Aus den Tiefen …

von P. Andreas Fuisting

Nun stehen wir bereits in der Vorfastenzeit, mit der die Vorbereitung auf das höchste Fest des Kirchenjahres begonnen hat: Ostern, die Feier unserer Erlösung. Drei Sonntage gehen der 40tägigen Fastenzeit voraus, die Sonntage Septuagesima, Sexagesima und Quinquagesima, was bedeutet der siebzigste, sechzigste und fünfzigste Tag vor Ostern. (Die Zahlen sind abgerundet, weil der folgende Sonntag Quadragesima genannt wird).

Die drei Vorfastensonntage sind eine Einladung Gottes: „Geht in meinen Weinberg“, „lauft in der Rennbahn“, damit ihr den Siegespreis erlangt. Wir erhalten die Aufgabe das Samenkorn des Wortes Gottes in den Ackergrund der Seele zu legen, damit es aufgeht und Frucht bringt. Was wir an Mühen und Opfern aufbringen in Vorfasten- und Fastenzeit ist auf Ostern gerichtet, wo wir, erleuchtet durch die Taufgnade, mit Christus zu neuem Leben auferstehen sollen.

Zuvor aber gehen wir nun wie durch eine Vorhalle auf die Fastenzeit zu. Das erste, was die Kirche uns dabei zum Bewußtsein bringen will, ist, daß wir Sünder, Gefallene sind, die hilfsbedürftig, arm und ohnmächtig, nicht aus eigener Kraft aus der Not der Seele herauskommen können. „Aus den Tiefen rufe ich, o Herr, zu dir, Herr erhör mein Rufen.“ Als gläubige Christen muß uns in dieser Zeit die starke Hoffnung beseelen, daß wir, nachdem wir uns in Reue und Buße dem lebendigen Gott wieder zugewandt haben unseren Lohn erhalten werden, weil Gott in seiner unendlichen Liebe dem Reumütigen sein Erbarmen schenkt.

Seit Septuagesima schweigt im Gebet der Kirche das Alleluja. Erst in der Osternacht erklingt es wieder. Ein mittelalterlicher Liturgiker sagt dazu: „Wir stellen das Alleluja ein, das die Engel singen, weil wir, durch die Sünde Adams von der Gesellschaft der Engel ausgeschlossen, im Babylon des Erdenlebens dasitzen an den Bächen und weinen beim Gedanken Sions; und wie die Söhne Israels im fremden Land die Harfen an die Weiden hängten, so müssen wir den Allelujagesang zur Zeit der Trauer in Buße und Bitterkeit des Herzens vergessen.“

Unbefleckte Empfängnis

8. Dezember
von P. Marc Brüllingen


Die „Unbefleckte Empfängnis“ ist ein Privileg Mariens in bezug auf ihre Seele. Es wurde nie ernsthaft bestritten, daß bei Maria irgendeine Form von antizipierter Heiligung stattgefunden hat. Ähnlich wie beim hl. Johannes dem Täufer (Lk 1,15) dachte man an eine Heiligung vor der Geburt im Mutterschoß.

Seit dem 12. Jahrhundert wurde die Frage diskutiert, ob Maria nur vor der Geburt oder auch im ersten Augenblick ihrer Empfängnis geheiligt wurde. Wurde Maria also vom schon eingetretenen Makel der Erbsünde nachträglich befreit oder blieb sie davor bewahrt?

Was das Fest der „Empfängnis Mariens“ – wie es ursprünglich hieß – betrifft, so kann man nicht ohne weiteres behaupten, man habe hiermit die unbefleckte Empfängnis feiern wollen. In der alten Kirche wurde von den Griechen und z. T. auch von den Lateinern (besonders in Neapel und Ravenna) noch früher als die Empfängnis Mariens das Fest der Empfängnis des hl. Johannes des Täufers gefeiert. Man feierte darin die wunderbaren Ereignisse, die mit der Empfängnis des Johannes verbunden waren.

In analoger Weise erklärte man im Mittelalter zuweilen auch das Fest der Empfängnis Mariens. Die leibliche Empfängnis Mariens sei als erster Anfang des Daseins der Mutter Christi ein freudenreiches Ereignis und die Einleitung zu ihrer späteren Heiligung und der Empfängnis Christi.

Papst Pius IX. definierte das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariens am 8. Dezember 1854 durch die Bulle „Ineffabilis Deus“.

Schon das Konzil von Basel hatte 1439 eine Definition versucht, die aber keine Gültigkeit hatte, da das Konzil von Basel schismatisch war und vom Papst nicht bestätigt wurde. Dennoch ist dieses Ereignis ein Zeichen dafür, daß der Glaube an die Unbefleckte Empfängnis in der Kirche schon weit verbreitet war. Papst Sixtus IV. verbot 1483 durch die Konstitution „Grave nimis“ die Unbefleckte Empfängnis zu zensurieren bzw. die Leugnung als häretisch zu brandmarken. Vorher schon hatte er das zu Ehren der Unbefleckten Empfängnis verfaßte Meßformular und Offizium „Sicut lilium“ gebilligt und mit Ablässen versehen. Er führte das Fest auch in die Diözese Rom ein. Papst Pius V. verdammte den Satz des Bajus, niemand sei ohne Erbsünde empfangen und Maria habe die Folgen der Sünde wegen der Erbsünde und persönlichen Sünden getragen. Papst Paul V. verbot 1617 die Behauptung, Maria sei in der Erbsünde empfangen öffentlich zu lehren und zu verteidigen. Papst Gregor XV. dehnte dieses Verbot auch auf den privaten Bereich aus. Nur den Dominikanern war es weiter erlaubt, über diese Frage privat zu disputieren. Papst Alexander VII. legte schließlich in der Bulle „Sollicitudo omnium ecclesiarum“ die kirchliche Lehre von der unbefleckten Empfängnis dar und wies die falschen Interpretationen und Einwände zurück. Das Fest der „Conceptio Beatae Mariae Virginis“ wurde 1708 von Papst Klemens XI. für die gesamte Kirche vorgeschrieben.

Die Heilige Schrift äußert sich nicht ausdrücklich über diesen Lehrpunkt, aber in dem Bild Mariens, wie es sich aus dem Protoevangelium (Buch Genesis 3,15), dem Gruß des Engels und der Elisabeth ergibt, ist die Unbefleckte Empfängnis eingeschlossen.

Die ganze Tradition beherrscht das Bild der außerordentlichen Reinheit und Heiligkeit Mariens und ihr Typus als neue und bessere Eva. Für die Freiheit von der Erbsünde finden sich in den ersten Jahrhunderten keine ausdrücklichen und sicheren Zeugnisse, aber doch Aussagen, die sehr deutlich in diese Richtung gehen. Das Hauptproblem besteht im Dogma von der Allgemeinheit der Erbsünde. Daher kommt die unklare und schwankende Haltung einiger Kirchenväter: So nennt z. B. der hl. Ambrosius Maria zwar heilig in ihrem Ursprung (De instit. Virgin. 5) und durch die Gnade frei von allen Flecken der Sünde (In Ps. 118), aber anderswo erklärt er wieder Christus für den einzigen der der Ansteckung der irdischen Verderbtheit nicht verfallen sei (In Luc. II,26).

Wichtig ist die Einführung des Festes der Empfängnis Mariens, das ursprünglich den Namen „Empfängnis der hl. Anna“ führte und bei den Griechen am 9. Dezember gefeiert wurde. Gegenstand des Festes war am Anfang nicht eigentlich die Unbefleckte Empfängnis Mariens durch einen Engel, wie es im apokryphen Jakobusevangelium erzählt wird. Man dachte aber wenigstens im Allgemeinen an eine von Anfang an heilige Empfängnis. Als man sich im Abendland über den genaueren Sinn der Festfeier Gedanken machte, kam es zu der berühmten Kontroverse. Einige angelsächsische Theologen erklärten, der eigentliche Gegenstand des Festes sei die Unbefleckte Empfängnis. Die erste scholastische Verteidigungsschrift der Unbefleckten Empfängnis stammt dann auch von einem Schüler des hl. Anselm von Canterbury, dem Benediktiner Eadmer (+1124): Tract. de conceptione S. Mariae.

Die Frage wurde in der Scholastik gewissermaßen falsch gestellt. Man fragte sich: Fand die Heiligung Mariens schon vor der Eingießung der Seele statt, so daß das Fleisch geheiligt wurde und die Seele sich infolgedessen nicht die Erbsünde zuzog oder erfolgte die Heiligung erst nach der Eingießung der Seele, die folglich schon von der Sünde infiziert war? Auf die Möglichkeit, daß die Heiligung Mariens sich zugleich mit der Eingießung der Seele vollzog, kam man nicht, bzw. wenn man eine solche erwog, dachte man sie sich so, als wäre Maria dann von der Erlösungsbedürftigkeit ausgenommen. Die Theologen glaubten, daß die Erlösungsgnade in bezug auf Maria nicht nur eine zukünftig drohende, sondern eine tatsächlich eingetretene Verstrickung in die Sünde voraussetze. Die Theologen waren nicht prinzipiell gegen das jetzt definierte Dogma, sondern wußten nur die Schwierigkeiten nicht zu lösen.

Es ist unbestreitbar das große Verdienst des Johannes Duns Scotus, gezeigt zu haben, daß die Gründe für die Heiligung Mariens nach der Beseelung nur eine posterioritas naturae (=Spätersein der Natur), nicht temporis (=der Zeit) forderten. Eine wahre Erlösung besteht nicht nur in der Reinigung von der bereits eingetretenen Sünde, sondern kann auch in der Bewahrung vor dem Makel bestehen, und dies ist sogar die vollkommenere Art der Erlösung. Somit war eine Bewahrung Mariens vor der Erbsünde möglich, ohne daß man sie deshalb von der Erlösung ausnehmen mußte.

Das Lehramt der Kirche ist bei der Dogmatisierung der Unbefleckten Empfängnis in diesem Fall der franziskanischen Schule gefolgt.

