das Leiden von der vermeintlichen Täuschung ihres Kinderglaubens über die Enttäuschung, die das harte Leben mit sich bringt, zum ernüchterten, illusionslosen Unglauben. Der Weg der Emmausjünger, fort von Jerusalem, ist der Weg, den viele Tausende gehen.

Jesus erklärt ihnen die Schrift. Und aus der Schrift den Sinn des Leidens als großen Heilsplan Gottes. „Ihr Unverständigen, wie schwer wird es euren Herzen, all das zu glauben, was die Propheten gesagt haben. Mußte denn nicht der Messias das leiden und so in seine Herrlichkeit eingehen?“ Leiden und Kreuz des gesalbten Jahwes entspricht dem geheimnisvollen Plan Gottes. Und dieser Plan Gottes ist aus der Schrift ersichtlich. „Er begann mit Moses und allen Propheten und legte ihnen aus, was in allen Schriften von ihm gesagt wird.“ Daraus ist ersichtlich, daß richtige Exegese (= Auslegung der Hl. Schrift) christologisch ist. Ausdrücklich wird gesagt, daß sogar Moses wie alle Propheten, ja sogar „alle Schriften“ vom Messias handeln. Christologische Exegese, christozentrische Erklärung des Alten Testamentes ist durch Christus selbst grundgelegt und gerechtfertigt. Nur wer diese Schrifterklärung vornimmt, versteht den eigentlichen Sinn der Heiligen Schrift. Jede andere Bibelauslegung bleibt am äußeren Wortlaut hängen und verschließt sich das Verständnis für das innerste Geheimnis und den tiefsten Sinn der Schrift.

Darüber hinaus offenbart sich Jesus noch persönlich im Brotbrechen. „Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn.“ Zur Schrifterklärung kommt das Geheimnis des Brotbrechens und in beidem die Selbstmitteilung als die eigentliche Offenbarung, durch die Christus sich selbst kundtut. Der Mensch kann studieren, nachdenken, forschen und beten. Es ist trotzdem letztlich Gnade Gottes, wenn sich Christus ihm kundtut. Ohne diese Selbstmitteilung des Herrn bleiben die Augen gehalten. Und erst wenn der Herr sich zu erkennen gibt, vollzieht sich das gleiche wie bei den Emmaujüngern: „Es gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn.“ Brotbrechen ist Tischgemeinschaft mit Christus. Nur wen der Herr zu dieser Tischgemeinschaft ruft, erkennt ihn richtig.

Schon bevor die Emmausjünger ihn erkannten, war er in ihrer Mitte, und schon da war die Wirkung spürbar. „Brannte nicht unser Herz, als er auf dem Weg zu uns sprach, und als er uns die Schrift erklärte?“ Es geht ein geheimnisvolles Feuer von Christus aus. Verbundenheit mit Christus bewirkt ein brennendes Herz. Und ohne Christus sind die Herzen kalt und erloschen.

Die Wirkung der Erkenntnis Jesu ist bei den Jüngern geradezu handgreiflich: „Noch in der gleichen Stunde machten sie sich auf und kehrten nach Jerusalem zurück.“ Es vollzieht sich die Wendung um 180 Grad, die Wendung von der Betrübnis zur Freude, von der Hoffnungslosigkeit zur Hoffnung, vom Weglaufen an die Peripherie zur Hinwendung in die Mitte aller Dinge. Von der verzagten Mutlosigkeit zu freudigem Vertrauen. Wie die Emmausjünger zu den Elfen im Abendmahlssaal kommen, erfahren sie von diesen, daß der Herr dem Simon erschienen ist. Die gegenseitigen Berichte bestätigen somit die gleiche entscheidende Tatsache: Daß wahrhaftig der Herr auferweckt sei! So ist der Bericht der Emmausjünger die Zeichnung des Lebens ohne den Herrn, das Eingreifen des Herrn und das völlig veränderte Leben mit dem Herrn. Zum Staunen über das leere Grab, zur Botschaft der Engel über die Auferstehung kommt als eigentliche Erfüllung der Herr selbst, der sich den Seinen kundtut, zuerst nur dem einen Simon und den zwei Emmausjüngern, dann aber sämtlichen versammelten Aposteln.

(nach: Richard Gutzwiller, Meditationen über Lukas, Bd. II, Bonner Buchgemeinde, 1954)

 

Zum ersten Passionssonntag

von P. Marc Brüllingen


Mit der Passionszeit treten wir in einen neuen Abschnitt der Fastenzeit ein. Äußerlich wird dies durch das Verhüllen der Kreuze sowie der Heiligenfiguren und der Heiligenbilder sichtbar. Das „Gloria Patri“, der Lobpreis an die allerheiligste Dreifaltigkeit entfällt im Introitus und ebenso am Ende des Lavabo-Psalmes. Auch das Stufengebet am Anfang der hl. Messe ist verkürzt.

Auch an den Meßtexten läßt sich erkennen, daß der leidende Heiland immer mehr in den Vordergrund rückt, besonders im Evangelium, wo der Gegensatz zwischen Christus und dem auserwählten Volk Israel immer deutlicher hervortritt.

Im Evangelium des ersten Passionssonntags hören wir, daß Jesus den Kindern Abrahams die Freiheit bringt. Das Gespräch bewegt sich um folgende Gedanken: Die Juden betrachten sich als Söhne Abrahams aus Sarah und darum als Freie. Jesus zeigt ihnen, daß sie Sklaven sind und nicht Kinder Abrahams, sondern Söhne des Teufels. Er selbst dagegen ist mehr als ein Sohn Abrahams, er ist Sohn Gottes. Darum hat Abraham in die Zukunft blickend sich gefreut, seinen Tag zu schauen. Damit ist der Gegensatz scharf herausgearbeitet. Die Teufelsbrut, die an die Sünde versklavt ist, einerseits, und der Sohn Gottes, der die freimachende Wahrheit bringt, anderseits. Das Gespräch ist nicht logisch gebaut, sondern es ist das lebendige Hin und Her einer heftigen, zum Schluß geradezu leidenschaftlichen Diskussion. Immerhin ist insofern eine Entwicklung festzustellen, daß zuerst mehr vom Motiv der Freiheit im Gegensatz zur Sklaverei, dann vom Motiv der Kindschaft Abrahams im Gegensatz zur Teufelsbrut die Rede ist.

Jesus beginnt mit der Mitteilung „Die Wahrheit wird euch freimachen“. Die Juden betonen, daß sie nie Sklaven gewesen seien, sondern als Kinder Abrahams freie Menschen seien. Aber Jesu redet nicht von der sozialen und politischen Freiheit, sondern von der inneren, seelischen Freiheit. Sie sind Sklaven der Sünde. Freiwerden können sie nur, wenn der Sohn, der über das Haus verfügt, ihnen die Freiheit schenkt. „Wenn der Sohn euch freimacht, werdet ihr wirklich frei sein.“ Der Mensch kann äußerlich die Freiheit lieben und doch innerlich versklavt sein. Er kann umgekehrt äußerlich in Knechtschaft leben und doch innerlich frei sein. Vor Gott zählt nur die innere Freiheit des Herzens. Diese zu bringen, ist Christus gekommen. Und gerade sie fehlt den jüdischen Führern.

Und nun dreht sich das Gespräch um die Kindschaft Abrahams. Die Juden berufen sich darauf, daß sie Söhne Abrahams seien. Christus erwidert ihnen, daß sie dann auch die Werke Abrahams tun, d. h. einen Abrahamsglauben besitzen müßten. Sie tun aber das Gegenteil. Nicht bloß sind sie ungläubig, sondern sie trachten Jesus geradezu nach dem Leben. Damit beweisen sie, daß sie Kinder desjenigen sind, der ein „Mörder von Anbeginn“ ist, Kinder des Teufels. Nicht Abraham ist ihr Vater, sondern der Teufel. „Ihr stammt vom Teufel als eurem Vater und wollt nach den Gelüsten eures Vaters handeln. Er war ein Mörder von Anbeginn.“ Darum können sie auch nicht zum Glauben kommen, denn „er ist ein Lügner und der Vater der Lüge. Weil ich aber die Wahrheit rede, glaubt ihr mir nicht.“ Die Juden antworten, indem sie nun umgekehrt ihn als einen vom Teufel Besessenen betrachten und behandeln. Damit ist das Nein ihres Glaubens zu einem direkten Angriff, ja zu einer Lästerung geworden. Die Brut des Teufels lästert den Sohn Gottes. Anstatt ihn zu ehren, schmähen sie ihn.

Aber nun führt Jesus den Gedanken weiter. Während sie Kinder des Mörders von Anbeginn sind, ist er der Bringer ewigen Lebens. „Wenn jemand mein Wort befolgt, wird er in Ewigkeit den Tod nicht schauen.“ Ihre Schmähung kann ihm nichts anhaben, denn er wird vom Vater im Himmel geehrt. Weil er Sohn Gottes ist, ist er mehr als Abraham. „Abraham frohlockte, daß er meinen Tag sehen sollte. Er sah ihn und freute sich.“ Das Gespräch schließt mit dem ungeheuren Satz Christi: „Ehe Abraham ward, bin ich.“ Er ist also überzeitlich, denn er war schon vor Abraham, ja nicht nur, er war, sondern er ist, und zwar ständig; er ist schlechthin der Seiende. Die Juden verstehen durchaus, was er damit sagen will, daß er sich nämlich über die bloß menschliche Daseinsweise erhebt und sich ein göttliches Sein zuspricht. Darum heben sie Steine auf, um ihn zu steinigen. Damit ist das Gespräch zu Ende. Von der Auseinandersetzung um Wahrheit und Freiheit erhob es sich zur Frage nach der Kindschaft Abrahams, spitzte sich zu zur Kindschaft Gottes einerseits und zur Nachkommenschaft des Teufels anderseits und damit auf der einen Seite zum ewigen Leben, auf der andern zur Mordgier.

Die Führer der Juden sind Sklaven der Sünde, haben darum weder die Wahrheit noch die Freiheit. Sie sind nicht Kinder Abrahams, sondern Söhne des Teufels. Darum haben sie keinen Glauben, sondern folgen der Lüge, dem Haß und dem Willen zum Mord. Jesus dagegen ist Sohn Gottes, besitzt darum die Wahrheit und die Freiheit, ist höher als Abraham, gibt ewiges Leben, weil er selbst der ewig seiende und lebendige Sohn Gottes ist. So ist eine immer weiter schreitende Selbstoffenbarung Anlaß zu einer immer weiter greifenden Ablehnung, bis zum Versuch einer unmittelbaren und sofortigen Steinigung. Der Abschnitt schließt mit dem Satz: „Jesus verbarg sich und ging aus dem Tempel hinaus.“

So endet das Fest mit schrillem Mißklang. Das Licht leuchtet in der Finsternis, aber die Finsternis hat es nicht erfaßt. Das Wasser sprudelt als lebendiger Quell aus dem Herzen des Herrn, aber die Menschen wollen nicht daraus schöpfen. Er will ihnen Leben bringen, aber sie wollen seinen Tod. Sie hätten ihn als die Erfüllung des Laubhüttenfestes mit Jubel begrüßen müssen, aber sie werfen Steine nach ihm. Er muß sich verbergen und den Tempel verlassen. Und doch ist die Selbstoffenbarung des Herrn nicht zu Ende.

(nach: Richard Gutzwiller, Meditationen über Johannes, Benziger Verlag Einsiedeln, 1958)

Aus den Tiefen …

von P. Andreas Fuisting

Nun stehen wir bereits in der Vorfastenzeit, mit der die Vorbereitung auf das höchste Fest des Kirchenjahres begonnen hat: Ostern, die Feier unserer Erlösung. Drei Sonntage gehen der 40tägigen Fastenzeit voraus, die Sonntage Septuagesima, Sexagesima und Quinquagesima, was bedeutet der siebzigste, sechzigste und fünfzigste Tag vor Ostern. (Die Zahlen sind abgerundet, weil der folgende Sonntag Quadragesima genannt wird).

Die drei Vorfastensonntage sind eine Einladung Gottes: „Geht in meinen Weinberg“, „lauft in der Rennbahn“, damit ihr den Siegespreis erlangt. Wir erhalten die Aufgabe das Samenkorn des Wortes Gottes in den Ackergrund der Seele zu legen, damit es aufgeht und Frucht bringt. Was wir an Mühen und Opfern aufbringen in Vorfasten- und Fastenzeit ist auf Ostern gerichtet, wo wir, erleuchtet durch die Taufgnade, mit Christus zu neuem Leben auferstehen sollen.

Zuvor aber gehen wir nun wie durch eine Vorhalle auf die Fastenzeit zu. Das erste, was die Kirche uns dabei zum Bewußtsein bringen will, ist, daß wir Sünder, Gefallene sind, die hilfsbedürftig, arm und ohnmächtig, nicht aus eigener Kraft aus der Not der Seele herauskommen können. „Aus den Tiefen rufe ich, o Herr, zu dir, Herr erhör mein Rufen.“ Als gläubige Christen muß uns in dieser Zeit die starke Hoffnung beseelen, daß wir, nachdem wir uns in Reue und Buße dem lebendigen Gott wieder zugewandt haben unseren Lohn erhalten werden, weil Gott in seiner unendlichen Liebe dem Reumütigen sein Erbarmen schenkt.

