ein moderner Heiliger
von Pater Korbinian Mendler
„Alle werden als Originale geboren, aber viele sterben als Kopien.“ So lautet die knappe Feststellung eines gewissen Carlo Acutis Anfang der 2000er Jahre. Ein interessantes Urteil für einen Jugendlichen mit gerade einmal 15 Jahren Lebenserfahrung. An wen er wohl gedacht hatte, als er das sagte? Ob es nur jene typischen Klassenkameraden waren, die eines Tages einmal Stars werden wollten wie ihre Idole, mit vielen Fans bzw. Followern? Oder ob er auch so manche Katholiken vor Augen gehabt haben mag, die vor lauter Verpflichtungen ganz vergessen hatten, dass das wichtigste Gebot in der Gottes- und Nächstenliebe besteht? Sein Urteil ist jedenfalls interessant. Nicht zuletzt deshalb, weil seine eigene Biographie zunächst klingt wie die Kopie einer mittelalterlichen Legende.
Mit drei Jahren habe er bereits überraschend tiefschürfende Fragen über Gott und die Welt gehabt. Mit vier Jahren sei er täglich in einer Kirche gewesen, mit sieben Jahren täglich in der hl.Messe, wöchentlich bei der Beichte – und das alles, obwohl seine Eltern eigentlich keine praktizierenden Katholiken waren.
Das klingt schon fast zu fromm, möchte man meinen. Allerdings hat sich diese Biographie eben nicht im Mittelalter, sondern im 21. Jahrhundert zugetragen. Und das ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: es bedeutet einerseits, dass es noch lange Augenzeugen geben wird, die Nachrichten über ihn verifizieren und falsifizieren können. Und es bedeutet andererseits, dass sich dieses außergewöhnliche Leben im gewöhnlichen Alltag eines italienischen Jugendlichen abgespielt hat. Also zwischen Videospielen (die er auf eine Stunde pro Woche begrenzte), Mitschülern (die er unterstützte, wenn sie gemobbt wurden) und Obdachlosen (die er gerne mit Essen versorgte), um nur ein paar Aspekte hervorzuheben.
Carlo Acutis war es gelungen, den alten überlieferten Glauben, den er ja in gewisser Weise „kopiert“ hatte, ganz „originell“ in unserer Zeit zu leben. So originell und gut, dass der Frühvollendete nun der ganzen Weltkirche als Vorbild und Fürsprecher gegeben werden soll: am 07. September steht seine Heiligsprechung an.
Würde man ihn fragen, wie er so schnell ans Ziels gelangt war, hätte er wohl gesagt: mit seiner „Autobahn zum Himmel“. Jener Begegnung in der Eucharistie, durch die wir Christen „immer mehr wie Jesus werden“.
Carlo Acutis ist damit eine Mahnung für jeden, oder zumindest eine Erinnerung. Eine Erinnerung, daran, dass Heiligkeit auch im 21.Jahrhundert noch möglich ist. Und zwar bei jedem auf seinem Platz und auf seine Weise, als Original, so, wie Gott ihn gedacht hat.