Karneval

„So lange die Päpste in der Stadt Rom etwas zu sagen hatten, also bis 1870, hat es den Karneval gegeben.“ (aus Concerto Romano, von Reinhard Raffalt, 1972)

In manchen Ländern feiert man während der Tage vor dem Aschermittwoch den sog. „Karneval“ (Fastnacht). Der Name kommt von den lateinischen Worten: „carrus navalis“ (Narrenschiff); die Herleitung vom italienischen „carne vale“ (Fleisch, lebe wohl!) ist einfache Volksetymologie.

Die berühmtesten Karnevalsfeiern, die wir heutzutage noch kennen, sind: der Karneval von Venedig, von Rio de Janeiro und der Kölner Karneval. Viele andere aber mit der Zeit verschwunden, z.B. der Karneval von Neapel, von Mailand, von Florenz und von Rom.

Die Geschichte des römischen Karnevals, der sog. „Carnevale di Roma“ oder „Carnevale romano“ hat wahrscheinlich seinen Ursprung in dem alten römischen Fest „‘Saturnalia“, ein sehr altes Fest des römischen Kalenders am 17. Dezember: „Feriae Saturno“ und Jahresfest der Gründung des Saturnus Tempels. Es war auch das beliebteste Fest der Römer und das größte Bauernfest der römischen Frühzeit: Reinigungs- und Wiedererstarkungsfest der Natur. Die Feier begann mit einem Opfer am Saturntempel und einem Mahl für das ganze Volk auf Staatskosten. Anschließend wurde in üppigen Gelagen weitergefeiert. Der Karneval in Rom ist, in diesem Sinne, eine alte Festlichkeit, seit dem Mittelalter.

Die alte Volkstradition war eine große Sensation, die fast acht Stunden dauerte, und war verbreitet in der Zeit von acht Tagen bis zum Karnevalsdienstag, in Frankreich der sogenannte „Mardi gras“, dem Vorabend des Aschermittwochs. Während des Karnevals waren die Straßen und Plätze voller Leute, weil diese Tage mit Spektakeln, Musik, Paraden und Essen für das Volk gratis gespendet wurden. Das erste Theater war die Piazza Navona, wo Ritterspiele stattfanden.

Seit dem 10. Jahrhundert fand man in Rom das erste Mal solche Spuren über „Karnevalsvergnügungen“, die sog. „ludi carnevalarii“ (Karnevalistische Spiele), die damals auf dem künstlichen Hügel Roms, „Testaccio“ auf Anordnung der päpstlichen Stadtverwaltung, zum Andenken an die alten römischen „Ludi“ (Spiele), gefeiert wurden. In einem Codex der Kirche von Cambrai (Anfang 13. Jh.) findet man, daß in Rom „in Dominica dimissionis carnium“ (am Sonntag des Abschieds vom Fleischlichen) in Anwesenheit des Papstes ein Spiel aufgeführt wurde, bei dem man Tiere (Bären, Ochsen und einen Hahn) als Sinnbilder „fleischlicher Lust“ tötete. Fast zur selben Zeit begann auf dem Hügel „Testaccio“ der Gebrauch der „ruzzica de li porci“ (die Schweinen – Scherze). Die römische Lokalhistorikerin Ada Chiarini schreibt hierzu: „Die mittelalterlichen Vergnügungen des römischen Karnevals waren von Gewalt gekennzeichnet: So trieb man von Stieren gezogene Karren mit Wildschweinen auf den Testacciohügel und stürzte sie in den Abgrund. Um die verletzten und toten Tiere stritt sich dann das Volk.“

Aber seit der Renaissance im 15. Jahrhundert erlebte der Karneval seine Blütezeit. Unter dem Pontifikat des Venezianers Pietro Barbo, der als Papst Paul II. vom 30. August 1464 bis zum 26. Juli 1471 regierte, zeigte sich die Festigung der päpstlichen Herrschaft auch sehr geprägt im strengen und festen Zeremoniell. Von der Entwicklung in Avignon geprägt, wurde vor allem der Vatikan immer mehr zum Zentrum  der päpstlichen äußeren rituellen Feierlichkeiten dargestellt. Die Fronleichnamsprozessionen sowie die Feier des Karnevals wurden eine der wichtigsten Feierlichkeiten dieser Zeit.

Papst Paul II. entschied selbst im Jahr 1466 den Karneval in der Via Lata (heute Via del Corso) feiern zu lassen. Und darüber hinaus ordnete er an, Kostüme und Masken zu tragen, die von ihm selbst organisiert und bezahlt wurden. Ada Chiarini beschreibt diese Situation folgendermaßen: „Im päpstlichen Rom waren diese Tage gewöhnlich die Gelegenheit, sich so richtig auszuleben, denn nur während dieser Tage war diese Freiheit im Verhalten erlaubt. Der ansonsten streng eingehaltene Unterschied der gesellschaftlichen Klassen im päpstlichen Rom wurde deutlich gelockert, und das nutzte das Volk zu recht ausgelassenen Vergnügungen aus.“

Reinhard Raffalt ergänzt hierzu: „Es war den Menschen zu deutlich vordemonstriert worden, wie vergänglich das Irdische ist – also begann man, es in vollen Zügen zu genießen, und es gerade deshalb so schön zu finden, weil es so flüchtig war. Eine Welle schrankenloser Diesseitsfreude machte die Menschen Roms damals zu einer Gesellschaft karnevalistischer Narren.“ (Concerto Romano, S. 195)

In der Länge von der „Via del Corso“ fanden sich zwei Volksgebräuche, die schon seit dem ersten römischen Karneval dabei waren, nämlich „la Corsa dei Moccoletti“ (der Wettlauf der Kerzenträger, „moccolo“ bedeutet auf italienisch „Kerze“) und „la Corsa dei Barberi“ (der Wettlauf der Pferderenner). Beim ersten trafen sich die Karnevalisten auf Straßen und Plätzen mit Kerzen, die sie in den Händen hielten oder auf ihren Hüten trugen. Jeder versuchte die Kerzen des anderen auszublasen (siehe: Charles Dickens, „Festa di Moccoletti“, in seinem Essay „Visioni d’ Italia).  Beim zweiten noch beliebteren, fand ein wildes Pferderennen statt, das von der Piazza del Popolo bis zur Piazza Venezia ging. Die Pferde, sog. „Berber“, waren sehr  beliebt wegen ihrer physischen Fähigkeiten und Kräfte. Mit der Zeit wurde diese zweite Tradition abgeschafft und der Gebrauch des Karnevals blieb nur wegen der Maskenparaden und anderer allegorischer Spektakeln in den berühmtesten Kreisen von Rom erhalten.

Selbstverständlich brachte die karnevalistische Praxis auch Exzesse hervor. Der Dominikanermönch und Prediger Hieronymus Savonarola (1452-1498), empört von den Exzessen des Karnevals von Florenz, schrieb fast zur gleichen Zeit die „Canzone d’un Fiorentino al Carnevale“ (Gesang eines Florentiners an den Karneval), ein klarer Protest gegen die Exzesse des Feierns. Einige Zeit später mußte der Karneval von Florenz nach Rom verlegt werden. Aus diesem Grund wurde der Karneval in Rom eine der wichtigsten Feierlichkeiten der päpstlichen Renaissance in ganzen Italien bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts.

Selbst Johann Wolfgang von Goethe schreibt in seinen „italienischen Reisen“ kritisch über das „römische Karnevalstreiben“, das er direkt von seinem Fenster aus in der „Via del Corso“, (Hausnummer 18), erlebt hat.

Seit 1874, die Zeit, wo der Papst im Exil im Vatikan lebte, verlor der Karneval langsam seine Bedeutung und Tätigkeit.

Heutzutage beginnt der Karneval in Rom mit einer Parade durch die „Via del Corso“ und endet mit verschiedenen Veranstaltungen in den berühmtesten Straßen Roms. Vielleicht findet man hier ein kleines Relikt dieser Zeit bei uns, das weit entfernt von der Ewigen Stadt zurückgeblieben ist…

„Cor orbis terrarum est Colonia,
Cor mundi ad Rhenum palpitat” (Gallinae)

(Dat Hätz vun d’r Welt, ja dat is Kölle,
dat Hätz vun d’r Welt, dat schlät am Ring!
Das Herz der Welt, ja das ist Köln,
das Herz der Welt, das schlägt am Rhein;
De Höhner – Musikgruppe aus Köln)

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Der hl. Clemens von Rom

hl. Clemens I.  (Fest: 23. November)
von P. Marc Brüllingen


Die Kirche S. Clemente in Rom, gelegen an der Straße, die vom Kolosseum zum Lateranpalast führt, gehört kunsthistorisch zu den wichtigsten Kirchenbauten überhaupt, da sie am besten von allen den Charakter einer frühchristlichen Basilika bewahrt hat. Der von außen fast unscheinbar wirkende Bau erhebt sich über einem der ältesten christlichen Versammlungsorte Roms, dem Elternhaus des heiligen Clemens, der von 88-97 als dritter Nachfolger von Petrus den Papststuhl innehatte. Die Unterkirche, die schon im vierten Jahrhundert erwähnt wurde, ist seit 1108 von der Oberkirche überbaut. Lange Zeit war der Kirchenbau in der Tiefe vergessen, bis man ihn 1857 wiederentdeckte und nach und nach freilegte. Heute gehört dieses einmalige Bau-Kunstwerk zu den größten Sehenswürdigkeiten Roms. Die Reliquien des großen Papstes Clemens I. werden im Hochaltar der Oberkirche aufbewahrt.

Clemens Romanus kam gegen Mitte des ersten Jahrhunderts in Rom zur Welt und wurde im heidnischen Glauben erzogen. Schon früh erkannte er, daß es etwas geben müsse, das tiefer ging, etwas, das mit Unsterblichkeit zu tun hatte. Eines Tages hörte Clemens eine Predigt des Apostels Barnabas und hatte gefunden, wonach er suchte. Er ließ sich von Barnabas taufen und zu Petrus führen. Dieser lernte den jungen Clemens in der Folgezeit kennen und schätzen und ernannte ihn schließlich selbst noch zu seinem Nachfolger auf dem Stuhl Petri. Doch nach dem Tod von Petrus im Jahr 64 weigerte sich Clemens, die Nachfolge des großen Apostelfürsten anzutreten. So wurden erst noch Linus und Anakletus zu Bischöfen von Rom gewählt, bis sich Clemens im Jahr 88 dem Druck von Klerus und Volk beugte und das Amt antrat. Über seine Amtszeit ist jedoch kaum etwas überliefert.