Seit Septuagesima schweigt im Gebet der Kirche das Alleluja. Erst in der Osternacht erklingt es wieder. Ein mittelalterlicher Liturgiker sagt dazu: „Wir stellen das Alleluja ein, das die Engel singen, weil wir, durch die Sünde Adams von der Gesellschaft der Engel ausgeschlossen, im Babylon des Erdenlebens dasitzen an den Bächen und weinen beim Gedanken Sions; und wie die Söhne Israels im fremden Land die Harfen an die Weiden hängten, so müssen wir den Allelujagesang zur Zeit der Trauer in Buße und Bitterkeit des Herzens vergessen.“

Unbefleckte Empfängnis

8. Dezember
von P. Marc Brüllingen


Die „Unbefleckte Empfängnis“ ist ein Privileg Mariens in bezug auf ihre Seele. Es wurde nie ernsthaft bestritten, daß bei Maria irgendeine Form von antizipierter Heiligung stattgefunden hat. Ähnlich wie beim hl. Johannes dem Täufer (Lk 1,15) dachte man an eine Heiligung vor der Geburt im Mutterschoß.

Seit dem 12. Jahrhundert wurde die Frage diskutiert, ob Maria nur vor der Geburt oder auch im ersten Augenblick ihrer Empfängnis geheiligt wurde. Wurde Maria also vom schon eingetretenen Makel der Erbsünde nachträglich befreit oder blieb sie davor bewahrt?

Was das Fest der „Empfängnis Mariens“ – wie es ursprünglich hieß – betrifft, so kann man nicht ohne weiteres behaupten, man habe hiermit die unbefleckte Empfängnis feiern wollen. In der alten Kirche wurde von den Griechen und z. T. auch von den Lateinern (besonders in Neapel und Ravenna) noch früher als die Empfängnis Mariens das Fest der Empfängnis des hl. Johannes des Täufers gefeiert. Man feierte darin die wunderbaren Ereignisse, die mit der Empfängnis des Johannes verbunden waren.

In analoger Weise erklärte man im Mittelalter zuweilen auch das Fest der Empfängnis Mariens. Die leibliche Empfängnis Mariens sei als erster Anfang des Daseins der Mutter Christi ein freudenreiches Ereignis und die Einleitung zu ihrer späteren Heiligung und der Empfängnis Christi.

Papst Pius IX. definierte das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariens am 8. Dezember 1854 durch die Bulle „Ineffabilis Deus“.

Schon das Konzil von Basel hatte 1439 eine Definition versucht, die aber keine Gültigkeit hatte, da das Konzil von Basel schismatisch war und vom Papst nicht bestätigt wurde. Dennoch ist dieses Ereignis ein Zeichen dafür, daß der Glaube an die Unbefleckte Empfängnis in der Kirche schon weit verbreitet war. Papst Sixtus IV. verbot 1483 durch die Konstitution „Grave nimis“ die Unbefleckte Empfängnis zu zensurieren bzw. die Leugnung als häretisch zu brandmarken. Vorher schon hatte er das zu Ehren der Unbefleckten Empfängnis verfaßte Meßformular und Offizium „Sicut lilium“ gebilligt und mit Ablässen versehen. Er führte das Fest auch in die Diözese Rom ein. Papst Pius V. verdammte den Satz des Bajus, niemand sei ohne Erbsünde empfangen und Maria habe die Folgen der Sünde wegen der Erbsünde und persönlichen Sünden getragen. Papst Paul V. verbot 1617 die Behauptung, Maria sei in der Erbsünde empfangen öffentlich zu lehren und zu verteidigen. Papst Gregor XV. dehnte dieses Verbot auch auf den privaten Bereich aus. Nur den Dominikanern war es weiter erlaubt, über diese Frage privat zu disputieren. Papst Alexander VII. legte schließlich in der Bulle „Sollicitudo omnium ecclesiarum“ die kirchliche Lehre von der unbefleckten Empfängnis dar und wies die falschen Interpretationen und Einwände zurück. Das Fest der „Conceptio Beatae Mariae Virginis“ wurde 1708 von Papst Klemens XI. für die gesamte Kirche vorgeschrieben.

Die Heilige Schrift äußert sich nicht ausdrücklich über diesen Lehrpunkt, aber in dem Bild Mariens, wie es sich aus dem Protoevangelium (Buch Genesis 3,15), dem Gruß des Engels und der Elisabeth ergibt, ist die Unbefleckte Empfängnis eingeschlossen.

Die ganze Tradition beherrscht das Bild der außerordentlichen Reinheit und Heiligkeit Mariens und ihr Typus als neue und bessere Eva. Für die Freiheit von der Erbsünde finden sich in den ersten Jahrhunderten keine ausdrücklichen und sicheren Zeugnisse, aber doch Aussagen, die sehr deutlich in diese Richtung gehen. Das Hauptproblem besteht im Dogma von der Allgemeinheit der Erbsünde. Daher kommt die unklare und schwankende Haltung einiger Kirchenväter: So nennt z. B. der hl. Ambrosius Maria zwar heilig in ihrem Ursprung (De instit. Virgin. 5) und durch die Gnade frei von allen Flecken der Sünde (In Ps. 118), aber anderswo erklärt er wieder Christus für den einzigen der der Ansteckung der irdischen Verderbtheit nicht verfallen sei (In Luc. II,26).

Wichtig ist die Einführung des Festes der Empfängnis Mariens, das ursprünglich den Namen „Empfängnis der hl. Anna“ führte und bei den Griechen am 9. Dezember gefeiert wurde. Gegenstand des Festes war am Anfang nicht eigentlich die Unbefleckte Empfängnis Mariens durch einen Engel, wie es im apokryphen Jakobusevangelium erzählt wird. Man dachte aber wenigstens im Allgemeinen an eine von Anfang an heilige Empfängnis. Als man sich im Abendland über den genaueren Sinn der Festfeier Gedanken machte, kam es zu der berühmten Kontroverse. Einige angelsächsische Theologen erklärten, der eigentliche Gegenstand des Festes sei die Unbefleckte Empfängnis. Die erste scholastische Verteidigungsschrift der Unbefleckten Empfängnis stammt dann auch von einem Schüler des hl. Anselm von Canterbury, dem Benediktiner Eadmer (+1124): Tract. de conceptione S. Mariae.

Die Frage wurde in der Scholastik gewissermaßen falsch gestellt. Man fragte sich: Fand die Heiligung Mariens schon vor der Eingießung der Seele statt, so daß das Fleisch geheiligt wurde und die Seele sich infolgedessen nicht die Erbsünde zuzog oder erfolgte die Heiligung erst nach der Eingießung der Seele, die folglich schon von der Sünde infiziert war? Auf die Möglichkeit, daß die Heiligung Mariens sich zugleich mit der Eingießung der Seele vollzog, kam man nicht, bzw. wenn man eine solche erwog, dachte man sie sich so, als wäre Maria dann von der Erlösungsbedürftigkeit ausgenommen. Die Theologen glaubten, daß die Erlösungsgnade in bezug auf Maria nicht nur eine zukünftig drohende, sondern eine tatsächlich eingetretene Verstrickung in die Sünde voraussetze. Die Theologen waren nicht prinzipiell gegen das jetzt definierte Dogma, sondern wußten nur die Schwierigkeiten nicht zu lösen.

Es ist unbestreitbar das große Verdienst des Johannes Duns Scotus, gezeigt zu haben, daß die Gründe für die Heiligung Mariens nach der Beseelung nur eine posterioritas naturae (=Spätersein der Natur), nicht temporis (=der Zeit) forderten. Eine wahre Erlösung besteht nicht nur in der Reinigung von der bereits eingetretenen Sünde, sondern kann auch in der Bewahrung vor dem Makel bestehen, und dies ist sogar die vollkommenere Art der Erlösung. Somit war eine Bewahrung Mariens vor der Erbsünde möglich, ohne daß man sie deshalb von der Erlösung ausnehmen mußte.

Das Lehramt der Kirche ist bei der Dogmatisierung der Unbefleckten Empfängnis in diesem Fall der franziskanischen Schule gefolgt.

Karneval

„So lange die Päpste in der Stadt Rom etwas zu sagen hatten, also bis 1870, hat es den Karneval gegeben.“ (aus Concerto Romano, von Reinhard Raffalt, 1972)

In manchen Ländern feiert man während der Tage vor dem Aschermittwoch den sog. „Karneval“ (Fastnacht). Der Name kommt von den lateinischen Worten: „carrus navalis“ (Narrenschiff); die Herleitung vom italienischen „carne vale“ (Fleisch, lebe wohl!) ist einfache Volksetymologie.

Die berühmtesten Karnevalsfeiern, die wir heutzutage noch kennen, sind: der Karneval von Venedig, von Rio de Janeiro und der Kölner Karneval. Viele andere aber mit der Zeit verschwunden, z.B. der Karneval von Neapel, von Mailand, von Florenz und von Rom.

Die Geschichte des römischen Karnevals, der sog. „Carnevale di Roma“ oder „Carnevale romano“ hat wahrscheinlich seinen Ursprung in dem alten römischen Fest „‘Saturnalia“, ein sehr altes Fest des römischen Kalenders am 17. Dezember: „Feriae Saturno“ und Jahresfest der Gründung des Saturnus Tempels. Es war auch das beliebteste Fest der Römer und das größte Bauernfest der römischen Frühzeit: Reinigungs- und Wiedererstarkungsfest der Natur. Die Feier begann mit einem Opfer am Saturntempel und einem Mahl für das ganze Volk auf Staatskosten. Anschließend wurde in üppigen Gelagen weitergefeiert. Der Karneval in Rom ist, in diesem Sinne, eine alte Festlichkeit, seit dem Mittelalter.

Die alte Volkstradition war eine große Sensation, die fast acht Stunden dauerte, und war verbreitet in der Zeit von acht Tagen bis zum Karnevalsdienstag, in Frankreich der sogenannte „Mardi gras“, dem Vorabend des Aschermittwochs. Während des Karnevals waren die Straßen und Plätze voller Leute, weil diese Tage mit Spektakeln, Musik, Paraden und Essen für das Volk gratis gespendet wurden. Das erste Theater war die Piazza Navona, wo Ritterspiele stattfanden.

Seit dem 10. Jahrhundert fand man in Rom das erste Mal solche Spuren über „Karnevalsvergnügungen“, die sog. „ludi carnevalarii“ (Karnevalistische Spiele), die damals auf dem künstlichen Hügel Roms, „Testaccio“ auf Anordnung der päpstlichen Stadtverwaltung, zum Andenken an die alten römischen „Ludi“ (Spiele), gefeiert wurden. In einem Codex der Kirche von Cambrai (Anfang 13. Jh.) findet man, daß in Rom „in Dominica dimissionis carnium“ (am Sonntag des Abschieds vom Fleischlichen) in Anwesenheit des Papstes ein Spiel aufgeführt wurde, bei dem man Tiere (Bären, Ochsen und einen Hahn) als Sinnbilder „fleischlicher Lust“ tötete. Fast zur selben Zeit begann auf dem Hügel „Testaccio“ der Gebrauch der „ruzzica de li porci“ (die Schweinen – Scherze). Die römische Lokalhistorikerin Ada Chiarini schreibt hierzu: „Die mittelalterlichen Vergnügungen des römischen Karnevals waren von Gewalt gekennzeichnet: So trieb man von Stieren gezogene Karren mit Wildschweinen auf den Testacciohügel und stürzte sie in den Abgrund. Um die verletzten und toten Tiere stritt sich dann das Volk.“

Aber seit der Renaissance im 15. Jahrhundert erlebte der Karneval seine Blütezeit. Unter dem Pontifikat des Venezianers Pietro Barbo, der als Papst Paul II. vom 30. August 1464 bis zum 26. Juli 1471 regierte, zeigte sich die Festigung der päpstlichen Herrschaft auch sehr geprägt im strengen und festen Zeremoniell. Von der Entwicklung in Avignon geprägt, wurde vor allem der Vatikan immer mehr zum Zentrum  der päpstlichen äußeren rituellen Feierlichkeiten dargestellt. Die Fronleichnamsprozessionen sowie die Feier des Karnevals wurden eine der wichtigsten Feierlichkeiten dieser Zeit.

Papst Paul II. entschied selbst im Jahr 1466 den Karneval in der Via Lata (heute Via del Corso) feiern zu lassen. Und darüber hinaus ordnete er an, Kostüme und Masken zu tragen, die von ihm selbst organisiert und bezahlt wurden. Ada Chiarini beschreibt diese Situation folgendermaßen: „Im päpstlichen Rom waren diese Tage gewöhnlich die Gelegenheit, sich so richtig auszuleben, denn nur während dieser Tage war diese Freiheit im Verhalten erlaubt. Der ansonsten streng eingehaltene Unterschied der gesellschaftlichen Klassen im päpstlichen Rom wurde deutlich gelockert, und das nutzte das Volk zu recht ausgelassenen Vergnügungen aus.“

Reinhard Raffalt ergänzt hierzu: „Es war den Menschen zu deutlich vordemonstriert worden, wie vergänglich das Irdische ist – also begann man, es in vollen Zügen zu genießen, und es gerade deshalb so schön zu finden, weil es so flüchtig war. Eine Welle schrankenloser Diesseitsfreude machte die Menschen Roms damals zu einer Gesellschaft karnevalistischer Narren.“ (Concerto Romano, S. 195)

In der Länge von der „Via del Corso“ fanden sich zwei Volksgebräuche, die schon seit dem ersten römischen Karneval dabei waren, nämlich „la Corsa dei Moccoletti“ (der Wettlauf der Kerzenträger, „moccolo“ bedeutet auf italienisch „Kerze“) und „la Corsa dei Barberi“ (der Wettlauf der Pferderenner). Beim ersten trafen sich die Karnevalisten auf Straßen und Plätzen mit Kerzen, die sie in den Händen hielten oder auf ihren Hüten trugen. Jeder versuchte die Kerzen des anderen auszublasen (siehe: Charles Dickens, „Festa di Moccoletti“, in seinem Essay „Visioni d’ Italia).  Beim zweiten noch beliebteren, fand ein wildes Pferderennen statt, das von der Piazza del Popolo bis zur Piazza Venezia ging. Die Pferde, sog. „Berber“, waren sehr  beliebt wegen ihrer physischen Fähigkeiten und Kräfte. Mit der Zeit wurde diese zweite Tradition abgeschafft und der Gebrauch des Karnevals blieb nur wegen der Maskenparaden und anderer allegorischer Spektakeln in den berühmtesten Kreisen von Rom erhalten.