Die Legende erzählt, daß Clemens I. Ende des ersten Jahrhunderts aus Rom vertrieben wurde und auf Anordnung des Kaisers – möglicherweise Trajans – in den berüchtigten Marmorsteinbrüchen von Chersones auf der heutigen Krim arbeiten mußte. In den Steinbrüchen herrschte akuter Wassermangel, die Zwangsarbeiter drohten teilweise zu verdursten. Als Clemens einmal sah, wie ein Schaf an einer bestimmten Stelle mit dem Huf scharrte, grub er mit den Händen nach, und – so die Legende – plötzlich sprudelte eine Quelle aus dem Boden.

Der wutentbrannte Kaiser ließ Clemens daraufhin mit einem Anker um den Hals ins Meer stürzen und die Neugetauften hinrichten. Der Slawenapostel Cyrillus, der Gefährte von Methodius, soll die Gebeine von Clemens dann im Jahr 868 nach Rom zurückgebracht haben, wo sie in der Kirche S. Clemente beigesetzt wurden.


(nach: Vera Schauber, Hanns Michael Schindler – Die Heiligen im Jahreslauf
Pattloch-Verlag, 5. überarbeitete Auflage 1989)

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Hl. Bruno der Kartäuser

(6. Oktober)
von P. Marc Brüllingen


Bild: Ökumenisches Heiligenlexikon

© Joachim Schäfer – Ökumenisches Heiligenlexikon

Man fühlt sich in eine andere Welt versetzt, erreicht man nach malerischer Fahrt über eine schmale Straße, vorbei an Felsabhängen und Wasserfällen, in einem schmalen Tal das Ur-Kloster des Kartäuserordens: La Grande Chartreuse. Überragt von mächtigen Gebirgsmassiven führen die Kartäusermönche hier, nördlich von Grenoble, noch heute ein völlig weltabgeschiedenes Leben. Es herrscht vollkommene Stille, die Luft ist rauh, der Schnee liegt hier oben noch, wenn woanders schon die Wiesen grünen. Der Besucher auf den Spuren Brunos und der Geschichte seines Ordens hat nur Zugang zum Musée de la Carrière, das von Laienbrüdern geleitet wird und eine Fülle von Material über die Entstehung des Ordens sowie Leben und Wirken seiner Mönche zeigt. In der Kirche aus dem zwölften Jahrhundert findet man Werke von Eustache Le Sueur, Darstellungen über das Leben des heiligen Bruno.

Wer war dieser Bruno, der den strengsten aller Orden gründete? Geboren um das Jahr 1030 in Köln, wurde Bruno 1057, nach Studium in Reims, Priesterweihe in seiner Heimatstadt und Tätigkeit als Kanoniker, Leiter der Domschule von Reims. Über 20 Jahre unterrichtete er hier als überaus geschätzter Lehrer und verhalf der Schule zu großem Ruhm.

Dann folgten eine Reihe schwerer Enttäuschungen: Die von Bruno erwartete Wahl zum Bischof von Reims vereitelte ein Kandidat, der sich das Amt erkaufte, und nach Schwierigkeiten mit eben diesem Bischof mußte er sogar aus Reims fliehen. Nach der Absetzung des Konkurrenten durch Papst Gregor VII. machte er sich erneut Hoffnungen auf das Bischofsamt, und wieder wurde ein bezahlender Bewerber, der königliche Kandidat Helinand von Laon, ernannt.

Der von der Welt enttäuschte Bruno legte alle Ämter nieder und verließ 1083 Reims. Kurze Zeit verweilte er im Kloster Molesme, dann zog er mit sechs Gefährten nach Grenoble, wo Hugo, einer seiner früheren Schüler, inzwischen Bischof geworden war. Hugo, seinem Lehrmeister sehr verbunden und zu Dank verpflichtet, schenkte dem Wanderer im Norden seiner Bischofsstadt ein unwegsames Gelände namens Cartusia. Hier entstand dann in mühevoller Arbeit die Große Kartause, die zu Beginn nur aus einer Kapelle bestand, umgeben von hölzernen Einzelzellen. Es war dies der Geburtsort des Kartäuserordens, obwohl Bruno nie die Absicht gehabt hatte, einen Orden zu gründen. Die päpstliche Bestätigung erfolgte übrigens erst am 2. September 1176 durch Alexander III.

Ebenfalls ein früherer Schüler Brunos, der inzwischen zum Papst Urban II. gewählte Odo von Lagery, holte den gelehrten Einsiedler 1089 als Berater nach Rom, ließ ihn aber zwei Jahre später, auf seinen Wunsch hin, wieder ziehen. Bruno ging nach Kalabrien und gründete in der Wildnis La Torre in der Nähe der Stadt Squillace die zweite seiner Kartausen: S. Maria dell‘ Eremo. In seiner dritten Gründung, in S. Stefano di Bosco nahe La Torre, starb Bruno Jahre später am 6. Oktober 1101. Hier in der Kirche fand er auch seine letzte Ruhestätte.

Guigo, der fünfte Prior der Grande Chartreuse, schrieb den Kartäusermönchen neben den üblichen Mönchsgelübden später auch noch ewiges Stillschweigen und Einsamkeit vor. Acht Stunden des Tages müssen die Kartäuser dem Gebet und geistlichen Übungen widmen. Der Genuß von Fleisch ist immer untersagt, einmal in der Woche wird bei Brot und Wasser gefastet. Der Kloster-Kreuzgang trennt die Mönche von ihrer Umwelt. Bis zum heutigen Tag ist die Große Kartause das Kartäuser-Zentrum, der Prior dieses Klosters ist gleichzeitig Ordensgeneral.

Eines der beeindruckendsten Kartäuserklöster Europas ist die Certosa di Pavia in Italien, wenige Kilometer südlich von Pavia. Im Chiostro Grande kann man die Zellen der Mönche besichtigen, die Kirche mit ihrer einzigartigen Fassade gehört zu den größten Sehenswürdigkeiten Italiens.


(nach: Vera Schauber und Hanns Michael Schindler, Die Heiligen im Jahreslauf
Pattloch Verlag, 5. überarbeitete Auflage 1989)

 

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Der hl. Nikolaus von Tolentino

(Fest: 10. September)
von P. Marc Brüllingen


Tolentino – nur wenige Reiseführer weisen auf dieses kleine Städtchen im Herzen der italienischen Region Marken hin. Und doch lohnt sich der Besuch. Ein Besuch gilt der Grabstätte des berühmtesten „Bürgers“ des Städtchens: Nikolaus von Tolentino. Am Dom vorbei führt der Weg in eine unscheinbare Seitenstraße, wo sich plötzlich in der Häuserzeile eine Lücke auftut: Etwas zurückgesetzt erhebt sich die Basilika S. Nicola da Tolentino.

Schon das Portal gehört zu den sehenswertesten in ganz Italien; es stammt von Nanni di Bartolo und ist 1432 datiert und signiert. Über dem weiten, hellen Kirchenraum mit den zahlreichen Seitenkapellen wölbt sich eine einzigartige Kassettendecke. Vom rechten Seitenschiff aus führt dann eine breite Treppe hinunter zur Krypta mit dem Schrein des heiligen Nikolaus…

Nikolaus kam um das Jahr 1240 in dem kleinen Ort Sant‘ Angelo in Pontano in den Marken zur Welt. Noch als Jüngling trat er 1256 in seinem Heimatort den Augustiner-Eremiten bei. In den folgenden zwei Jahrzehnten wirkte Nikolaus als leidenschaftlicher Prediger und als Beichtvater in zahlreichen Orten seiner näheren und weiteren Heimat. Er empfing die Priesterweihe und war schließlich als Novizenmeister in Sant‘ Elpidio tätig.

Im Jahr 1275 kam Nikolaus nach Tolentino und beschloß, sich hier für immer niederzulassen. In kürzester Zeit gewann er die Herzen der Bewohner Tolentinos, kaum jemand konnte sich dem gewinnenden Wesen dieses Priesters entziehen. Zu den täglichen Predigten von Nikolaus strömten immer größere Menschenmengen in die Ortskirche. Schon bald verehrte man ihn wie einen Heiligen. Als sich dann auch noch zahlreiche Wunder um die Person Nikolaus ereigneten, kannte die Verehrung keine Grenzen mehr.

Die besondere Liebe des selbst streng asketisch lebenden Priesters galt den Armen und Kranken. Durch die ihm eigene Wundergabe vollbrachte Nikolaus mehrere Heilungen, die vom Volk voller Staunen beobachtet wurden.

Nach 30jährigem unermüdlichen Wirken für seine Gemeinde starb Nikolaus am 10. September 1305 eines friedlichen Todes. Schon bald errichtete man über seiner Grabstätte eine Basilika. Auch am Nikolaus-Grab ereigneten sich in der Folgezeit Wunder; offiziell bestätigt wurden in den Jahren zwischen 1305 und 1325 über 300. An den Armen des toten Nikolaus, die vom Körper abgetrennt worden waren, sollen immer bei Ereignissen, die für die Kirche von besonderer Bedeutung waren, Blutergüsse aufgetreten sein. Insgesamt geschah dies 25 Mal.

Am 4. Februar 1926 wurden die Gebeine des 1446 heiliggesprochenen Nikolaus von Tolentino bei Grabungen wiederentdeckt, nachdem die Grabstätte zuvor durch zahlreiche Ereignisse verlorengegangen war. Für die würdevolle Aufbewahrung der Reliquien wurde unter der Basilika S. Nicola eine Krypta errichtet, in der der Heilige seine endgültig letzte Ruhestätte fand. In dem dunklen Raum steht jetzt der erleuchtete Glasschrein mit den festlich bekleideten Gebeinen des Volksheiligen. Für die Einheimischen ist die Krypta zu einer Wallfahrtsstätte geworden.