Selbstverständlich brachte die karnevalistische Praxis auch Exzesse hervor. Der Dominikanermönch und Prediger Hieronymus Savonarola (1452-1498), empört von den Exzessen des Karnevals von Florenz, schrieb fast zur gleichen Zeit die „Canzone d’un Fiorentino al Carnevale“ (Gesang eines Florentiners an den Karneval), ein klarer Protest gegen die Exzesse des Feierns. Einige Zeit später mußte der Karneval von Florenz nach Rom verlegt werden. Aus diesem Grund wurde der Karneval in Rom eine der wichtigsten Feierlichkeiten der päpstlichen Renaissance in ganzen Italien bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts.

Selbst Johann Wolfgang von Goethe schreibt in seinen „italienischen Reisen“ kritisch über das „römische Karnevalstreiben“, das er direkt von seinem Fenster aus in der „Via del Corso“, (Hausnummer 18), erlebt hat.

Seit 1874, die Zeit, wo der Papst im Exil im Vatikan lebte, verlor der Karneval langsam seine Bedeutung und Tätigkeit.

Heutzutage beginnt der Karneval in Rom mit einer Parade durch die „Via del Corso“ und endet mit verschiedenen Veranstaltungen in den berühmtesten Straßen Roms. Vielleicht findet man hier ein kleines Relikt dieser Zeit bei uns, das weit entfernt von der Ewigen Stadt zurückgeblieben ist…

„Cor orbis terrarum est Colonia,
Cor mundi ad Rhenum palpitat” (Gallinae)

(Dat Hätz vun d’r Welt, ja dat is Kölle,
dat Hätz vun d’r Welt, dat schlät am Ring!
Das Herz der Welt, ja das ist Köln,
das Herz der Welt, das schlägt am Rhein;
De Höhner – Musikgruppe aus Köln)

Merken

Der hl. Clemens von Rom

hl. Clemens I.  (Fest: 23. November)
von P. Marc Brüllingen


Die Kirche S. Clemente in Rom, gelegen an der Straße, die vom Kolosseum zum Lateranpalast führt, gehört kunsthistorisch zu den wichtigsten Kirchenbauten überhaupt, da sie am besten von allen den Charakter einer frühchristlichen Basilika bewahrt hat. Der von außen fast unscheinbar wirkende Bau erhebt sich über einem der ältesten christlichen Versammlungsorte Roms, dem Elternhaus des heiligen Clemens, der von 88-97 als dritter Nachfolger von Petrus den Papststuhl innehatte. Die Unterkirche, die schon im vierten Jahrhundert erwähnt wurde, ist seit 1108 von der Oberkirche überbaut. Lange Zeit war der Kirchenbau in der Tiefe vergessen, bis man ihn 1857 wiederentdeckte und nach und nach freilegte. Heute gehört dieses einmalige Bau-Kunstwerk zu den größten Sehenswürdigkeiten Roms. Die Reliquien des großen Papstes Clemens I. werden im Hochaltar der Oberkirche aufbewahrt.

Clemens Romanus kam gegen Mitte des ersten Jahrhunderts in Rom zur Welt und wurde im heidnischen Glauben erzogen. Schon früh erkannte er, daß es etwas geben müsse, das tiefer ging, etwas, das mit Unsterblichkeit zu tun hatte. Eines Tages hörte Clemens eine Predigt des Apostels Barnabas und hatte gefunden, wonach er suchte. Er ließ sich von Barnabas taufen und zu Petrus führen. Dieser lernte den jungen Clemens in der Folgezeit kennen und schätzen und ernannte ihn schließlich selbst noch zu seinem Nachfolger auf dem Stuhl Petri. Doch nach dem Tod von Petrus im Jahr 64 weigerte sich Clemens, die Nachfolge des großen Apostelfürsten anzutreten. So wurden erst noch Linus und Anakletus zu Bischöfen von Rom gewählt, bis sich Clemens im Jahr 88 dem Druck von Klerus und Volk beugte und das Amt antrat. Über seine Amtszeit ist jedoch kaum etwas überliefert.

Die Legende erzählt, daß Clemens I. Ende des ersten Jahrhunderts aus Rom vertrieben wurde und auf Anordnung des Kaisers – möglicherweise Trajans – in den berüchtigten Marmorsteinbrüchen von Chersones auf der heutigen Krim arbeiten mußte. In den Steinbrüchen herrschte akuter Wassermangel, die Zwangsarbeiter drohten teilweise zu verdursten. Als Clemens einmal sah, wie ein Schaf an einer bestimmten Stelle mit dem Huf scharrte, grub er mit den Händen nach, und – so die Legende – plötzlich sprudelte eine Quelle aus dem Boden.

Der wutentbrannte Kaiser ließ Clemens daraufhin mit einem Anker um den Hals ins Meer stürzen und die Neugetauften hinrichten. Der Slawenapostel Cyrillus, der Gefährte von Methodius, soll die Gebeine von Clemens dann im Jahr 868 nach Rom zurückgebracht haben, wo sie in der Kirche S. Clemente beigesetzt wurden.


(nach: Vera Schauber, Hanns Michael Schindler – Die Heiligen im Jahreslauf
Pattloch-Verlag, 5. überarbeitete Auflage 1989)

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Hl. Bruno der Kartäuser

(6. Oktober)
von P. Marc Brüllingen


Bild: Ökumenisches Heiligenlexikon

© Joachim Schäfer – Ökumenisches Heiligenlexikon

Man fühlt sich in eine andere Welt versetzt, erreicht man nach malerischer Fahrt über eine schmale Straße, vorbei an Felsabhängen und Wasserfällen, in einem schmalen Tal das Ur-Kloster des Kartäuserordens: La Grande Chartreuse. Überragt von mächtigen Gebirgsmassiven führen die Kartäusermönche hier, nördlich von Grenoble, noch heute ein völlig weltabgeschiedenes Leben. Es herrscht vollkommene Stille, die Luft ist rauh, der Schnee liegt hier oben noch, wenn woanders schon die Wiesen grünen. Der Besucher auf den Spuren Brunos und der Geschichte seines Ordens hat nur Zugang zum Musée de la Carrière, das von Laienbrüdern geleitet wird und eine Fülle von Material über die Entstehung des Ordens sowie Leben und Wirken seiner Mönche zeigt. In der Kirche aus dem zwölften Jahrhundert findet man Werke von Eustache Le Sueur, Darstellungen über das Leben des heiligen Bruno.

Wer war dieser Bruno, der den strengsten aller Orden gründete? Geboren um das Jahr 1030 in Köln, wurde Bruno 1057, nach Studium in Reims, Priesterweihe in seiner Heimatstadt und Tätigkeit als Kanoniker, Leiter der Domschule von Reims. Über 20 Jahre unterrichtete er hier als überaus geschätzter Lehrer und verhalf der Schule zu großem Ruhm.

Dann folgten eine Reihe schwerer Enttäuschungen: Die von Bruno erwartete Wahl zum Bischof von Reims vereitelte ein Kandidat, der sich das Amt erkaufte, und nach Schwierigkeiten mit eben diesem Bischof mußte er sogar aus Reims fliehen. Nach der Absetzung des Konkurrenten durch Papst Gregor VII. machte er sich erneut Hoffnungen auf das Bischofsamt, und wieder wurde ein bezahlender Bewerber, der königliche Kandidat Helinand von Laon, ernannt.

Der von der Welt enttäuschte Bruno legte alle Ämter nieder und verließ 1083 Reims. Kurze Zeit verweilte er im Kloster Molesme, dann zog er mit sechs Gefährten nach Grenoble, wo Hugo, einer seiner früheren Schüler, inzwischen Bischof geworden war. Hugo, seinem Lehrmeister sehr verbunden und zu Dank verpflichtet, schenkte dem Wanderer im Norden seiner Bischofsstadt ein unwegsames Gelände namens Cartusia. Hier entstand dann in mühevoller Arbeit die Große Kartause, die zu Beginn nur aus einer Kapelle bestand, umgeben von hölzernen Einzelzellen. Es war dies der Geburtsort des Kartäuserordens, obwohl Bruno nie die Absicht gehabt hatte, einen Orden zu gründen. Die päpstliche Bestätigung erfolgte übrigens erst am 2. September 1176 durch Alexander III.

Ebenfalls ein früherer Schüler Brunos, der inzwischen zum Papst Urban II. gewählte Odo von Lagery, holte den gelehrten Einsiedler 1089 als Berater nach Rom, ließ ihn aber zwei Jahre später, auf seinen Wunsch hin, wieder ziehen. Bruno ging nach Kalabrien und gründete in der Wildnis La Torre in der Nähe der Stadt Squillace die zweite seiner Kartausen: S. Maria dell‘ Eremo. In seiner dritten Gründung, in S. Stefano di Bosco nahe La Torre, starb Bruno Jahre später am 6. Oktober 1101. Hier in der Kirche fand er auch seine letzte Ruhestätte.

Guigo, der fünfte Prior der Grande Chartreuse, schrieb den Kartäusermönchen neben den üblichen Mönchsgelübden später auch noch ewiges Stillschweigen und Einsamkeit vor. Acht Stunden des Tages müssen die Kartäuser dem Gebet und geistlichen Übungen widmen. Der Genuß von Fleisch ist immer untersagt, einmal in der Woche wird bei Brot und Wasser gefastet. Der Kloster-Kreuzgang trennt die Mönche von ihrer Umwelt. Bis zum heutigen Tag ist die Große Kartause das Kartäuser-Zentrum, der Prior dieses Klosters ist gleichzeitig Ordensgeneral.

Eines der beeindruckendsten Kartäuserklöster Europas ist die Certosa di Pavia in Italien, wenige Kilometer südlich von Pavia. Im Chiostro Grande kann man die Zellen der Mönche besichtigen, die Kirche mit ihrer einzigartigen Fassade gehört zu den größten Sehenswürdigkeiten Italiens.


(nach: Vera Schauber und Hanns Michael Schindler, Die Heiligen im Jahreslauf
Pattloch Verlag, 5. überarbeitete Auflage 1989)

 

Merken

Der hl. Nikolaus von Tolentino

(Fest: 10. September)
von P. Marc Brüllingen


Tolentino – nur wenige Reiseführer weisen auf dieses kleine Städtchen im Herzen der italienischen Region Marken hin. Und doch lohnt sich der Besuch. Ein Besuch gilt der Grabstätte des berühmtesten „Bürgers“ des Städtchens: Nikolaus von Tolentino. Am Dom vorbei führt der Weg in eine unscheinbare Seitenstraße, wo sich plötzlich in der Häuserzeile eine Lücke auftut: Etwas zurückgesetzt erhebt sich die Basilika S. Nicola da Tolentino.

Schon das Portal gehört zu den sehenswertesten in ganz Italien; es stammt von Nanni di Bartolo und ist 1432 datiert und signiert. Über dem weiten, hellen Kirchenraum mit den zahlreichen Seitenkapellen wölbt sich eine einzigartige Kassettendecke. Vom rechten Seitenschiff aus führt dann eine breite Treppe hinunter zur Krypta mit dem Schrein des heiligen Nikolaus…

Nikolaus kam um das Jahr 1240 in dem kleinen Ort Sant‘ Angelo in Pontano in den Marken zur Welt. Noch als Jüngling trat er 1256 in seinem Heimatort den Augustiner-Eremiten bei. In den folgenden zwei Jahrzehnten wirkte Nikolaus als leidenschaftlicher Prediger und als Beichtvater in zahlreichen Orten seiner näheren und weiteren Heimat. Er empfing die Priesterweihe und war schließlich als Novizenmeister in Sant‘ Elpidio tätig.

Im Jahr 1275 kam Nikolaus nach Tolentino und beschloß, sich hier für immer niederzulassen. In kürzester Zeit gewann er die Herzen der Bewohner Tolentinos, kaum jemand konnte sich dem gewinnenden Wesen dieses Priesters entziehen. Zu den täglichen Predigten von Nikolaus strömten immer größere Menschenmengen in die Ortskirche. Schon bald verehrte man ihn wie einen Heiligen. Als sich dann auch noch zahlreiche Wunder um die Person Nikolaus ereigneten, kannte die Verehrung keine Grenzen mehr.

Die besondere Liebe des selbst streng asketisch lebenden Priesters galt den Armen und Kranken. Durch die ihm eigene Wundergabe vollbrachte Nikolaus mehrere Heilungen, die vom Volk voller Staunen beobachtet wurden.

Nach 30jährigem unermüdlichen Wirken für seine Gemeinde starb Nikolaus am 10. September 1305 eines friedlichen Todes. Schon bald errichtete man über seiner Grabstätte eine Basilika. Auch am Nikolaus-Grab ereigneten sich in der Folgezeit Wunder; offiziell bestätigt wurden in den Jahren zwischen 1305 und 1325 über 300. An den Armen des toten Nikolaus, die vom Körper abgetrennt worden waren, sollen immer bei Ereignissen, die für die Kirche von besonderer Bedeutung waren, Blutergüsse aufgetreten sein. Insgesamt geschah dies 25 Mal.

Am 4. Februar 1926 wurden die Gebeine des 1446 heiliggesprochenen Nikolaus von Tolentino bei Grabungen wiederentdeckt, nachdem die Grabstätte zuvor durch zahlreiche Ereignisse verlorengegangen war. Für die würdevolle Aufbewahrung der Reliquien wurde unter der Basilika S. Nicola eine Krypta errichtet, in der der Heilige seine endgültig letzte Ruhestätte fand. In dem dunklen Raum steht jetzt der erleuchtete Glasschrein mit den festlich bekleideten Gebeinen des Volksheiligen. Für die Einheimischen ist die Krypta zu einer Wallfahrtsstätte geworden.

Nikolaus ist nicht nur der Stadtpatron von Tolentino, er wird auch von Venedig und Genua als Schutzheiliger verehrt; außerdem ist er der Mitpatron von Bayern. Auch eine Bruderschaft wurde nach ihm benannt.


(nach: Vera Schauber und Hanns Michael Schindler – Die Heiligen im Jahreslauf
Pattloch Verlag; 5. überarbeitete Auflage 1989)

Merken

Hl. Petrus Martyr (hl. Petrus von Verona)

(29. April)
von P. Marc Brüllingen


Petrus Martyr, der wegen seiner Geburtsstadt auch Petrus von Verona genannt wird, kam 1205 als Sohn eines Elternpaares zur Welt, das der Albigenser-Sekte angehörte. Nachdem Petrus trotzdem in einer katholischen Schule erzogen worden war, trat er mit 16 Jahren in Bologna dem Dominikanerorden bei, dessen Gründer Dominikus er wahrscheinlich noch kennenlernte.

Neben zahlreichen hohen kirchlichen Ämtern – er war unter anderem Prior und päpstlicher Gesandter in mehreren Städten – betätigte sich Petrus Martyr erfolgreich als Prediger. Wo er hinkam, wurde er bewundert, seine Zuhörer brachten ihm Verehrung, ja sogar Liebe entgegen.

Doch nicht alle waren Petrus wohlgesonnen. Am 6. April 1252 wurde er auf einer Missionsreise in Farga in der Nähe von Mailand von bezahlten Mördern überfallen und erstochen. Die Täter hatten den Auftrag warscheinlich von Irrlehrern, die auf die Erfolge von Petrus Martyr neidisch waren. Die Überlieferung berichtet, der Überfallene habe noch im Sterben mit seinem eigenen Blut das Wort „credo“ (ich glaube) auf den Boden geschrieben.

Beigesetzt wurde Petrus Martyr in der bekannten Mailänder Kirche S. Eustorgio bei der Porta Ticinese, wo auch die Reliquien der Heiligen Drei Könige in einem Sarkophag aufbewahrt wurden, bis Rainald von Dassel sie 1164 in den Kölner Dom überführte. Am Eingang zum Altarraum steht bis heute der bemerkenswerte Sarkophag von Petrus, geschaffen von Giovanni di Balduccio, bekrönt von einem Baldachin. Die Entstehungszeit dieser „Arca di S. Pietro“ waren die Jahre von 1336 bis 1339. An dem Sarkophag befinden sich schöne Reliefarbeiten, die Szenen aus dem Leben von Petrus Martyr zeigen.


(nach: Die Heiligen im Jahreslauf, von Vera Schauber und Hanns Michael Schindler; Pattloch Verlag; 5. überarbeitete Auflage 1989)

 

Fest Epiphanie

(6. Januar)
von P. Marc Brüllingen


„Epiphanie“ (griechisch = Erscheinung) heißt im Lateinischen daneben auch apparitio, manifestatio, declaratio, ostensio Domini, Fest der Erscheinung des Herrn, d.h. der Offenbarung seiner Gottheit, ein Fest des Herrn am 6. Januar; heute ohne die seit dem 6. Jahrhundert übliche Vigil und auch ohne eine eigentliche Oktav, die für Jerusalem um 400 und für die römisch-fränkische Liturgie im 8. Jahrhundert bezeugt ist, wohl aber mit einer Art Nachfeier, deren 8. Tag abendländischer Tradition gemäß Commemoratio baptismatis D. N. J. Christi (= Fest vom Gedächtnis der Taufe unseres Herrn Jesus Christus) heißt. Die rein volkstümliche Bezeichnung festum magorum (= Fest der Magier) oder Fest der Heiligen Drei Könige in romanischen und germanischen Sprachdialekten hängt wohl besonders mit der Übertragung ihrer Gebeine von Mailand nach Köln (1164) zusammen.

Das Fest Epiphanie stammt aus der orientalis ecclesia (Augustinus, Sermo 202,2). Es wird ohne Angabe seines Inhaltes vom heidnischen Historiker Ammianus Marcellinus (Rer. gest. XXI 2,5) zuerst aber für Gallien, wo Kaiser Julian es 361 in Paris mitfeierte, erwähnt, und zwar als von den Christen epiphania genannt. Mit diesem Ausdruck ist wahrscheinlich dasselbe gemeint, was in Gallien um die gleiche Zeit ein doch wohl echtes Fragment des Bischofs Hilarius von Poitiers (+367) mit salvatoris adventus (= Kommen des Herrn (im Fleisch)) (CSEL 65, 16 f. Feder) bezeichnet. Als orientalisches Fest mit dem doppelten Festinhalt der Taufe des Herrn und seiner leiblichen Geburt bezeugt es für Ägypten Johannes Cassianus (Coll. 10,2), während in Zypern Epiphanius (Pan. haer. 51,16,1 und 22,3; 51,9,13; 51,16,8) die Geburt, Ankunft der Magier und die Hochzeit von Kana, also auch eine Mehrheit von Festmotiven , nennt, die Pilgerin Aetheria (Itinerarium XXV 6-12 und XXVI) hingegen in Jerusalem nur ein einziges Festmysterium, die Geburt des Herrn, zu kennen scheint, was auch bei Johannes Chrysostomus (Hom. in Pentecost. I 1,2) bis 386 und früher wohl schon bei Ephräm dem Syrer (+373) der Fall war.

Obwohl der Zusammenhang von Epiphaniefest und Kanawunder uralt erscheint, ja vielleicht älter ist als der von Epiphanie und Jordantaufe, so verdrängte doch das Festmotiv der Taufe Jesu in der orientalischen Epiphanieliturgie schon ganz früh dasjenige des Weinwunders von Kana. Schon gegen Ende des 4. Jahrhunderts, als das römische Weihnachtsfest des 25. Dezember von Antiochien aus den Osten eroberte, mußten Epiphanie und Weihnachten sich in den bisherigen Inhalt von Epiphanie teilen: Die Geburtstagsfeier (mit Anbetung der Weisen) ging im Osten auf den 25. Dezember über, während die Feier der Taufe Jesu im Jordan dem 6. Januar verblieb und dem Epiphaniefest den weiteren Namen „tà phota“ einbrachte, nach Ch. Mohrmann doch wohl im Sinn von „photismós“ = Taufe.

Die verschlungene Geschichte des Epiphaniefestes im Abendland stellt sich so dar: in Rom feierte man um 336 das Geburtsfest des Herrn am 25. Dezember, desgleichen etwas später in Nordafrika; in beiden Liturgiegebieten gehörte die Anbetung der Magier mit zum ursprünglichen Festinhalt. Rom und Nordafrika führten dann noch im 4. Jahrhundert unter orientalischem Einfluß das Epiphaniefest des 6. Januar ein und trennten dabei vom Festinhalt des 25. Dezember die Anbetung der Magier ab, d.h., sie machten die den Magiern als Erstlingen der Heidenwelt zuteil gewordene manifestatio des neugeborenen Gotteskindes zum einzigen Festmotiv des 6. Januar.

Anders steht es mit dem ursprünglichen Festinhalt von Epiphanie in Gallien und Oberitalien. Das Hauptmysterium der altgallischen Epiphaniefeier vom 6. Januar war höchstwahrscheinlich der adventus Domini, die Erscheinung des Herrn, die aber nicht nur seine Erscheinung im Fleisch, d.h. seine leibliche Geburt, sondern auch „die glanzvollen Offenbarungen seiner Wesenswürde“ (K. Prümm) bei seiner Taufe im Jordan und bei seinem ersten Wunder, dem Weinwunder auf der Hochzeit von Kana, umfaßte. Hier trat nach Einführung des Weihnachtsfestes (in Oberitalien noch im 4. Jahrhundert) genauso wie im Orient an Epiphanie die Jordantaufe in den Vordergrund der Feier, aber in Verbindung mit der Huldigung der Magier und dem Weinwunder von Kana. Für diese tria miracula (= drei Wunder), die sonst in patristischen Quellen erst des 5. Jahrhunderts belegt sind, haben wir bei Annahme der heute mehrfach, aber wohl zu Unrecht angezweifelten ambrosianischen Verfasserschaft des Epiphaniehymnus Inluminans altissimus bereits im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts ein schönes Zeugnis. So sicher Ambrosius von Mailand (+397), was aus seinem Lukaskommentar (II 83-95, IV 76) zu erschließen ist, im Festmysterium von Epiphanie die Taufe Jesu im Jordan an erster Stelle feierte, das Taufsakrament selbst hat er an Epiphanie doch nicht gespendet. Wohl aber tat man das in Gallien. Hier sowie in Nordafrika, Spanien und Irland wurde trotz des Widerspruches der Päpste Siricius, Leo der Große und Gelasius Epiphanie stellenweise sogar Tauffest. Ursprünglich war es das in Gallien aber kaum; denn so hoch reicht die altgallikanische Bezeugung der Taufe Jesu als Epiphanieperikope nicht hinauf.

Die tria miracula, zu denen sich in altgallischer und altspanischer Liturgie mitunter als viertes Wunder noch das der Brotvermehrung gesellte, haben auch in die römische Epiphaniefeier ihren Einzug gehalten, allerdings kaum vor der Zeit Gregors des Großen (+604), der die Huldigung der Magier noch als alleinigen Festgegenstand anführt, sondern erst im 7./8. Jahrhundert. Erwähnt sei besonders die Benediktusantiphon zu den Laudes: Hodie caelesti sponso iuncta est Ecclesia, die im Bild der Reinigung der Brautkirche durch die Jordantaufe und ihrer Vermählung mit Christus ältestes Geistesgut aus der „mystischen Überlieferung der Kirche“ (Sokrates HE III 7: PG 67,392 C) weitergibt. Über den tria miracula sollte man in der römischen Epiphanieliturgie indessen nie die christliche Umbildung des antiken Epiphaniemotivs übersehen, wie sie noch im Introitus der Festmesse Ecce advenit dominator dominus zu erkennen ist.

In seinem Ursprung stellt das Epiphaniefest nach einer schon oft ausgesprochenen Hypothese wahrscheinlich die christliche Umformung eines heidnischen Festes am 6. Januar, genauer in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar, dar, in der in Alexandrien die Geburt des Gottes Aion, der Verkörperung des Zeit-Ewigkeits-Begriffes, aus der Jungfrau (Kore) gefeiert wurde (vgl. Epiphanius, Pan. Haer. 51,22,10). Das auf den gleichen 6. Januar gelegte Dionysoswunder mit dem in Wein verwandelten Wasser wurde christlich auf das Taufwasser umgedeutet; dies führte zum Gedächtnis der Taufe Christi und des Wunders von Kana.

Die Wasserweihe an der Vigil von Epiphanie (5. Januar) , im Orient ein fester Bestandteil der Epiphanieliturgie von der Weihe der Wasser durch Jesu Taufe her, fand seit dem späteren Mittelalter auch im Geltungsbereich des römischen Ritus vielfach Aufnahme. Das Weiheformular, das man im Sacerdotale Romanum von 1537 sowie u.a. auch in späteren Ausgaben des Rituale Romanum aus dem 18. Jahrhundert antrifft, wurde durch Dkrete der SC Rit. vom 17.5.1890 und vom 30.8.1892 verboten, aber durch ein neues Formular vom 6.12.1890 ersetzt (vgl. Rituale Romanum, App. Bened. reserv. I 1 (Rb 1925) 461 ff).

Der im Pontificale Romanum III n. 1 und im Caerem. Eisc. II 15 vorgesehene Brauch, daß an Epiphanie nach dem Evangelium die beweglichen Feste des laufenden Jahres (urspr. nur des Osterfestes) angekündigt werden, geht wohl schon ins 4. Jahrhundert zurück.