Nikolaus ist nicht nur der Stadtpatron von Tolentino, er wird auch von Venedig und Genua als Schutzheiliger verehrt; außerdem ist er der Mitpatron von Bayern. Auch eine Bruderschaft wurde nach ihm benannt.


(nach: Vera Schauber und Hanns Michael Schindler – Die Heiligen im Jahreslauf
Pattloch Verlag; 5. überarbeitete Auflage 1989)

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Hl. Petrus Martyr (hl. Petrus von Verona)

(29. April)
von P. Marc Brüllingen


Petrus Martyr, der wegen seiner Geburtsstadt auch Petrus von Verona genannt wird, kam 1205 als Sohn eines Elternpaares zur Welt, das der Albigenser-Sekte angehörte. Nachdem Petrus trotzdem in einer katholischen Schule erzogen worden war, trat er mit 16 Jahren in Bologna dem Dominikanerorden bei, dessen Gründer Dominikus er wahrscheinlich noch kennenlernte.

Neben zahlreichen hohen kirchlichen Ämtern – er war unter anderem Prior und päpstlicher Gesandter in mehreren Städten – betätigte sich Petrus Martyr erfolgreich als Prediger. Wo er hinkam, wurde er bewundert, seine Zuhörer brachten ihm Verehrung, ja sogar Liebe entgegen.

Doch nicht alle waren Petrus wohlgesonnen. Am 6. April 1252 wurde er auf einer Missionsreise in Farga in der Nähe von Mailand von bezahlten Mördern überfallen und erstochen. Die Täter hatten den Auftrag warscheinlich von Irrlehrern, die auf die Erfolge von Petrus Martyr neidisch waren. Die Überlieferung berichtet, der Überfallene habe noch im Sterben mit seinem eigenen Blut das Wort „credo“ (ich glaube) auf den Boden geschrieben.

Beigesetzt wurde Petrus Martyr in der bekannten Mailänder Kirche S. Eustorgio bei der Porta Ticinese, wo auch die Reliquien der Heiligen Drei Könige in einem Sarkophag aufbewahrt wurden, bis Rainald von Dassel sie 1164 in den Kölner Dom überführte. Am Eingang zum Altarraum steht bis heute der bemerkenswerte Sarkophag von Petrus, geschaffen von Giovanni di Balduccio, bekrönt von einem Baldachin. Die Entstehungszeit dieser „Arca di S. Pietro“ waren die Jahre von 1336 bis 1339. An dem Sarkophag befinden sich schöne Reliefarbeiten, die Szenen aus dem Leben von Petrus Martyr zeigen.


(nach: Die Heiligen im Jahreslauf, von Vera Schauber und Hanns Michael Schindler; Pattloch Verlag; 5. überarbeitete Auflage 1989)

 

Fest Epiphanie

(6. Januar)
von P. Marc Brüllingen


„Epiphanie“ (griechisch = Erscheinung) heißt im Lateinischen daneben auch apparitio, manifestatio, declaratio, ostensio Domini, Fest der Erscheinung des Herrn, d.h. der Offenbarung seiner Gottheit, ein Fest des Herrn am 6. Januar; heute ohne die seit dem 6. Jahrhundert übliche Vigil und auch ohne eine eigentliche Oktav, die für Jerusalem um 400 und für die römisch-fränkische Liturgie im 8. Jahrhundert bezeugt ist, wohl aber mit einer Art Nachfeier, deren 8. Tag abendländischer Tradition gemäß Commemoratio baptismatis D. N. J. Christi (= Fest vom Gedächtnis der Taufe unseres Herrn Jesus Christus) heißt. Die rein volkstümliche Bezeichnung festum magorum (= Fest der Magier) oder Fest der Heiligen Drei Könige in romanischen und germanischen Sprachdialekten hängt wohl besonders mit der Übertragung ihrer Gebeine von Mailand nach Köln (1164) zusammen.

Das Fest Epiphanie stammt aus der orientalis ecclesia (Augustinus, Sermo 202,2). Es wird ohne Angabe seines Inhaltes vom heidnischen Historiker Ammianus Marcellinus (Rer. gest. XXI 2,5) zuerst aber für Gallien, wo Kaiser Julian es 361 in Paris mitfeierte, erwähnt, und zwar als von den Christen epiphania genannt. Mit diesem Ausdruck ist wahrscheinlich dasselbe gemeint, was in Gallien um die gleiche Zeit ein doch wohl echtes Fragment des Bischofs Hilarius von Poitiers (+367) mit salvatoris adventus (= Kommen des Herrn (im Fleisch)) (CSEL 65, 16 f. Feder) bezeichnet. Als orientalisches Fest mit dem doppelten Festinhalt der Taufe des Herrn und seiner leiblichen Geburt bezeugt es für Ägypten Johannes Cassianus (Coll. 10,2), während in Zypern Epiphanius (Pan. haer. 51,16,1 und 22,3; 51,9,13; 51,16,8) die Geburt, Ankunft der Magier und die Hochzeit von Kana, also auch eine Mehrheit von Festmotiven , nennt, die Pilgerin Aetheria (Itinerarium XXV 6-12 und XXVI) hingegen in Jerusalem nur ein einziges Festmysterium, die Geburt des Herrn, zu kennen scheint, was auch bei Johannes Chrysostomus (Hom. in Pentecost. I 1,2) bis 386 und früher wohl schon bei Ephräm dem Syrer (+373) der Fall war.

Obwohl der Zusammenhang von Epiphaniefest und Kanawunder uralt erscheint, ja vielleicht älter ist als der von Epiphanie und Jordantaufe, so verdrängte doch das Festmotiv der Taufe Jesu in der orientalischen Epiphanieliturgie schon ganz früh dasjenige des Weinwunders von Kana. Schon gegen Ende des 4. Jahrhunderts, als das römische Weihnachtsfest des 25. Dezember von Antiochien aus den Osten eroberte, mußten Epiphanie und Weihnachten sich in den bisherigen Inhalt von Epiphanie teilen: Die Geburtstagsfeier (mit Anbetung der Weisen) ging im Osten auf den 25. Dezember über, während die Feier der Taufe Jesu im Jordan dem 6. Januar verblieb und dem Epiphaniefest den weiteren Namen „tà phota“ einbrachte, nach Ch. Mohrmann doch wohl im Sinn von „photismós“ = Taufe.

Die verschlungene Geschichte des Epiphaniefestes im Abendland stellt sich so dar: in Rom feierte man um 336 das Geburtsfest des Herrn am 25. Dezember, desgleichen etwas später in Nordafrika; in beiden Liturgiegebieten gehörte die Anbetung der Magier mit zum ursprünglichen Festinhalt. Rom und Nordafrika führten dann noch im 4. Jahrhundert unter orientalischem Einfluß das Epiphaniefest des 6. Januar ein und trennten dabei vom Festinhalt des 25. Dezember die Anbetung der Magier ab, d.h., sie machten die den Magiern als Erstlingen der Heidenwelt zuteil gewordene manifestatio des neugeborenen Gotteskindes zum einzigen Festmotiv des 6. Januar.

Anders steht es mit dem ursprünglichen Festinhalt von Epiphanie in Gallien und Oberitalien. Das Hauptmysterium der altgallischen Epiphaniefeier vom 6. Januar war höchstwahrscheinlich der adventus Domini, die Erscheinung des Herrn, die aber nicht nur seine Erscheinung im Fleisch, d.h. seine leibliche Geburt, sondern auch „die glanzvollen Offenbarungen seiner Wesenswürde“ (K. Prümm) bei seiner Taufe im Jordan und bei seinem ersten Wunder, dem Weinwunder auf der Hochzeit von Kana, umfaßte. Hier trat nach Einführung des Weihnachtsfestes (in Oberitalien noch im 4. Jahrhundert) genauso wie im Orient an Epiphanie die Jordantaufe in den Vordergrund der Feier, aber in Verbindung mit der Huldigung der Magier und dem Weinwunder von Kana. Für diese tria miracula (= drei Wunder), die sonst in patristischen Quellen erst des 5. Jahrhunderts belegt sind, haben wir bei Annahme der heute mehrfach, aber wohl zu Unrecht angezweifelten ambrosianischen Verfasserschaft des Epiphaniehymnus Inluminans altissimus bereits im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts ein schönes Zeugnis. So sicher Ambrosius von Mailand (+397), was aus seinem Lukaskommentar (II 83-95, IV 76) zu erschließen ist, im Festmysterium von Epiphanie die Taufe Jesu im Jordan an erster Stelle feierte, das Taufsakrament selbst hat er an Epiphanie doch nicht gespendet. Wohl aber tat man das in Gallien. Hier sowie in Nordafrika, Spanien und Irland wurde trotz des Widerspruches der Päpste Siricius, Leo der Große und Gelasius Epiphanie stellenweise sogar Tauffest. Ursprünglich war es das in Gallien aber kaum; denn so hoch reicht die altgallikanische Bezeugung der Taufe Jesu als Epiphanieperikope nicht hinauf.

Die tria miracula, zu denen sich in altgallischer und altspanischer Liturgie mitunter als viertes Wunder noch das der Brotvermehrung gesellte, haben auch in die römische Epiphaniefeier ihren Einzug gehalten, allerdings kaum vor der Zeit Gregors des Großen (+604), der die Huldigung der Magier noch als alleinigen Festgegenstand anführt, sondern erst im 7./8. Jahrhundert. Erwähnt sei besonders die Benediktusantiphon zu den Laudes: Hodie caelesti sponso iuncta est Ecclesia, die im Bild der Reinigung der Brautkirche durch die Jordantaufe und ihrer Vermählung mit Christus ältestes Geistesgut aus der „mystischen Überlieferung der Kirche“ (Sokrates HE III 7: PG 67,392 C) weitergibt. Über den tria miracula sollte man in der römischen Epiphanieliturgie indessen nie die christliche Umbildung des antiken Epiphaniemotivs übersehen, wie sie noch im Introitus der Festmesse Ecce advenit dominator dominus zu erkennen ist.

In seinem Ursprung stellt das Epiphaniefest nach einer schon oft ausgesprochenen Hypothese wahrscheinlich die christliche Umformung eines heidnischen Festes am 6. Januar, genauer in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar, dar, in der in Alexandrien die Geburt des Gottes Aion, der Verkörperung des Zeit-Ewigkeits-Begriffes, aus der Jungfrau (Kore) gefeiert wurde (vgl. Epiphanius, Pan. Haer. 51,22,10). Das auf den gleichen 6. Januar gelegte Dionysoswunder mit dem in Wein verwandelten Wasser wurde christlich auf das Taufwasser umgedeutet; dies führte zum Gedächtnis der Taufe Christi und des Wunders von Kana.

Die Wasserweihe an der Vigil von Epiphanie (5. Januar) , im Orient ein fester Bestandteil der Epiphanieliturgie von der Weihe der Wasser durch Jesu Taufe her, fand seit dem späteren Mittelalter auch im Geltungsbereich des römischen Ritus vielfach Aufnahme. Das Weiheformular, das man im Sacerdotale Romanum von 1537 sowie u.a. auch in späteren Ausgaben des Rituale Romanum aus dem 18. Jahrhundert antrifft, wurde durch Dkrete der SC Rit. vom 17.5.1890 und vom 30.8.1892 verboten, aber durch ein neues Formular vom 6.12.1890 ersetzt (vgl. Rituale Romanum, App. Bened. reserv. I 1 (Rb 1925) 461 ff).

Der im Pontificale Romanum III n. 1 und im Caerem. Eisc. II 15 vorgesehene Brauch, daß an Epiphanie nach dem Evangelium die beweglichen Feste des laufenden Jahres (urspr. nur des Osterfestes) angekündigt werden, geht wohl schon ins 4. Jahrhundert zurück.


Foto: Heike Hannah Lux

Der heilige Kunibert

(Fest: 10. November)
von P. Marc Brüllingen


St. Kunibert in Köln gehört zu dem großartigen Kranz der romanischen Kirchen dieser Stadt. Zwar ist das Bauwerk im letzten Kriege schwer getroffen worden, aber der Wiederaufbau fast beendet. Die Kirche erhebt sich an der gleichen Stelle dicht am Rhein, wo der hl. Kunibert, Bischof von Köln, das nach ihm benannte Stift (aufgelöst 1802) gründete, in dessen Kirche er im Jahre 663 seine Ruhestätte fand. Diese Kirche birgt auch die Reliquien der hll. Ewalde.

Der unermüdliche Erbauer von Kirchen und Klöstern, Kunibert, stammte aus einer vornehmen fränkischen Familie der Moselgegend. Sein Name bedeutet der „Sippenglänzende“, also „Hohe“. Um 590 geboren, wurde er auf Wunsch seiner Eltern Edelknabe am Hof des Merowingerkönigs in Metz. Doch sein frommer Sinn fühlte sich bald abgestoßen von dem recht sittenlosen höfischen Treiben, und er wandte sich nach Trier. Hier wurde er zum Priester geweiht und einige Zeit später Archidiakon. Der Ruf des durch seine Gelehrsamkeit und Tugend ausgezeichneten Gottesmannes drang bis nach Köln. Man holte ihn dorthin und wählte und weihte ihn zum Bischof dieser Stadt.

Kunibert verwaltete sein Bistum so vorbildlich, daß sowohl der Hausmeier Pippin I. wie der fränkische König Dagobert I. ihn zu ihrem Ratgeber machten. In politischen Angelegenheiten zeigte er ein besonderes Geschick, und da sein Ruf unantastbar war, wurde sein Rat überall gehört. So vermochte der Bischof viel zur Erhaltung des Friedens beizutragen. Als Dagobert ihn zum Erzieher seines unmündigen Sohnes Sigibert ernannte, führte Kunibert für diesen, der dreijährig zum König von Austrasien erhoben worden war, die Regierung. Daß Sigibert sich zu einem gerechten und christlich gesinnten Herrscher entwickelte, ist zweifellos dem heilsamen Einfluß des Heiligen zuzuschreiben. Auch Sigibert wird zu den Heiligen gezählt und als Wetterherr verehrt. Er starb 656 – also noch vor Kunibert – in Metz, seine Gebeine ruhen in Nancy.

In Köln erbaute Kunibert mehrere Kirchen, darunter die St. Klemenskirche, später nach ihm St. Kunibert genannt. In seinem Weitblick erkannte der Kölner Bischof aber auch die Wichtigkeit der Missionierung jener Volksstämme, die jenseits der Grenzen seines Bistums zu dieser Zeit dem Christentum gegenüber noch feindlich gesinnt waren. Er erwirkte, daß das Römerkastell Utrecht zum Ausgangspunkt für die Bekehrung der Friesen gemacht wurde und gründete dort den Martinsdom. Aus dem gleichen Grunde erwarb er von Sigibert das an der Grenze Sachsens liegende Soest und schuf in Schwelm und Menden ebenfalls kirchliche Stützpunkte. Mehrere Martinskirchen und Kapellen gehen auf Stiftungen von ihm zurück. Allerdings waren das erst die Anfänge des großen Missionswerkes, das nach ihm dann die irischen und angelsächsischen Glaubensboten vollenden sollten. Immerhin hatte der Kölner Bischof weitschauend für die Christianisierung des heutigen Holland und Westfalen vorgearbeitet.

Der rastlos für Staat und Kirche wirkende Heilige starb am 12. November 663. Dargestellt wird er als Bischof mit Kirchenmodell, Taube über sich.


Foto: Bildteppich im Stiftsmuseum Xanten | Foto: Heike Hannah Lux

 

Die heilige Margareta von Antiochien

(Fest: 20. Juli)
von P. Marc Brüllingen


Die hl. Margareta von Antiochien, Jungfrau und Märtyrin, ist eine der mächtigsten Fürbitterinnen unter der Gruppe der „Vierzehn Nothelfer“. Als Drachenbekämpferin ist sie mit dem hl. Georg, dessen Schicksal nach einigen Quellen mit dem ihren sogar verknüpft gewesen sein soll, eine der beliebtesten und ältesten Heiligengestalten. Historische Akten über ihr Leben sind nicht mehr vorhanden, ihr Martyrium wird in der Zeit der Verfolgungen unter Diokletian angenommen, ihr Todesjahr mit 307 angegeben. Im Martyrologium Romanum steht ihr Name unter dem 20. Juli. Einige sehen in ihr jene Königstochter, die der hl. Georg in seinem Kampfe mit dem Drachen befreit hat. Sicherlich ist hierbei bedeutsam, daß es Margareta nicht erspart blieb, selbst einen Drachen zu besiegen. Das Gedächtnis ihres Festes ist in der abendländischen Kirche seit dem 12. Jahrhundert am 20. Juli verzeichnet, in der griechischen, wo sie Marina genannt wird, seit alters her am 13. Juli. Viele andere heilige und selige Frauen tragen ihren Namen, darunter Margareta von Cortona, Margarita von Schottland, Margareta Maria Alacoque.

Die hl. Margareta wird immer mit dem Drachen dargestellt, den sie mit Kreuzstab oder Kruzifix besiegt; er bedeutet den Teufel und liegt zu ihren Füßen. Manche Darstellungen zeigen sie reich gekleidet als Königstochter mit Perlendiadem – dem Zeichen der Reinheit aufgrund ihres Namens -, ferner mit Fackel und Kamm – ihren Marterwerkzeugen -, auch mit Engel, der ihr Palme und Siegeskrone reicht; zusammen mit den hll. Barbara und Katharina von Alexandrien als die sogenennten „heiligen drei Madl“.

Margareta ist Patronin des Nährstandes, weil ihr Fest ein wichtiger Merktag für Bauern war, der Jungfrauen, vor allem auch der Gebärenden, und für glückliche Entbindung, gegen Unfruchtbarkeit. Sie wurde in der Nothelfergruppe aufgenommen, weil sie unmittelbar vor ihrem Martertod Gott gebeten hatte, allen Müttern, die sich in ihrer schweren Stunde an sie um Fürbitte wendeten, zu helfen. Reliquien der Heiligen befinden sich in Montefiascone bei Bolsena nördlich von Rom. Hier ist ihr der Dom geweiht, den Michele Sammicheli in dem einzigartig gelegenen Bergort errichtete. Montefiascone hat in der Stauferzeit eine große Rolle gespielt.

Es gibt kaum einen großen Künstler, den die Darstellung dieser heldenhaften Jungfrau nicht angeregt hätte, darunter Raffael, Palma, Tizian, Lucas Cranach, Guercino, Le Suer, Poussin u.a.

Legende

Margareta bedeutet „Perle“. Sie war die Tochter eines heidnischen Priesters in Antiochien. Nach dem frühen Tode ihrer Mutter übernahm eine Amme die Obhut über das Mädchen und erzog es heimlich im Christenglauben. Als Margareta zur Jungfrau herangewachsen war, bekannte sie ihrem Vater, daß sie Christin sei. Dieser überschüttete sie mit Vorwürfen, vermochte aber weder mit Bitten noch mit Drohungen, ihren Sinn zu ändern. Da schickte er sie zur Strafe in die Verbannung.

Hier hütete Margareta die Schafe. Da geschah es, daß der Präfekt Olybrius vorbeiritt, und als er die schöne Jungfrau erblickte, in Liebe zu ihr entbrannte. Er sprach zu seinen Knechten: „Gehet und holt mir die Jungfrau; ist sie von edler Geburt, so will ich sie zur Ehe nehmen, ist sie eine Magd, so soll sie meine Beischläferin sein.“ Also wurde Margareta vor ihn gebracht, und er fragte sie nach ihrem Namen und ihrer Herkunft. Sie antwortete ihm, daß sie Margareta heiße, aus einem edlen Geschlecht stamme und Christin sei. Da drang Olybrius in sie, sie solle ihren Christenglauben abschwören. Margareta aber antwortete ihm fest, daß sie an die Erlösung durch den lebendigen Sohn Gottes glaube und niemals davon ablassen werde.