Foto: Heike Hannah Lux

Der heilige Kunibert

(Fest: 10. November)
von P. Marc Brüllingen


St. Kunibert in Köln gehört zu dem großartigen Kranz der romanischen Kirchen dieser Stadt. Zwar ist das Bauwerk im letzten Kriege schwer getroffen worden, aber der Wiederaufbau fast beendet. Die Kirche erhebt sich an der gleichen Stelle dicht am Rhein, wo der hl. Kunibert, Bischof von Köln, das nach ihm benannte Stift (aufgelöst 1802) gründete, in dessen Kirche er im Jahre 663 seine Ruhestätte fand. Diese Kirche birgt auch die Reliquien der hll. Ewalde.

Der unermüdliche Erbauer von Kirchen und Klöstern, Kunibert, stammte aus einer vornehmen fränkischen Familie der Moselgegend. Sein Name bedeutet der „Sippenglänzende“, also „Hohe“. Um 590 geboren, wurde er auf Wunsch seiner Eltern Edelknabe am Hof des Merowingerkönigs in Metz. Doch sein frommer Sinn fühlte sich bald abgestoßen von dem recht sittenlosen höfischen Treiben, und er wandte sich nach Trier. Hier wurde er zum Priester geweiht und einige Zeit später Archidiakon. Der Ruf des durch seine Gelehrsamkeit und Tugend ausgezeichneten Gottesmannes drang bis nach Köln. Man holte ihn dorthin und wählte und weihte ihn zum Bischof dieser Stadt.

Kunibert verwaltete sein Bistum so vorbildlich, daß sowohl der Hausmeier Pippin I. wie der fränkische König Dagobert I. ihn zu ihrem Ratgeber machten. In politischen Angelegenheiten zeigte er ein besonderes Geschick, und da sein Ruf unantastbar war, wurde sein Rat überall gehört. So vermochte der Bischof viel zur Erhaltung des Friedens beizutragen. Als Dagobert ihn zum Erzieher seines unmündigen Sohnes Sigibert ernannte, führte Kunibert für diesen, der dreijährig zum König von Austrasien erhoben worden war, die Regierung. Daß Sigibert sich zu einem gerechten und christlich gesinnten Herrscher entwickelte, ist zweifellos dem heilsamen Einfluß des Heiligen zuzuschreiben. Auch Sigibert wird zu den Heiligen gezählt und als Wetterherr verehrt. Er starb 656 – also noch vor Kunibert – in Metz, seine Gebeine ruhen in Nancy.

In Köln erbaute Kunibert mehrere Kirchen, darunter die St. Klemenskirche, später nach ihm St. Kunibert genannt. In seinem Weitblick erkannte der Kölner Bischof aber auch die Wichtigkeit der Missionierung jener Volksstämme, die jenseits der Grenzen seines Bistums zu dieser Zeit dem Christentum gegenüber noch feindlich gesinnt waren. Er erwirkte, daß das Römerkastell Utrecht zum Ausgangspunkt für die Bekehrung der Friesen gemacht wurde und gründete dort den Martinsdom. Aus dem gleichen Grunde erwarb er von Sigibert das an der Grenze Sachsens liegende Soest und schuf in Schwelm und Menden ebenfalls kirchliche Stützpunkte. Mehrere Martinskirchen und Kapellen gehen auf Stiftungen von ihm zurück. Allerdings waren das erst die Anfänge des großen Missionswerkes, das nach ihm dann die irischen und angelsächsischen Glaubensboten vollenden sollten. Immerhin hatte der Kölner Bischof weitschauend für die Christianisierung des heutigen Holland und Westfalen vorgearbeitet.

Der rastlos für Staat und Kirche wirkende Heilige starb am 12. November 663. Dargestellt wird er als Bischof mit Kirchenmodell, Taube über sich.


Foto: Bildteppich im Stiftsmuseum Xanten | Foto: Heike Hannah Lux

 

Die heilige Margareta von Antiochien

(Fest: 20. Juli)
von P. Marc Brüllingen


Die hl. Margareta von Antiochien, Jungfrau und Märtyrin, ist eine der mächtigsten Fürbitterinnen unter der Gruppe der „Vierzehn Nothelfer“. Als Drachenbekämpferin ist sie mit dem hl. Georg, dessen Schicksal nach einigen Quellen mit dem ihren sogar verknüpft gewesen sein soll, eine der beliebtesten und ältesten Heiligengestalten. Historische Akten über ihr Leben sind nicht mehr vorhanden, ihr Martyrium wird in der Zeit der Verfolgungen unter Diokletian angenommen, ihr Todesjahr mit 307 angegeben. Im Martyrologium Romanum steht ihr Name unter dem 20. Juli. Einige sehen in ihr jene Königstochter, die der hl. Georg in seinem Kampfe mit dem Drachen befreit hat. Sicherlich ist hierbei bedeutsam, daß es Margareta nicht erspart blieb, selbst einen Drachen zu besiegen. Das Gedächtnis ihres Festes ist in der abendländischen Kirche seit dem 12. Jahrhundert am 20. Juli verzeichnet, in der griechischen, wo sie Marina genannt wird, seit alters her am 13. Juli. Viele andere heilige und selige Frauen tragen ihren Namen, darunter Margareta von Cortona, Margarita von Schottland, Margareta Maria Alacoque.

Die hl. Margareta wird immer mit dem Drachen dargestellt, den sie mit Kreuzstab oder Kruzifix besiegt; er bedeutet den Teufel und liegt zu ihren Füßen. Manche Darstellungen zeigen sie reich gekleidet als Königstochter mit Perlendiadem – dem Zeichen der Reinheit aufgrund ihres Namens -, ferner mit Fackel und Kamm – ihren Marterwerkzeugen -, auch mit Engel, der ihr Palme und Siegeskrone reicht; zusammen mit den hll. Barbara und Katharina von Alexandrien als die sogenennten „heiligen drei Madl“.

Margareta ist Patronin des Nährstandes, weil ihr Fest ein wichtiger Merktag für Bauern war, der Jungfrauen, vor allem auch der Gebärenden, und für glückliche Entbindung, gegen Unfruchtbarkeit. Sie wurde in der Nothelfergruppe aufgenommen, weil sie unmittelbar vor ihrem Martertod Gott gebeten hatte, allen Müttern, die sich in ihrer schweren Stunde an sie um Fürbitte wendeten, zu helfen. Reliquien der Heiligen befinden sich in Montefiascone bei Bolsena nördlich von Rom. Hier ist ihr der Dom geweiht, den Michele Sammicheli in dem einzigartig gelegenen Bergort errichtete. Montefiascone hat in der Stauferzeit eine große Rolle gespielt.

Es gibt kaum einen großen Künstler, den die Darstellung dieser heldenhaften Jungfrau nicht angeregt hätte, darunter Raffael, Palma, Tizian, Lucas Cranach, Guercino, Le Suer, Poussin u.a.

Legende

Margareta bedeutet „Perle“. Sie war die Tochter eines heidnischen Priesters in Antiochien. Nach dem frühen Tode ihrer Mutter übernahm eine Amme die Obhut über das Mädchen und erzog es heimlich im Christenglauben. Als Margareta zur Jungfrau herangewachsen war, bekannte sie ihrem Vater, daß sie Christin sei. Dieser überschüttete sie mit Vorwürfen, vermochte aber weder mit Bitten noch mit Drohungen, ihren Sinn zu ändern. Da schickte er sie zur Strafe in die Verbannung.

Hier hütete Margareta die Schafe. Da geschah es, daß der Präfekt Olybrius vorbeiritt, und als er die schöne Jungfrau erblickte, in Liebe zu ihr entbrannte. Er sprach zu seinen Knechten: „Gehet und holt mir die Jungfrau; ist sie von edler Geburt, so will ich sie zur Ehe nehmen, ist sie eine Magd, so soll sie meine Beischläferin sein.“ Also wurde Margareta vor ihn gebracht, und er fragte sie nach ihrem Namen und ihrer Herkunft. Sie antwortete ihm, daß sie Margareta heiße, aus einem edlen Geschlecht stamme und Christin sei. Da drang Olybrius in sie, sie solle ihren Christenglauben abschwören. Margareta aber antwortete ihm fest, daß sie an die Erlösung durch den lebendigen Sohn Gottes glaube und niemals davon ablassen werde.

Als Olybrius sich mit seiner Werbung abgewiesen sah, wurde er wütend und befahl, sie ins Gefängnis zu werfen. Andern Tags ließ er sie vor die Götzen führen und versuchte sie zum Opfer zu zwingen. Sie aber weigerte sich standhaft. Da ließ er sie aufs grausamste foltern. Sie wurde mit Ruten geschlagen, und man riß ihr mit eisernen Kämmen das Fleisch vom Leibe. Alle, die dabeistanden, weinten, daß eine so wundersame Schönheit so gräßlich zerstört wurde.

Aber Margareta erlitt alle Qualen des Leidens ohne Wanken. Wieder in den Kerker geworfen, wartete ihrer ein noch härterer Kampf. Auch die Heiligen sind Menschen; in der Dunkelheit des Kerkers mag sie von Angst und Schmerzen gepeinigt gewesen sein und Schwäche nach ihrem Herzen gegriffen haben. Da erschien vor ihr ein greulicher Drache und wollte sich auf sie stürzen, um sie zu verschlingen. Allein Margareta rüstete sich beherzt zum neuen Kampf. Schließlich schlug sie mit letzter Kraft das Kreuzzeichen über das Untier. Dann packte sie es mutig und warf es zur Erde nieder und setzte den Fuß auf seinen Scheitel.

Der Teufel in der Gestalt des Drachen aber schrie laut: „Weh mir, nun bin ich von einer schwachen Jungfrau überwunden worden“ – und verschwand alsbald. Und mit einem Mal wurde ihr Gefängnis von einem wunderbaren Licht durchstrahlt, das gab ihr himmlische Kraft und sie war getrost.

Als sie am nächsten Tage dem Präfekten wieder vorgeführt wurde, sah dieser sie zu seiner größten Verwunderung heil an Leib und Seele vor sich stehen, schöner und blühender denn zuvor. Er forderte sie wieder auf zu opfern. Sie aber entgegnete ernst, daß sie niemals tote Götzen anbeten würde. Da befahl er in seinem großen Haß, glühende Fackeln herbeizubringen und sie damit zu brennen, hernach aber zur größeren Pein in ein Faß mit kaltem Wasser zu werfen.

Alle, die dabei waren, staunten, daß eine so zarte Jungfrau so große Qualen aushielt. Aber plötzlich erbebte die Erde, und die Jungfrau stieg unversehrt aus dem Fasse hervor. Als das Volk dies Wunder sah, lobten viele den Christengott und bekehrten sich; – sie wurden aber alle um Christi Namen willen enthauptet. Der Richter fürchtete, es würden sich ihrer noch mehr zu Christus bekennen. Da ließ er Margareta schnell auf den Richtplatz führen, damit sie durch das Schwert getötet werde. Hier bat Margareta, die große Märtyrin, um eine kurze Frist. Sie kniete nieder und betete für ihre Verfolger und für diejenigen, die ihr Gedächtnis feiern würden und ihren Namen in ihren Nöten anrufen. Dann bot sie dem Henker mutig ihren Nacken dar.

Er schlug ihr mit einem Streiche das Haupt ab, und sie empfing die Märtyrerkrone.

Über ihrem Grabe wurde später zu Antiochien eine Kirche erbaut, und durch die Kreuzfahrer wurde ihr glorreicher Name auch im Abendlande bekannt. Viele, die ihren Namen anriefen, haben große Hilfe erfahren.


(nach: Das große Buch der Heiligen – Geschichte und Legende im Jahreslauf ; Erna und Hans Melchers; Bearbeitung: Carlo Melchers; Südwest Verlag München; 9. Auflage 1986)

Das dogmatische Verständnis der Herz-Jesu-Verehrung

von P. Marc Brüllingen


Eigentlicher Gegenstand der Herz-Jesu-Verehrung ist das leibliche Herz des Gottmenschen Jesus Christus als Sinnbild seiner Liebe oder anders: in Verbindung mit dem gesamten gottmenschlichen Innenleben, dessen sprechendstes Sinnbild das Herz ist. Die Grundhandlungen der Herz-Jesu-Verehrung sind, wie Pius XI. (1922-1939) in der Enzyklika „Miserentissimus Redemptor“ (1928) ausführt, die Hingabe oder Weihe als Erwiderung der Liebe Jesu und vorzüglich die Sühne für die ihm zugefügten Beleidigungen.

Die Theologie hat die Aufgabe, diese kirchliche Andachtsform verständlich zu machen. Nie ist die theologische Rechtfertigung in den Privatoffenbarungen gesucht worden. Diese haben nur die Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte der allgemeinen Offenbarung gelenkt. Erst nach Johannes Eudes (1601-1680) und Margareta Maria Alacoque (1647-1690) ist die Herz-Jesu-Verehrung ein explizites Thema der Theologie geworden.

Die theologische Begründung der Herz-Jesu-Verehrung ist gegeben mit der Anbetungswürdigkeit der Menschheit des Herrn, die mit dem Gottesssohn untrennbar verbunden ist. Eindringlicher noch wie das heilige Antlitz des Herrn oder sein kostbares Blut stellt sein Herz die Liebe Gottes zu uns ans Licht. Das leibliche Herz ist das vorzüglichste Organ der Menschheit Jesu, die Quelle seines für uns vergossenen Blutes. Nach Jesu Tod von der Lanze durchbohrt, entströmten ihm Blut und Wasser, die Sinnbilder der Taufe und Eucharistie, der Grundsakramente der Kirche, so daß diese selbst im Herzen Jesu begründet erscheint. Schließlich ist das Herz Sinnbild des Innenlebens; der ganze Tugendreichtum Jesu, insbesondere seine Liebe, treten im heiligsten Herzen Jesu uns vor die Seele. Darum führt kaum eine andere Andacht so tief ins Innere Jesu ein und spornt so zu dankbarer Hingabe und Sühne an.