Als Olybrius sich mit seiner Werbung abgewiesen sah, wurde er wütend und befahl, sie ins Gefängnis zu werfen. Andern Tags ließ er sie vor die Götzen führen und versuchte sie zum Opfer zu zwingen. Sie aber weigerte sich standhaft. Da ließ er sie aufs grausamste foltern. Sie wurde mit Ruten geschlagen, und man riß ihr mit eisernen Kämmen das Fleisch vom Leibe. Alle, die dabeistanden, weinten, daß eine so wundersame Schönheit so gräßlich zerstört wurde.

Aber Margareta erlitt alle Qualen des Leidens ohne Wanken. Wieder in den Kerker geworfen, wartete ihrer ein noch härterer Kampf. Auch die Heiligen sind Menschen; in der Dunkelheit des Kerkers mag sie von Angst und Schmerzen gepeinigt gewesen sein und Schwäche nach ihrem Herzen gegriffen haben. Da erschien vor ihr ein greulicher Drache und wollte sich auf sie stürzen, um sie zu verschlingen. Allein Margareta rüstete sich beherzt zum neuen Kampf. Schließlich schlug sie mit letzter Kraft das Kreuzzeichen über das Untier. Dann packte sie es mutig und warf es zur Erde nieder und setzte den Fuß auf seinen Scheitel.

Der Teufel in der Gestalt des Drachen aber schrie laut: „Weh mir, nun bin ich von einer schwachen Jungfrau überwunden worden“ – und verschwand alsbald. Und mit einem Mal wurde ihr Gefängnis von einem wunderbaren Licht durchstrahlt, das gab ihr himmlische Kraft und sie war getrost.

Als sie am nächsten Tage dem Präfekten wieder vorgeführt wurde, sah dieser sie zu seiner größten Verwunderung heil an Leib und Seele vor sich stehen, schöner und blühender denn zuvor. Er forderte sie wieder auf zu opfern. Sie aber entgegnete ernst, daß sie niemals tote Götzen anbeten würde. Da befahl er in seinem großen Haß, glühende Fackeln herbeizubringen und sie damit zu brennen, hernach aber zur größeren Pein in ein Faß mit kaltem Wasser zu werfen.

Alle, die dabei waren, staunten, daß eine so zarte Jungfrau so große Qualen aushielt. Aber plötzlich erbebte die Erde, und die Jungfrau stieg unversehrt aus dem Fasse hervor. Als das Volk dies Wunder sah, lobten viele den Christengott und bekehrten sich; – sie wurden aber alle um Christi Namen willen enthauptet. Der Richter fürchtete, es würden sich ihrer noch mehr zu Christus bekennen. Da ließ er Margareta schnell auf den Richtplatz führen, damit sie durch das Schwert getötet werde. Hier bat Margareta, die große Märtyrin, um eine kurze Frist. Sie kniete nieder und betete für ihre Verfolger und für diejenigen, die ihr Gedächtnis feiern würden und ihren Namen in ihren Nöten anrufen. Dann bot sie dem Henker mutig ihren Nacken dar.

Er schlug ihr mit einem Streiche das Haupt ab, und sie empfing die Märtyrerkrone.

Über ihrem Grabe wurde später zu Antiochien eine Kirche erbaut, und durch die Kreuzfahrer wurde ihr glorreicher Name auch im Abendlande bekannt. Viele, die ihren Namen anriefen, haben große Hilfe erfahren.


(nach: Das große Buch der Heiligen – Geschichte und Legende im Jahreslauf ; Erna und Hans Melchers; Bearbeitung: Carlo Melchers; Südwest Verlag München; 9. Auflage 1986)

Das dogmatische Verständnis der Herz-Jesu-Verehrung

von P. Marc Brüllingen


Eigentlicher Gegenstand der Herz-Jesu-Verehrung ist das leibliche Herz des Gottmenschen Jesus Christus als Sinnbild seiner Liebe oder anders: in Verbindung mit dem gesamten gottmenschlichen Innenleben, dessen sprechendstes Sinnbild das Herz ist. Die Grundhandlungen der Herz-Jesu-Verehrung sind, wie Pius XI. (1922-1939) in der Enzyklika „Miserentissimus Redemptor“ (1928) ausführt, die Hingabe oder Weihe als Erwiderung der Liebe Jesu und vorzüglich die Sühne für die ihm zugefügten Beleidigungen.

Die Theologie hat die Aufgabe, diese kirchliche Andachtsform verständlich zu machen. Nie ist die theologische Rechtfertigung in den Privatoffenbarungen gesucht worden. Diese haben nur die Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte der allgemeinen Offenbarung gelenkt. Erst nach Johannes Eudes (1601-1680) und Margareta Maria Alacoque (1647-1690) ist die Herz-Jesu-Verehrung ein explizites Thema der Theologie geworden.

Die theologische Begründung der Herz-Jesu-Verehrung ist gegeben mit der Anbetungswürdigkeit der Menschheit des Herrn, die mit dem Gottesssohn untrennbar verbunden ist. Eindringlicher noch wie das heilige Antlitz des Herrn oder sein kostbares Blut stellt sein Herz die Liebe Gottes zu uns ans Licht. Das leibliche Herz ist das vorzüglichste Organ der Menschheit Jesu, die Quelle seines für uns vergossenen Blutes. Nach Jesu Tod von der Lanze durchbohrt, entströmten ihm Blut und Wasser, die Sinnbilder der Taufe und Eucharistie, der Grundsakramente der Kirche, so daß diese selbst im Herzen Jesu begründet erscheint. Schließlich ist das Herz Sinnbild des Innenlebens; der ganze Tugendreichtum Jesu, insbesondere seine Liebe, treten im heiligsten Herzen Jesu uns vor die Seele. Darum führt kaum eine andere Andacht so tief ins Innere Jesu ein und spornt so zu dankbarer Hingabe und Sühne an.

Die Ansicht, das Wort „Herz“ bei dieser Andacht stehe nur metaphorisch für die Liebe oder das Innenleben Jesu, ist nicht in Einklang mit den kirchlichen Dokumenten. Das leibliche Herz ist in irgendeiner Weise im Gegenstand der Andacht eingeschlossen, aber immer im Zusammenhang mit der Liebe Jesu. Man verehrt die Person des Erlösers im Hinblick auf sein leibliches Herz als „Symbol“ seiner Liebe oder im Hinblick auf seine durch das leibliche Herz symbolisierte Liebe. Vor allem gegen solche, die das leibliche Herz aus irgendeinem Grund aus der Andacht ausschalten wollten, hat man mit besonderem Nachdruck seine durch die Hypostatische Union (= Vereinigung zweier Naturen in einer Person) gerechtfertigte Anbetungswürdigkeit hervorgehoben.

Gestützt von den kirchlichen Dokumeneten, ist man allgemein der Ansicht, daß nicht nur die menschliche, sondern die ganze gottmenschliche Liebe des Erlösers in der Herz-Jesu-Verehrung verehrt wird. Sie ist auch in einem gemeint als Liebe zum Vater und zu den Menschen. In der Andacht wird besonders betont, daß diese Liebe von den Menschen verschmäht und verwundet worden ist.

Die Herz-Jesu-Verehrung ist ein latreutischer Kult, der nicht nur die explizite Anbetung, sondern die ganze Summe der durch die göttlichen Tugenden informierten persönlichen Beziehungen zum Erlöser im Hinblick auf sein Herz umfaßt. Ihr entsprechender Höhepunkt ist die Gegenliebe. Besonders werden auch die Weihe, die Sühne und die Nachahmung betont. Die Weihe ist zu verstehen als eine Teilnahme an der Liebe Jesu zum Vater und zu den Menschen im mystischen Leib und muß sich äußern in einem christlichen, apostolischen Leben. Die Sühne richtet sich besonders auf das verschmähte Herz, aber bleibt dabei eine Teilnahme an der Sühne, die der Herr dem Vater darbringt. In der ganzen Andacht bleibt der Herr der Weg zum Vater. Die Praxis des „Tröstens“ des Herrn wird von Pius XI. dadurch erklärt, daß der Herr in seinem Leiden unsere Sühne vorausgeschaut hat. Wie der hl. Apostel Paulus von einem Nicht-Betrüben des Hl. Geistes spricht, so kann man auch von einem Trösten des Herrn sprechen. Die Eucharistie nimmt in der Andacht eine besondere Stelle ein wegen ihres Zusammenhangs mit der verkannten Liebe des Herrn. Die Andacht zum eucharistischen Herzen Jesu ist nur eine spezielle Form der Herz-Jesu-Andacht.


(nach: Lexikon für Theologie und Kirche, 5. Band, Herder Verlag – Freiburg im Breisgau, 1960;
und: Lexikon des katholischen Lebens, Herder Verlag – Freiburg im Breisgau, 1952, herausgegeben von Erzbischof Dr. Wendelin Rauch)

Die hl. Martina

(30. Januar)
von P. Marc Brüllingen


Die Kirche SS. Luca e Martina in Rom an der Via del Foro wurde im 8. Jahrhundert als Doppelkirche, nämlich mit Ober- und Unterkirche, gebaut und der hl. Martina, Bekennerin und Märtyrin der Frühzeit, geweiht. Sixtus V. (1585-1590) schenkte Gebäude und Platz der Lukasakademie, in der die Künstler Roms zusammengeschlossen waren. Als Pietro da Cortona 1634 zum Vorsteher dieser Akademie ernannt wurde, erbaute er auf Grund einer eigenen Stiftung eine neue Oberkirche und bezog die Unterkirche dabei seiner Neugestaltung ein. Der 1650 vollendete Bau erhielt dann den heutigen Namen SS. Luca e Martina. Die Urne der Heiligen steht auf dem von Pietro da Cortona geschaffenen Bronzealtar in der Unterkirche (A. Henze). Derselbe Künstler schuf – wohl zum Schmucke dieser Kirche – Bilder mit Szenen aus dem Leben der hl. Martina, die sich zum Teil im Pariser Louvre und im Pitti-Palast in Florenz befinden. Papst Urban VIII. verfaßte zu Ehren der Heiligen, die zu den Schutzheiligen der Stadt Rom gehört, klassische Hymnen.