Die Ansicht, das Wort „Herz“ bei dieser Andacht stehe nur metaphorisch für die Liebe oder das Innenleben Jesu, ist nicht in Einklang mit den kirchlichen Dokumenten. Das leibliche Herz ist in irgendeiner Weise im Gegenstand der Andacht eingeschlossen, aber immer im Zusammenhang mit der Liebe Jesu. Man verehrt die Person des Erlösers im Hinblick auf sein leibliches Herz als „Symbol“ seiner Liebe oder im Hinblick auf seine durch das leibliche Herz symbolisierte Liebe. Vor allem gegen solche, die das leibliche Herz aus irgendeinem Grund aus der Andacht ausschalten wollten, hat man mit besonderem Nachdruck seine durch die Hypostatische Union (= Vereinigung zweier Naturen in einer Person) gerechtfertigte Anbetungswürdigkeit hervorgehoben.

Gestützt von den kirchlichen Dokumeneten, ist man allgemein der Ansicht, daß nicht nur die menschliche, sondern die ganze gottmenschliche Liebe des Erlösers in der Herz-Jesu-Verehrung verehrt wird. Sie ist auch in einem gemeint als Liebe zum Vater und zu den Menschen. In der Andacht wird besonders betont, daß diese Liebe von den Menschen verschmäht und verwundet worden ist.

Die Herz-Jesu-Verehrung ist ein latreutischer Kult, der nicht nur die explizite Anbetung, sondern die ganze Summe der durch die göttlichen Tugenden informierten persönlichen Beziehungen zum Erlöser im Hinblick auf sein Herz umfaßt. Ihr entsprechender Höhepunkt ist die Gegenliebe. Besonders werden auch die Weihe, die Sühne und die Nachahmung betont. Die Weihe ist zu verstehen als eine Teilnahme an der Liebe Jesu zum Vater und zu den Menschen im mystischen Leib und muß sich äußern in einem christlichen, apostolischen Leben. Die Sühne richtet sich besonders auf das verschmähte Herz, aber bleibt dabei eine Teilnahme an der Sühne, die der Herr dem Vater darbringt. In der ganzen Andacht bleibt der Herr der Weg zum Vater. Die Praxis des „Tröstens“ des Herrn wird von Pius XI. dadurch erklärt, daß der Herr in seinem Leiden unsere Sühne vorausgeschaut hat. Wie der hl. Apostel Paulus von einem Nicht-Betrüben des Hl. Geistes spricht, so kann man auch von einem Trösten des Herrn sprechen. Die Eucharistie nimmt in der Andacht eine besondere Stelle ein wegen ihres Zusammenhangs mit der verkannten Liebe des Herrn. Die Andacht zum eucharistischen Herzen Jesu ist nur eine spezielle Form der Herz-Jesu-Andacht.


(nach: Lexikon für Theologie und Kirche, 5. Band, Herder Verlag – Freiburg im Breisgau, 1960;
und: Lexikon des katholischen Lebens, Herder Verlag – Freiburg im Breisgau, 1952, herausgegeben von Erzbischof Dr. Wendelin Rauch)

Die hl. Martina

(30. Januar)
von P. Marc Brüllingen


Die Kirche SS. Luca e Martina in Rom an der Via del Foro wurde im 8. Jahrhundert als Doppelkirche, nämlich mit Ober- und Unterkirche, gebaut und der hl. Martina, Bekennerin und Märtyrin der Frühzeit, geweiht. Sixtus V. (1585-1590) schenkte Gebäude und Platz der Lukasakademie, in der die Künstler Roms zusammengeschlossen waren. Als Pietro da Cortona 1634 zum Vorsteher dieser Akademie ernannt wurde, erbaute er auf Grund einer eigenen Stiftung eine neue Oberkirche und bezog die Unterkirche dabei seiner Neugestaltung ein. Der 1650 vollendete Bau erhielt dann den heutigen Namen SS. Luca e Martina. Die Urne der Heiligen steht auf dem von Pietro da Cortona geschaffenen Bronzealtar in der Unterkirche (A. Henze). Derselbe Künstler schuf – wohl zum Schmucke dieser Kirche – Bilder mit Szenen aus dem Leben der hl. Martina, die sich zum Teil im Pariser Louvre und im Pitti-Palast in Florenz befinden. Papst Urban VIII. verfaßte zu Ehren der Heiligen, die zu den Schutzheiligen der Stadt Rom gehört, klassische Hymnen.

Darstellung der hl. Martina: mit Palme und offenem Buch, zerbrochenem Götterbild, Marterwerkzeugen, manchmal auch mit Löwen.

Die hl. Jungfrau Martina lebte zur zeit des Kaisers Alexanders Severus und starb etwa um das Jahr 226 den Martertod für Christus. Martina wurde schon im frühen Christentum hoch verehrt. Ihren außergewöhnlichen Bekennermut bewundern zahlreiche Gläubige noch heute. In ihrer „Passio“ mischen sich Geschichtliches und Legendäres.


Legende

Martina war die Tochter eines angesehen Römers, der dreimal das hohe Amt des Konsuls bekleidet hatte. In frühester Jugend verlor sie beide Eltern. Da sie ganz erfüllt war von der Liebe zum Heiland, wollte sie arm sein wie er und verteilte ihr reiches Erbgut unter die Armen. Dann ließ sie sich unter die Diakonissinnen aufnehmen, welche in den Gemeinden den caritativen Dienst als ihre Pflicht erhoben hatten. Martina war ungewöhnlich schön und hatte viele Verehrer, darunter den Kaiser selbst, der sie sogar zu seiner Gattin erheben wollte. Aber sie schlug alle Bewerber aus, denn sie wollte ganz für ihren Glauben im Dienste Gottes und ihrer Mitmenschen leben.

Als Severus erfuhr, daß Martina Christin sei und ihr Glaube der Grund ihrer Absage gewesen war, wurde er wütend. Sie wurde vor Gericht geladen und aufgefordert, ihrem Glauben abzuschwören. Die Jungfrau wandte sich in ihrer Not an Gott und bat um Standhaftigkeit, denn sie kannte die Folterungsmethoden, mit denen man sie gefügig machen wollte. Während sie betete, erschütterte ein Erdbeben die ganze Stadt; das Standbild des Apoll und mit ihm ein großer Teil des Tempels stürzten ein.

Nun ergrimmte der Kaiser derartig, daß er befahl, die schöne Christin den grausamen Folterknechten zu überantworten. Die Schergen quälten Martina bis zur völligen Erschöpfung. Aber das schwache Mädchen bewies, was ein Mensch mit Gottes Hilfe aushalten kann und blieb standhaft. Zuletzt schleppte man Martina vor die Stadt und enthauptete sie.


(nach: Das große Buch der Heiligen – Geschichte und Legende im Jahreslauf; Erna und Hans Melchers, Bearbeitung: Carlo Melchers; Südwest Verlag München, 9. Auflage 1986)

Die hl. Cäcilia

(22. November)
von P. Marc Brüllingen


Seit dem 4. Jahrhundert wird die hl. Cäcilia im Kanon der Messe erwähnt; so früh also genoß diese jungfräuliche Märtyrin schon eine große Verehrung. Nur wenige Einzelheiten sind über sie in den Märtyrerakten festgehalten. Wir finden darin einen Satz, der wohl wörtlich genommen ist und auf den es zurückgehen mag, daß sie zur Schutzherrin der Musik wurde. Er lautet: „Während die Musikinstrumente erklangen“ – nämlich anläßlich ihrer Hochzeitsfeier – „bat Cäcilia den Herrn, er möge ihr Herz und ihren Leib unbefleckt erhalten.“ Meist findet man sie mit einer tragbaren Kleinorgel oder anderen Musikinstrumenten abgebildet. „Vielleicht ist keine Schutzpatronin in der Welt zu ihrem Amt unschuldiger gekommen als Cäcilia. Sie kam dazu, weil sie auf die Musik nicht achtete, ihre Gedanken davon abwandte, mit etwas Höherem beschäftigt, sich von ihren Reizen nicht verführen ließ.“ So hat auch Raffael sie verstanden und gemalt: „Indem die Heilige die Orgel senkt, zu den übrigen am Boden liegenden, verworfenen Instrumenten fallen läßt, anerkennt sie“, wie Willibald Gurlitt es ausdrückt, „die Ohnmacht aller sinnlich wahrnehmbaren Musik vor jener absoluten Musik, die keines Menschen Ohr je vernommen, die im Musizieren nur Engeln, im Hören nur Heiligen zugänglich ist“.

Cäcilia stammte aus dem erlauchten römischen Geschlecht der Meteller oder Cäcilier und erlitt im 3. Jahrhundert den Tod für Christus. Früh schon als Christin erzogen, gelobte sie in ihrer großen Liebe zum Herrn diesem ewige Jungfräulichkeit. Als ein edler Jüngling um sie warb, versprachen ihre Eltern, die von ihrem Entschluß nichts wußten, sie ihm zur Gemahlin. Cäcilia erzählte ihrem Bräutigam am Hochzeitstage, daß sie Christin sei und das Gelübde der Jungfräulichkeit abgelegt habe. Valerian wurde durch sie bekehrt und nahm mit seinem Bruder Tiburtius den Christenglauben an. Nachdem aber die beiden Jünglinge sich in edler Begeisterung todesmutig in der Öffentlichkeit ihres Christentums gerühmt hatten, wurden sie verhaftet und hingerichtet.

Als man ihre Güter einziehen wollte, hatte Cäcilia schon alles unter die Armen verteilt. Hierüber wütend, vergaß der Präfekt, welch vornehmer und geachteter Familie Cäcilia entstammte und ließ sie vor sich kommen. Der Richter staunte über die Festigkeit und Furchtlosigkeit ihrer Antworten. Da die Jungfrau seinem Ansinnen, den Göttern zu opfern, widerstand, wurde auch sie zum Tode verurteilt. In ihrer Villa sollte sie durch heiße Dämpfe im Bade erstickt werden. Wunderbarerweise ging sie aber unversehrt daraus hervor. Nun holte man den Scharfrichter. Der Henker tat drei Streiche, traf sie aber erst mit dem letzten. Doch konnter er ihr Haupt vom Rumpfe nicht trennen und ließ sie einfach liegen. Die Heilige lebte noch drei Tage. Da sie selbst nicht mehr reden konnte, bat sie die herbeigeeilten Christen durch Zeichen alles, was sie noch besaß, an die Armen zu verteilen. Das geschah unter der Regierung Kaiser Marc Aurels.

Ihr Leib wurde von den Christen in den Katakomben beigesetzt. Er wurde im 5. Jahrhundert in die ihr zu Ehren erbaute Cäcilienkirche übertragen, die man in Tratevere über dem Haus, wo sie ihr Martyrium erlitten hatte – es war vermutlich das haus ihres gatten Valerian – errichtete. Papst Paschalis I. (817-824) ließ die Kirche erneuern. 1599 wurde anläßlich einer Restaurierung der Kirche die vermauerte Gruft geöffnet, in der sie beigesetzt war. Da zeigte sich ein ergreifendes Bild: der Leichnam der Jungfrau lag unverwest auf der rechte Seite, eingehüllt in ein langes Gewand aus Goldbrokat. Der Hals zeigte eine tiefe Wunde, das Gewand trug Blutspuren und zu ihre Füßen lagen blutgetränkte Leintücher. So wie sie damals aufgefunden wurde, hat der Bildhauer Maderno die wie schlafend daliegende Gestalt der Heiligen in Marmor nachmodelliert. Man stellte diese Statue in einer offenen Nische des Hochaltars auf. Neben der Kirche wird heute noch das Caldarium der antiken Thermenanlage gezeigt, wo die hl. Cäcilia eingesperrt war, um den Erstickungstod zu finden, und hier auch soll der Henker sie schließlich erschlagen haben.

(nach: Das große Buch der Heiligen – Geschichte und Legende im Jahreslauf, von: Erna und Hans Melchers, Bearbeitung: Carlo Melchers; Südwest Verlag München, 9. Auflage 1986)

Der hl. Antonius von Padua

geb. 1195 in Lissabon, gest. 13.06.1231 in Arcella bei Padua (13. Juni)
von P. Marc Brüllingen


Die Italiener nennen den hl. Antonius wie die über seinem Grabe errichtete Basilika in Padua einfach ‚Il Santo‘; denn er ist für sie der Heilige schlechthin. Die Kirche erteilte ihm als dem ‚Doctor evangelicus‘ die Würde eines Kirchenlehrers. Das Antoniusbrot, für das in allen katholischen Kirchen ein eigener Opferstock aufgestellt ist, ist ein Almosen zu Ehren des Heiligen und erinnert an sein soziales Wirken. Er genießt bis heute eine Beliebtheit wie außer der Gottesmutter kaum ein anderer Heiliger. Das katholische Volk hat ein unbegrenztes Vertrauen auf seine Fürbitte; unter anderem wird er angerufen, wenn man etwas verloren hat, und er hat sich unstreitig fast immer noch hilfreich erwiesen.