Darstellung der hl. Martina: mit Palme und offenem Buch, zerbrochenem Götterbild, Marterwerkzeugen, manchmal auch mit Löwen.

Die hl. Jungfrau Martina lebte zur zeit des Kaisers Alexanders Severus und starb etwa um das Jahr 226 den Martertod für Christus. Martina wurde schon im frühen Christentum hoch verehrt. Ihren außergewöhnlichen Bekennermut bewundern zahlreiche Gläubige noch heute. In ihrer „Passio“ mischen sich Geschichtliches und Legendäres.


Legende

Martina war die Tochter eines angesehen Römers, der dreimal das hohe Amt des Konsuls bekleidet hatte. In frühester Jugend verlor sie beide Eltern. Da sie ganz erfüllt war von der Liebe zum Heiland, wollte sie arm sein wie er und verteilte ihr reiches Erbgut unter die Armen. Dann ließ sie sich unter die Diakonissinnen aufnehmen, welche in den Gemeinden den caritativen Dienst als ihre Pflicht erhoben hatten. Martina war ungewöhnlich schön und hatte viele Verehrer, darunter den Kaiser selbst, der sie sogar zu seiner Gattin erheben wollte. Aber sie schlug alle Bewerber aus, denn sie wollte ganz für ihren Glauben im Dienste Gottes und ihrer Mitmenschen leben.

Als Severus erfuhr, daß Martina Christin sei und ihr Glaube der Grund ihrer Absage gewesen war, wurde er wütend. Sie wurde vor Gericht geladen und aufgefordert, ihrem Glauben abzuschwören. Die Jungfrau wandte sich in ihrer Not an Gott und bat um Standhaftigkeit, denn sie kannte die Folterungsmethoden, mit denen man sie gefügig machen wollte. Während sie betete, erschütterte ein Erdbeben die ganze Stadt; das Standbild des Apoll und mit ihm ein großer Teil des Tempels stürzten ein.

Nun ergrimmte der Kaiser derartig, daß er befahl, die schöne Christin den grausamen Folterknechten zu überantworten. Die Schergen quälten Martina bis zur völligen Erschöpfung. Aber das schwache Mädchen bewies, was ein Mensch mit Gottes Hilfe aushalten kann und blieb standhaft. Zuletzt schleppte man Martina vor die Stadt und enthauptete sie.


(nach: Das große Buch der Heiligen – Geschichte und Legende im Jahreslauf; Erna und Hans Melchers, Bearbeitung: Carlo Melchers; Südwest Verlag München, 9. Auflage 1986)

Die hl. Cäcilia

(22. November)
von P. Marc Brüllingen


Seit dem 4. Jahrhundert wird die hl. Cäcilia im Kanon der Messe erwähnt; so früh also genoß diese jungfräuliche Märtyrin schon eine große Verehrung. Nur wenige Einzelheiten sind über sie in den Märtyrerakten festgehalten. Wir finden darin einen Satz, der wohl wörtlich genommen ist und auf den es zurückgehen mag, daß sie zur Schutzherrin der Musik wurde. Er lautet: „Während die Musikinstrumente erklangen“ – nämlich anläßlich ihrer Hochzeitsfeier – „bat Cäcilia den Herrn, er möge ihr Herz und ihren Leib unbefleckt erhalten.“ Meist findet man sie mit einer tragbaren Kleinorgel oder anderen Musikinstrumenten abgebildet. „Vielleicht ist keine Schutzpatronin in der Welt zu ihrem Amt unschuldiger gekommen als Cäcilia. Sie kam dazu, weil sie auf die Musik nicht achtete, ihre Gedanken davon abwandte, mit etwas Höherem beschäftigt, sich von ihren Reizen nicht verführen ließ.“ So hat auch Raffael sie verstanden und gemalt: „Indem die Heilige die Orgel senkt, zu den übrigen am Boden liegenden, verworfenen Instrumenten fallen läßt, anerkennt sie“, wie Willibald Gurlitt es ausdrückt, „die Ohnmacht aller sinnlich wahrnehmbaren Musik vor jener absoluten Musik, die keines Menschen Ohr je vernommen, die im Musizieren nur Engeln, im Hören nur Heiligen zugänglich ist“.

Cäcilia stammte aus dem erlauchten römischen Geschlecht der Meteller oder Cäcilier und erlitt im 3. Jahrhundert den Tod für Christus. Früh schon als Christin erzogen, gelobte sie in ihrer großen Liebe zum Herrn diesem ewige Jungfräulichkeit. Als ein edler Jüngling um sie warb, versprachen ihre Eltern, die von ihrem Entschluß nichts wußten, sie ihm zur Gemahlin. Cäcilia erzählte ihrem Bräutigam am Hochzeitstage, daß sie Christin sei und das Gelübde der Jungfräulichkeit abgelegt habe. Valerian wurde durch sie bekehrt und nahm mit seinem Bruder Tiburtius den Christenglauben an. Nachdem aber die beiden Jünglinge sich in edler Begeisterung todesmutig in der Öffentlichkeit ihres Christentums gerühmt hatten, wurden sie verhaftet und hingerichtet.

Als man ihre Güter einziehen wollte, hatte Cäcilia schon alles unter die Armen verteilt. Hierüber wütend, vergaß der Präfekt, welch vornehmer und geachteter Familie Cäcilia entstammte und ließ sie vor sich kommen. Der Richter staunte über die Festigkeit und Furchtlosigkeit ihrer Antworten. Da die Jungfrau seinem Ansinnen, den Göttern zu opfern, widerstand, wurde auch sie zum Tode verurteilt. In ihrer Villa sollte sie durch heiße Dämpfe im Bade erstickt werden. Wunderbarerweise ging sie aber unversehrt daraus hervor. Nun holte man den Scharfrichter. Der Henker tat drei Streiche, traf sie aber erst mit dem letzten. Doch konnter er ihr Haupt vom Rumpfe nicht trennen und ließ sie einfach liegen. Die Heilige lebte noch drei Tage. Da sie selbst nicht mehr reden konnte, bat sie die herbeigeeilten Christen durch Zeichen alles, was sie noch besaß, an die Armen zu verteilen. Das geschah unter der Regierung Kaiser Marc Aurels.

Ihr Leib wurde von den Christen in den Katakomben beigesetzt. Er wurde im 5. Jahrhundert in die ihr zu Ehren erbaute Cäcilienkirche übertragen, die man in Tratevere über dem Haus, wo sie ihr Martyrium erlitten hatte – es war vermutlich das haus ihres gatten Valerian – errichtete. Papst Paschalis I. (817-824) ließ die Kirche erneuern. 1599 wurde anläßlich einer Restaurierung der Kirche die vermauerte Gruft geöffnet, in der sie beigesetzt war. Da zeigte sich ein ergreifendes Bild: der Leichnam der Jungfrau lag unverwest auf der rechte Seite, eingehüllt in ein langes Gewand aus Goldbrokat. Der Hals zeigte eine tiefe Wunde, das Gewand trug Blutspuren und zu ihre Füßen lagen blutgetränkte Leintücher. So wie sie damals aufgefunden wurde, hat der Bildhauer Maderno die wie schlafend daliegende Gestalt der Heiligen in Marmor nachmodelliert. Man stellte diese Statue in einer offenen Nische des Hochaltars auf. Neben der Kirche wird heute noch das Caldarium der antiken Thermenanlage gezeigt, wo die hl. Cäcilia eingesperrt war, um den Erstickungstod zu finden, und hier auch soll der Henker sie schließlich erschlagen haben.

(nach: Das große Buch der Heiligen – Geschichte und Legende im Jahreslauf, von: Erna und Hans Melchers, Bearbeitung: Carlo Melchers; Südwest Verlag München, 9. Auflage 1986)

Der hl. Antonius von Padua

geb. 1195 in Lissabon, gest. 13.06.1231 in Arcella bei Padua (13. Juni)
von P. Marc Brüllingen


Die Italiener nennen den hl. Antonius wie die über seinem Grabe errichtete Basilika in Padua einfach ‚Il Santo‘; denn er ist für sie der Heilige schlechthin. Die Kirche erteilte ihm als dem ‚Doctor evangelicus‘ die Würde eines Kirchenlehrers. Das Antoniusbrot, für das in allen katholischen Kirchen ein eigener Opferstock aufgestellt ist, ist ein Almosen zu Ehren des Heiligen und erinnert an sein soziales Wirken. Er genießt bis heute eine Beliebtheit wie außer der Gottesmutter kaum ein anderer Heiliger. Das katholische Volk hat ein unbegrenztes Vertrauen auf seine Fürbitte; unter anderem wird er angerufen, wenn man etwas verloren hat, und er hat sich unstreitig fast immer noch hilfreich erwiesen.

Aber er steht auch in dem Rufe, daß er nichts umsonst tut: der Gläubige muß für seine Hilfe ein Opfer bringen, und am liebsten ist ihm eine Geldspende für die Armen! Seine oftmals etwas süßliche Darstellung als Jüngling in Franziskanertracht, in der Rechten eine Lilie, auf dem linken Arm das Jesuskind tragend, bezeichnet das Volk als ‚Kindltoni‘. Manchmal hat er anstelle der Lilie ein flammendes Herz als Attribut, so an der Bronzestatue des Donatello in Sant‘ Antonio in Padua und auf dem Mantegnabild an der Fassade derselben Kirche. Weitere Attribute des Heiligen sind Fische, Esel oder Pferd, Buch – als Symbol der Weisheit. Vom hl. Antonius von Padua gibt es unzählige Darstellungen, auch mit anderen Heiligen zusammen, oder solche, die Einzelheiten aus den vielen Legenden wiedergeben, die sich um seine Person ranken.

Seine Patronate sind vielseitig: außer dem Wiederfinden verlorener Gegenstände ist er Schutzheiliger der Reisenden, der Liebenden, für eine gute Ehe, gegen Unfruchtbarkeit, Fieber, Viehseuchen, teuflische Mächte, Katastrophen, ferner der Bergleute, Bäcker, Haustiere (Pferde und Esel).