Aber er steht auch in dem Rufe, daß er nichts umsonst tut: der Gläubige muß für seine Hilfe ein Opfer bringen, und am liebsten ist ihm eine Geldspende für die Armen! Seine oftmals etwas süßliche Darstellung als Jüngling in Franziskanertracht, in der Rechten eine Lilie, auf dem linken Arm das Jesuskind tragend, bezeichnet das Volk als ‚Kindltoni‘. Manchmal hat er anstelle der Lilie ein flammendes Herz als Attribut, so an der Bronzestatue des Donatello in Sant‘ Antonio in Padua und auf dem Mantegnabild an der Fassade derselben Kirche. Weitere Attribute des Heiligen sind Fische, Esel oder Pferd, Buch – als Symbol der Weisheit. Vom hl. Antonius von Padua gibt es unzählige Darstellungen, auch mit anderen Heiligen zusammen, oder solche, die Einzelheiten aus den vielen Legenden wiedergeben, die sich um seine Person ranken.

Seine Patronate sind vielseitig: außer dem Wiederfinden verlorener Gegenstände ist er Schutzheiliger der Reisenden, der Liebenden, für eine gute Ehe, gegen Unfruchtbarkeit, Fieber, Viehseuchen, teuflische Mächte, Katastrophen, ferner der Bergleute, Bäcker, Haustiere (Pferde und Esel).

Antonius war Portugiese und wurde 1195 in Lissabon geboren. Ursprünglich hieß er Fernando Bullone und stammte aus dem Geschlechte Gottfrieds von Bouillon, des ersten Eroberers des Heiligen Grabes. Mit fünfzehn Jahren trat er in den Orden der Augustiner-Chorherren ein. Hier bildete er sich in zehn Studienjahren „zum tiefen Kenner der Heiligen Schrift“. Auch diesen Heiligen traf der Anstoß Gottes: als fünf Franziskanermönche, die auf ihrer Missionsreise in Marokko von den Mauren getötet worden waren, in Coimbra feierlich bestattet wurden, befand sich Fernando mitten in der ergriffenen Menge. Er hatte die Minderbrüder selbst gekannt, wollte er sie doch seinerzeit begleiten. Er faßte den Entschluß, den Bettelmönchen beizutreten, um ebenfalls den Heiden zu predigen. Mit 25 Jahren trat Fernando 1220 in das Franziskanerkloster in Coimbra ein und legte seinen Namen ab, um den Namen Antonius anzunehmen. Auf seine inständige Bitte erlaubte man dem neuen Minderbruder, noch im gleichen Jahr als Missionar nach Marokko zu reisen. Als er jedoch das afrikanische Ufer erreichte, wurde der junge Mönch, der das Märtyrertum so sehr ersehnte, sterbenskrank. Körperlich und seelisch geschwächt, mußte er sich schweren Herzens entschließen, in die Heimat zurückzukehren.

Das Schiff jedoch, dem er sich anvertraute, wurde durch einen Sturm an die sizilianische Küste verschlagen. In Messina vernahm er, daß der Ordensstifter einen Aufruf zur Versammlung der Franziskaner in Assisi erlassen hatte. Sofort machte er sich auf den Weg dorthin. Aber unter den vielen Franziskanern, die dort im Jahre 1221 zusammengekommen waren, bemerkte niemand den schweigsamen Mönch. Zuletzt nahm sich der Provinzial der Romagna, Bruder Gratian, seiner an. Demütig verschwieg Antonius seine Erziehung und sein enormes Wissen der Hl. Schrift. Von nun an diente Antonius wie der Geringsten einer in dem einsamen Bergkloster bei Forlí. Hier verbrachte er sein stilles Dasein ganz in Demut und Buße. Den schweigsamen Bruder hielt man sogar für schwachsinnig.

Durch einen Zufall wurde seine große Rednergabe offenbar. Als anläßlich einer Primizfeier keiner der anwesenden Patres unvorbereitet eine Rede halten konnte, wies einer scherzend auf Bruder Antonius, der solle es doch versuchen. Aber nun war die Verwunderung der Mitbrüder grenzenlos, denn der stille Mönch sprach mit solcher Kraft und Begeisterung, verfügte über so bezaubernde und ergreifende Worte und bezeugte zudem ein außergewöhnliches Wissen, daß man ihn allgemein als einen Meister der rede erkannte. Als der hl. Franziskus hiervon hörte, ernannte er den bis dahin so Unbeachteten zum ersten Lektor der Franziskaner für Theologie und berief ihn zum Prediger auf die Kanzeln der Städte. Nun strömte das Volk zu Tausenden herbei, um ihn zu hören.

Antonius verkündete das Evangelium in allen Gegenden Italiens und in Südfrankreich. Schon zur Nachtzeit versammelten sich die Hörer und warteten geduldig, bis er die Kanzel bestieg. Unerhört war die Kraft und der Erfolg seiner Predigten. Sooft er auftrat, umringten ihn sofort die Gläubigen. Seine Zunge brauchte er nur als Organ zur Verherrlichung der Ehre Gottes, um den heiligen Willen Gottes zu lehren, um unsterbliche Seelen aus dem Verderben des Irrtums zu retten und die Wahrheit und beseligende Gerechtigkeit zu gewinnen. Auch zeichnete er seine Gedanken in Büchern auf, die für uns ein unsterbliches Zeugnis seiner Weisheit und Gottesliebe bedeuten. Die Predigten des Heiligen waren eine Hauptwaffe zur Bekämpfung der Katharer, einer Sekte, die damals besonders in Oberitalien viele Anhänger gewonnen hatte. Antonius war ihnen durch seine gründliche Schulung überlegen und konnte sich ihnen in öffentlichen Streitgesprächen stellen. Er hatte solche Macht über die Ketzer, daß man ihm schließlich den Beinamen „Hammer der Ketzer“ gab. Doch seine großartigen Predigten waren es nicht allein, die ihm immer wieder Kraft für neue Taten spendeten. Vor allem sein großer Bußeifer und seine nächtelangen Gebete verliehen ihm die Stärke, der er so nötig bedurfte.

Der hl. Antonius wurde später zum Provinzialoberen der Romagna ernannt, aber auf dem Kapitel des Jahres 1230 stellte er einen Antrag auf Amtsenthebung. An Ämtern lag ihm nicht, er wollte nur predigen, wo immer er es konnte. Antonius suchte sogar den wilden Ezzelin von Verona auf und sprach zu ihm: „Das Maß Deiner Greuel ist voll. Wenn Du nicht Buße tust, wird Dich der Zorn Gottes zermalmen.“ Entgegen aller Erwartung war Ezzelin so beeindruckt, daß er fortan abließ von seinen grauenvollen Taten.

Die Anstrengungen des Heiligen gingen über Menschenkraft. Noch in der Fastenzeit des Jahres 1231 verzehrte er sich fast in der Glut seiner Predigten. Am 13. Juni fühlte er sein nahes Ende kommen. Der entkräftete Heilige wurde in das kleine Klarissenkloster Acella gebracht, wo er am gleichen Tage erst sechsunddreißigjährig starb. Seine letzten Worte waren: „Ich sehe meinen Herrn Jesus Christus!“ Gänzlich verbraucht und erschöpft von der Arbeit im Weinberg des Herrn, schonungslos gegen sich selbst bis zum letzten Atemzuge, war der Heilige von Padua viel zu früh von dieser Welt gegangen.

(nach: Das große Buch der Heiligen – Geschichte und Legende im Jahreslauf, von: Erna und Hans Melchers, Bearbeitung: Carlo Melchers; Südwest Verlag München, 9. Auflage 1986)

Der hl. Papst Gregor VII.

geb. um 1020; gest. 25.5.1085 in Salerno (25. Mai)
von P. Marc Brüllingen


Was über ihn und seinen Kampf mit dem deutschen König Heinrich IV. von Freunden und Gegnern geschrieben wurde, füllt eine ganze Bibliothek. Die Gründe und Hintergründe dieses Kampfes werden ewig umstritten bleiben, nicht aber die Persönlichkeit des Papstes, dem Gott die schwere Aufgabe zuteilte, die Freiheit der Kirche gegen staatliche Lebensnotwendigkeiten und Machtansprüche abzugrenzen und zu verteidigen. Er ist, äußerlich gesehen, in dem ungleichen Ringen unterlegen, aber noch im Untergang wächst seine Gestalt zu einer heroischen Größe, die auch seine oft mißverstandene kirchenpolitische Haltung aus der Enge persönlichen Ehrgeizes in die Weite geistig-sittlichen Verantwortungsbewußtseins rückt.

Gregor oder Hildebrand, wie er vor seiner Erhebung zum Papst hieß, kam aus dem Volk. Zu Savona in Toskana war er um das Jahr 1020 geboren. Eigentliche Heimat aber wurde ihm Rom, wo er wahrscheinlich im Marienkloster auf dem Aventin lebte und von dem nachmaligen Papst Gregor VI. in den strengen Traditionen der Kirche erzogen wurde. Ob er auch Mönch von Cluny war, ist nicht sicher bezeugt. Wichtiger ist, daß er den Reformideen, die von Cluny ausgingen, mit ganzer Seele anhing und in dem deutschen Papst Leo IX. einen väterlichen Freund fand, der ihm die Erneuerung des römischen Paulusklosters anvertraute. Schon jetzt gewann er tätigen Anteil an der Leitung der Kirche. Mehrmals ging er als Legat des Papstes nach Frankreich und an den deutschen Hof, um im Sinne der Reform zu wirken. Alexander II. machte den eifrigen Anwalt der kirchlichen Interessen zum Archidiakon und Kanzler der römischen Kirche. Solch ein rascher Aufstieg ist selten, aber Hildebrand hatte sich durch Können und Charakter einer noch höheren Würde wert erwiesen: am 22. April 1073 wurde er während der Leichenfeier für seinen Vorgänger durch einmütigen, stürmischen Zuruf von Volk, Klerus und Kardinälen zum Papst gewählt.

Gregor VII., wie er sich in Erinnerung an den Lehrer seiner Jugend nannte, nahm die Wahl nicht leichten Herzens an. Seine Reisen hatten ihm zur Genüge gezeigt, welch gewaltige Arbeit in allen Ländern der Christenheit noch zu leisten war. Niemand konnte höher von der Sendung der Kirche denken als er. Das Reich Gottes unter den sündigen Menschen wiederherzustellen, war das erste Ziel seiner Regierung. Um dieses Ziel zu erreichen, mußte er zwei Grundübel beseitigen: die Käuflichkeit der Kirchenämter und die Sittenverderbnis im Klerus. Beides stand in engem Zusammenhang; denn wer ein Bischofsamt oder die Abtswürde lediglich der Einkünfte und des politischen Einflusses wegen mit Geld erworben hatte, zeigte in der Regel wenig Neigung, ein echt priesterliches Leben zu führen. Vorschriften und Synoden allein genügten nicht, die Schuldigen zu bessern; man mußte das Übel an der Wurzel erfassen und die kirchliche Stellenbesetzung neu regeln. Es gehörte zu den wichtigsten Maßnahmen des neuen Papstes, daß er die Vergabe des kirchlichen Amtes durch einen Laien für unstatthaft erklärte und jede Übertretung mit schweren Kirchenstrafen bedrohte. Ohne es zu wollen, geriet der Papst gerade durch diese für die Genesung der Kirche entscheidenden Dekrete in den Konflikt mit Heinrich IV., der sein ferneres Leben bestimmte.

Der junge deutsche König glich in nichts seinem bedeutenden Vater. Hemmungslos in seinen Leidenschaften, ohne Bedenken in der Wahl seiner Mittel, ohne Achtung vor der päpstlichen Würde und ohne Sinn für die religiöse Mission der Kirche war er bereits von Alexander II. wegen Verschacherung der Kirchenämter gebannt worden. Gregor war geneigt, des Königs Fehler mit seiner Jugend und seinen schlechten Ratgebern zu entschuldigen, unterstützte ihn gegen die siegreichen Sachsen und befreite ihn vom Bann, als Heinrich in seinem Brief Besserung der Mißstände gelobte. Sobald aber Gregor auf mehreren Synoden Ernst machte mit seinem Willen zur Reform und die widerspenstigen Bischöfe kurzerhand absetzte, brach in Deutschland eine offene Revolte aus, und Heinrich IV. machte sich zu ihrem Sachverwalter. Für ihn sprach der Umstand, daß damals die deutschen Bischöfe und Äbte zugleich Reichsfürsten und Inhaber der wichtigsten Kronlehen waren, so daß also der König ihrer Treue unbedingt sicher sein mußte. Deshalb auch sein zähes Festhalten an dem traditionellen Anspruch, erledigte Bischofsstühle nach seinem Gutdünken neu zu besetzen. Hätte er nur würdige und geistlich gesinnte Männer ernannt, wäre es jedoch kaum zwischen ihm und der Kirche zum Bruch gekommen.

Von der Sachsennot befreit und von seinen Räten gegen den Papst aufgestachelt, setzte Heinrich unbekümmert um Gregors Einspruch Bischöfe ein und ab. Als der Papst ihn mehrmals brieflich und durch Gesandtschaften mahnte, erhielt er ein Schreiben des Reichstags zu Worms „An den Bruder Hildebrand“, in welchem die Bischöfe ihm den Gehorsam aufkündigten und der König ihm zurief: „Steig herab von deinem Sitz, befehle ich dir.“ Das war die offene Kampfansage, und Gregor konnte darauf nicht anders antworten als mit der Absetzung und Bannung des Königs. Während aber Heinrich in maßlosem Haß den Papst öffentlich beschimpfen läßt, bleibt Gregor der Priester, dem es nur auf das klare Recht der Kirche, ihre Freiheit von staatlicher Bevormundung und auf die unbehinderte Entfaltung ihrer religiösen Sendung ankommt. Er ist jederzeit bereit zu verzeihen, wenn der König ehrlich einen Ausgleich der kirchlichen und staatlichen Interessen herbeizuführen sucht. Tatsächlich spricht Heinrich, von seinen Fürsten verlassen und der Liebe des Volkes beraubt, in Canossa vor dem Papst das Schuldbekenntnis und wird des Bannes enthoben. Da aber dieser Schritt nur aus äußerem Zwang geschieht, um Reich und Krone zu retten, kann der Friede nicht von Bestand sein.

In der Folgezeit erlebt Gregor eine Enttäuschung nach der anderen. Die deutschen Fürsten haben Rudolf von Schwaben zum König gewählt. Diesem fehlt es nicht an Gründen, den Papst zu bestürmen, den wankelmütigen und arglistigen Heinrich endlich fallen zu lassen. Daß Gregor trotzdem drei Jahre zögert, über Heinrich den Stab zu brechen, ist ein untrüglicher Beweis für seinen Gerechtigkeitswillen. Seit er dem König zu Canossa mit eigener Hand den Leib des Herrn gereicht hat, bringt er es kaum über sich, ihn erneut zu bannen und abzusetzen. Als es schließlich doch geschieht, führt Heinrich sofort den Gegenschlag: er stellt mit den ihm ergebenen Bischöfen zu Brixen einen Gegenpapst auf und zieht mit Heeresmacht gegen Rom. Nachdem er Rudolf von Schwaben vernichtet hat, will er sich auch des lästigen Mahners auf dem Stuhl des heiligen Petrus entledigen. Nach langer Belagerung fällt die Stadt in seine Hand. Gregor rettet sich in die Engelsburg und muß die Normannen aus Unteritalien zu Hilfe rufen, um befreit zu werden. So entsetzlich aber sind die Greuel dieser Straßenkämpfe, daß nun auch die Römer sich gegen den Papst empören. Im Gefolge der Normannen verläßt Gregor die Petrusstadt.

Unbeachtet und von allen Freunden verlassen, ist er am 25. Mai 1085 in Salerno gestorben, bis zum letzten Augenblick überzeugt vom Recht und von der Notwendigkeit seines Kampfes. Er hätte sich durch ein willfähriges Wort von allen Leiden und Verfolgungen retten können, aber er hat lieber Verbannung und frühen Tod ertragen als wider sein Gewissen zu handeln. Mag auch das Wort, das man dem Dulder in den Mund legt, historisch nicht erwiesen sein, es spiegelt doch wie kein anderes die sittliche Größe dieses Mannes wider: „Ich habe die Gerechtigkeit geliebt und das Unrecht gehaßt, deshalb sterbe ich in der Verbannung.“ Auch im Tode kehrte der große Papst nicht nach Rom zurück. Das ferne Salerno hütet sein Grab.

Der hl. Joseph

Bräutigam der allerseligsten Jungfrau Maria, Schutzpatron der Kirche (19. März)
von P. Marc Brüllingen


Am 19. März feiert die hl. Katholische Kirche das Fest eines Heiligen, dessen Verehrung weit verbreitet ist und dessen Fürbitte und Beistand inständig angerufen wird – das Fest des hl. Joseph.

Die Vielzahl der Heiligen mit Namen Joseph gehen alle auf den Pflegevater Jesu zurück. Joseph heißt in der Übersetzung aus dem Hebräischen „der Vermehrer“. Er ist der Heilige des schweigenden Gehorsams und der gewissenhaften Pflichterfüllung. Als mächtiger Fürbitter und Helfer in allen Nöten wurde er zum Schutzpatron der ganzen Kirche (seit 1870) wie der einzelnen Familie und vor allem auch des werktätigen Volkes.

Die früheste Erwähnung des hl. Joseph findet sich im Martyrologium von Reichenau um 850. Seit dem 9. Jahrhundert nahm seine liturgische und volkstümliche Verehrung immer mehr zu. Sie wurde besonders gefördert von Seiten der Franziskaner, durch den hl. Bernhard von Clairvaux, die hl. Theresia von Avila und den hl. Franz von Sales. 1479 führte der Franziskanerpapst Sixtus IV. Sein Fest in der Kirche ein, 1621 wurde der Josephstag gebotener Feiertag, 1729 kam sein Name in die Allerheiligenlitanei, seit 1919 gibt es die Josephspräfation. Ein Vergleich mit dem römischen Kalender zeigt die alte Feier des Festes der Minerva, der Göttin der Handwerker, am 19. März. Papst Pius XII. Führte 1956 das am 1. Mai zu feiernde Missalefest des hl. Joseph „des Werkmannes“ für die Weltkirche ein, auf daß „der 1. Mai sozusagen die christliche Weihe empfange und nicht einer Einladung an die moderne Gesellschaft, das zu vollbringen, was dem sozialen Frieden noch fehlt…“

In der Heiligen Schrift finden wir nur wenig über Joseph! Sie sagt daß er „gerecht“ war (Matth. 1,9), d.h., daß Joseph ein reiner, tugendhafter und heiliger Mann war. Wir kennen die Geschichte des Zimmermanns aus Nazareth. Die Braut war Maria, die Mutter Jesu. Joseph stammte aus dem Geschlechte König Davids, doch war er selbst nur ein einfacher und bescheidener Handwerker. Der scheinbare Gegensatz von äußerer Bedeutungslosigkeit und höchstem inneren Adel zeichnete Joseph aus und ließ ihn zum Vorbild für viele Heilige werden. Wie tief erschreckt muß dieser fromme Mann gewesen sein, als er erfuhr, daß seine reine Braut Maria sich Mutter fühlte, wußte er doch zunächst noch nicht, daß sie durch die Kraft des Heiligen Geistes den Sohn Gottes, den Heiland der Welt, empfangen hatte. Er befand sich in der größten Unruhe. Da er von Maria nichts Arges denken und sie nicht ins Gerede bringen wollte, gedachte er sie heimlich zu entlassen. Aber nicht lange ließ Gott ihn in dieser Unruhe. Jetzt erscheint ihm Gottes Engel zum erstenmal, sagt ihm die Wahrheit und bedeutet ihm, daß er sie zu sich nehmen solle. Joseph gehorcht: mit großer Ehrfurcht und Liebe führt er Maria als seine Ehefrau in sein Haus und wird ihr Beschützer und der Nährvater des Erlösers.

Als der Erlaß des Kaisers Augustus erging, alle Völker seines Reiches sollten aufgeschrieben und gezählt werden, gehorcht Joseph, obgleich er zu diesem Zwecke eine beschwerliche Reise machen muß, die mit Kosten und Opfern verbunden war. Er gehorcht ebenfalls, als mitten in der nacht der Engel befiehlt: „Joseph steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten!“ – Es kommt keine Frage, kein Wort der Auflehnung von seinen Lippen. Immerhin wußte er ja, daß es ein göttliches Kind war und hätte denken können, daß Gott dieses Kind vor Herodes bewahren würde. Aber er stand auf, verließ alles und gehorchte. Zwei Jahre später in Ägypten erscheint ihm der Engel wiederum und befiehlt ihm: „Joseph zieh zurück in das Land Israel. Sie sind alle gestorben, die dem Kinde nach dem Leben trachteten.“ – Und noch einmal muß Joseph alles verlassen, was er sich in dem fremden Lande neu aufgebaut hat, wiederum gehorcht er schweigend und klaglos und unternimmt die weite Reise in die Heimat, wie ihm geboten wurde. Joseph hat das öffentliche Auftreten Jesu und seine Passion anscheinend nicht mehr erlebt, da später von ihm in den Evangelien nicht die Rede ist.

Darstellung: Jesuskind tragend, Stab mit Lilienblüte in der Hand, mit Zimmermannswerkzeugen oder Wanderstab.

(nach: Erna und Hans Melchers, Das große Buch der Heiligen, Geschichte und Legende im Jahreslauf, Bearbeitung – Carlo Melchers, Südwest Verlag München, 9. Auflage 1986)


Bild: Ikone des hl. Joseph | Foto: Heike Hannah Lux

Die Vorfastenzeit

Septuagesima, Sexagesima, Quinquagesima
von P. Marc Brüllingen


confessional, cross, priest, religionMit dem Sonntag Septuagesima beginnt die sogenannte Vorfastenzeit. Die Vorfastenzeit verbindet sozusagen das Ende der Weihnachtszeit mit dem Beginn der Fastenzeit, welche mit dem Aschermittwoch beginnt. Die Namen der Sonntage Septuagesima (=70), Sexagesima (=60) und Quinquagesima (=50) bezeichnen nicht die genauen Abstände bis zum Osterfest, sondern sind aufgerundet.

Schon die Vorfastenzeit deutet auf den Ernst der eigentlichen 40tägigen Fastenzeit hin. Dies wird schon durch das Tragen des violetten Meßgewandes deutlich. Ebenso verstummt der „Alleluia-Ruf“ (bis zur Feier der Osternacht) und wird durch den Tractus ersetzt, der auf das Graduale (=Gesänge zwischen Lesung und Evangelium) folgt. Jedoch ist sie noch nicht so ernst wie die eigentliche Fastenzeit, da noch die Orgel erklingen darf und Blumen den Altar schmücken. Sie ist vielmehr eine behutsame Hinführung zur Fastenzeit, die uns an den Zweck der Menschwerdung Christi erinnern soll.

Der Sinn der Vorfastenzeit kommt sehr treffend im Evangelium von Septuagesima zum Ausdruck – das Gleichnis vom Hausvater, der ausging, um Arbeiter für seinen Weinberg zu dingen. Denn hier geht es um die Mitwirkung am eigenen Seelenheil, und jeder ist dazu aufgerufen, daran mitzuwirken, in den Weinberg des Herrn einzutreten, um für seine Arbeit, seine Bemühungen dann den Lohn zu erhalten. Im Gleichnis ist es der Tageslohn am Abend, in unserem Leben ist es der ewige Lohn am Ende unseres Lebens, wenn wir von Gott für unsere Anstrengungen um das Heil der Seele mit dem ewigen Leben belohnt werden.

Bemühen wir uns somit, daß auch wir zu denjenigen gehören, die sich in diesem Leben auf Erden angestrengt haben, um von Christus am Lebensabend den einen Denar zu erhalten, d.h. in die ewige Glückseligkeit einzugehen. Wer in diesem irdischen Leben sich mit Christus und für Christus anstrengt, der wird in der Ewigkeit auch dafür belohnt werden.


Bild: Fotolia – ID 31611819

Zum Fest Epiphanie – Erscheinung des Herrn

(6. Januar)
von P. Marc Brüllingen


„Wir haben Seinen Stern im Morgenland gesehen und sind gekommen, Ihn anzubeten.“

Am 6. Januar feiert die Kirche das Fest der Erscheinung des Herrn (griechisch: EPIPHANIE).

Während am hohen und heiligen Weihnachtsfest (25. Dezember) die stille Geburt Jesu Christi gefeiert wird, begeht die katholische Kirche am Fest Epiphanie das Fest des öffentlichen Bekanntwerdens des neugeborenen Königs, sozusagen das zweite Hochfest in der Weihnachtszeit, das altchristliche Christkönigsfest. Die ganze Welt soll die Geburt des neuen Königs erfahren.

Die Liturgie der Kirche feiert am Fest Epiphanie drei Offenbarungen:

  1. die Anbetung und Huldigung Christi durch die Weisen aus dem Morgenland

  2. die feierliche Verkündigung des himmlischen Vaters bei der Taufe Christi (Fest: 13. Januar)

  3. das erste öffentliche Wunder bei der Hochzeit zu Kana, um seine Herrschermacht zu offenbaren
    (Evangelium am 2. Sonntag nach Epiphanie)

Der Tag der Erscheinung des Herrn ist jedoch nicht nur ein Königsfest, sondern zugleich auch ein Vermählungsfest, da Christus sich mit seiner Braut, der heiligen Kirche vermählt.

Ebenso vermählt Christus sich mit uns, weil wir in den Weisen, die am heutigen Festtag kommen, um Christus, den König anzubeten und ihm ihre Geschenke darzubringen, die ersten Vertreter aus der Heidenwelt erblicken. Christus ist den Heiden erschienen (daher: epiphanein=erscheinen), um zu zeigen , daß auch sie durch ihn erlöst worden sind. Epiphanie ist somit auch das Fest der Berufung der Heiden.

Wir sind folglich auch dazu aufgerufen, Christus, dem König, entgegenzugehen, ihn anzubeten, so wie es die Weisen getan haben. Anstelle von Gold, Weihrauch und Myrrhe sollen wir Ihm uns selbst schenken mit Leib und Seele. Wir sollen unserem König angehören, ihm nachfolgen und ihm allein dienen. Wie die Weisen sollen wir uns auf den Weg machen, um Gott zu suchen, nach ihm zu fragen und ihn zu finden. Die Weisen sind vor allem daher ein schönes Vorbild des Sich-Mühe-Gebens bei der Suche nach Gott, keine Ruhe zu haben, bis man ihn endlich gefunden hat und dann ebenso diese große Freude zu haben, ihn anzubeten und ihm zu huldigen.


Foto: Heike Hannah Lux