Antonius war Portugiese und wurde 1195 in Lissabon geboren. Ursprünglich hieß er Fernando Bullone und stammte aus dem Geschlechte Gottfrieds von Bouillon, des ersten Eroberers des Heiligen Grabes. Mit fünfzehn Jahren trat er in den Orden der Augustiner-Chorherren ein. Hier bildete er sich in zehn Studienjahren „zum tiefen Kenner der Heiligen Schrift“. Auch diesen Heiligen traf der Anstoß Gottes: als fünf Franziskanermönche, die auf ihrer Missionsreise in Marokko von den Mauren getötet worden waren, in Coimbra feierlich bestattet wurden, befand sich Fernando mitten in der ergriffenen Menge. Er hatte die Minderbrüder selbst gekannt, wollte er sie doch seinerzeit begleiten. Er faßte den Entschluß, den Bettelmönchen beizutreten, um ebenfalls den Heiden zu predigen. Mit 25 Jahren trat Fernando 1220 in das Franziskanerkloster in Coimbra ein und legte seinen Namen ab, um den Namen Antonius anzunehmen. Auf seine inständige Bitte erlaubte man dem neuen Minderbruder, noch im gleichen Jahr als Missionar nach Marokko zu reisen. Als er jedoch das afrikanische Ufer erreichte, wurde der junge Mönch, der das Märtyrertum so sehr ersehnte, sterbenskrank. Körperlich und seelisch geschwächt, mußte er sich schweren Herzens entschließen, in die Heimat zurückzukehren.

Das Schiff jedoch, dem er sich anvertraute, wurde durch einen Sturm an die sizilianische Küste verschlagen. In Messina vernahm er, daß der Ordensstifter einen Aufruf zur Versammlung der Franziskaner in Assisi erlassen hatte. Sofort machte er sich auf den Weg dorthin. Aber unter den vielen Franziskanern, die dort im Jahre 1221 zusammengekommen waren, bemerkte niemand den schweigsamen Mönch. Zuletzt nahm sich der Provinzial der Romagna, Bruder Gratian, seiner an. Demütig verschwieg Antonius seine Erziehung und sein enormes Wissen der Hl. Schrift. Von nun an diente Antonius wie der Geringsten einer in dem einsamen Bergkloster bei Forlí. Hier verbrachte er sein stilles Dasein ganz in Demut und Buße. Den schweigsamen Bruder hielt man sogar für schwachsinnig.

Durch einen Zufall wurde seine große Rednergabe offenbar. Als anläßlich einer Primizfeier keiner der anwesenden Patres unvorbereitet eine Rede halten konnte, wies einer scherzend auf Bruder Antonius, der solle es doch versuchen. Aber nun war die Verwunderung der Mitbrüder grenzenlos, denn der stille Mönch sprach mit solcher Kraft und Begeisterung, verfügte über so bezaubernde und ergreifende Worte und bezeugte zudem ein außergewöhnliches Wissen, daß man ihn allgemein als einen Meister der rede erkannte. Als der hl. Franziskus hiervon hörte, ernannte er den bis dahin so Unbeachteten zum ersten Lektor der Franziskaner für Theologie und berief ihn zum Prediger auf die Kanzeln der Städte. Nun strömte das Volk zu Tausenden herbei, um ihn zu hören.

Antonius verkündete das Evangelium in allen Gegenden Italiens und in Südfrankreich. Schon zur Nachtzeit versammelten sich die Hörer und warteten geduldig, bis er die Kanzel bestieg. Unerhört war die Kraft und der Erfolg seiner Predigten. Sooft er auftrat, umringten ihn sofort die Gläubigen. Seine Zunge brauchte er nur als Organ zur Verherrlichung der Ehre Gottes, um den heiligen Willen Gottes zu lehren, um unsterbliche Seelen aus dem Verderben des Irrtums zu retten und die Wahrheit und beseligende Gerechtigkeit zu gewinnen. Auch zeichnete er seine Gedanken in Büchern auf, die für uns ein unsterbliches Zeugnis seiner Weisheit und Gottesliebe bedeuten. Die Predigten des Heiligen waren eine Hauptwaffe zur Bekämpfung der Katharer, einer Sekte, die damals besonders in Oberitalien viele Anhänger gewonnen hatte. Antonius war ihnen durch seine gründliche Schulung überlegen und konnte sich ihnen in öffentlichen Streitgesprächen stellen. Er hatte solche Macht über die Ketzer, daß man ihm schließlich den Beinamen „Hammer der Ketzer“ gab. Doch seine großartigen Predigten waren es nicht allein, die ihm immer wieder Kraft für neue Taten spendeten. Vor allem sein großer Bußeifer und seine nächtelangen Gebete verliehen ihm die Stärke, der er so nötig bedurfte.

Der hl. Antonius wurde später zum Provinzialoberen der Romagna ernannt, aber auf dem Kapitel des Jahres 1230 stellte er einen Antrag auf Amtsenthebung. An Ämtern lag ihm nicht, er wollte nur predigen, wo immer er es konnte. Antonius suchte sogar den wilden Ezzelin von Verona auf und sprach zu ihm: „Das Maß Deiner Greuel ist voll. Wenn Du nicht Buße tust, wird Dich der Zorn Gottes zermalmen.“ Entgegen aller Erwartung war Ezzelin so beeindruckt, daß er fortan abließ von seinen grauenvollen Taten.

Die Anstrengungen des Heiligen gingen über Menschenkraft. Noch in der Fastenzeit des Jahres 1231 verzehrte er sich fast in der Glut seiner Predigten. Am 13. Juni fühlte er sein nahes Ende kommen. Der entkräftete Heilige wurde in das kleine Klarissenkloster Acella gebracht, wo er am gleichen Tage erst sechsunddreißigjährig starb. Seine letzten Worte waren: „Ich sehe meinen Herrn Jesus Christus!“ Gänzlich verbraucht und erschöpft von der Arbeit im Weinberg des Herrn, schonungslos gegen sich selbst bis zum letzten Atemzuge, war der Heilige von Padua viel zu früh von dieser Welt gegangen.

(nach: Das große Buch der Heiligen – Geschichte und Legende im Jahreslauf, von: Erna und Hans Melchers, Bearbeitung: Carlo Melchers; Südwest Verlag München, 9. Auflage 1986)

Der hl. Papst Gregor VII.

geb. um 1020; gest. 25.5.1085 in Salerno (25. Mai)
von P. Marc Brüllingen


Was über ihn und seinen Kampf mit dem deutschen König Heinrich IV. von Freunden und Gegnern geschrieben wurde, füllt eine ganze Bibliothek. Die Gründe und Hintergründe dieses Kampfes werden ewig umstritten bleiben, nicht aber die Persönlichkeit des Papstes, dem Gott die schwere Aufgabe zuteilte, die Freiheit der Kirche gegen staatliche Lebensnotwendigkeiten und Machtansprüche abzugrenzen und zu verteidigen. Er ist, äußerlich gesehen, in dem ungleichen Ringen unterlegen, aber noch im Untergang wächst seine Gestalt zu einer heroischen Größe, die auch seine oft mißverstandene kirchenpolitische Haltung aus der Enge persönlichen Ehrgeizes in die Weite geistig-sittlichen Verantwortungsbewußtseins rückt.

Gregor oder Hildebrand, wie er vor seiner Erhebung zum Papst hieß, kam aus dem Volk. Zu Savona in Toskana war er um das Jahr 1020 geboren. Eigentliche Heimat aber wurde ihm Rom, wo er wahrscheinlich im Marienkloster auf dem Aventin lebte und von dem nachmaligen Papst Gregor VI. in den strengen Traditionen der Kirche erzogen wurde. Ob er auch Mönch von Cluny war, ist nicht sicher bezeugt. Wichtiger ist, daß er den Reformideen, die von Cluny ausgingen, mit ganzer Seele anhing und in dem deutschen Papst Leo IX. einen väterlichen Freund fand, der ihm die Erneuerung des römischen Paulusklosters anvertraute. Schon jetzt gewann er tätigen Anteil an der Leitung der Kirche. Mehrmals ging er als Legat des Papstes nach Frankreich und an den deutschen Hof, um im Sinne der Reform zu wirken. Alexander II. machte den eifrigen Anwalt der kirchlichen Interessen zum Archidiakon und Kanzler der römischen Kirche. Solch ein rascher Aufstieg ist selten, aber Hildebrand hatte sich durch Können und Charakter einer noch höheren Würde wert erwiesen: am 22. April 1073 wurde er während der Leichenfeier für seinen Vorgänger durch einmütigen, stürmischen Zuruf von Volk, Klerus und Kardinälen zum Papst gewählt.

Gregor VII., wie er sich in Erinnerung an den Lehrer seiner Jugend nannte, nahm die Wahl nicht leichten Herzens an. Seine Reisen hatten ihm zur Genüge gezeigt, welch gewaltige Arbeit in allen Ländern der Christenheit noch zu leisten war. Niemand konnte höher von der Sendung der Kirche denken als er. Das Reich Gottes unter den sündigen Menschen wiederherzustellen, war das erste Ziel seiner Regierung. Um dieses Ziel zu erreichen, mußte er zwei Grundübel beseitigen: die Käuflichkeit der Kirchenämter und die Sittenverderbnis im Klerus. Beides stand in engem Zusammenhang; denn wer ein Bischofsamt oder die Abtswürde lediglich der Einkünfte und des politischen Einflusses wegen mit Geld erworben hatte, zeigte in der Regel wenig Neigung, ein echt priesterliches Leben zu führen. Vorschriften und Synoden allein genügten nicht, die Schuldigen zu bessern; man mußte das Übel an der Wurzel erfassen und die kirchliche Stellenbesetzung neu regeln. Es gehörte zu den wichtigsten Maßnahmen des neuen Papstes, daß er die Vergabe des kirchlichen Amtes durch einen Laien für unstatthaft erklärte und jede Übertretung mit schweren Kirchenstrafen bedrohte. Ohne es zu wollen, geriet der Papst gerade durch diese für die Genesung der Kirche entscheidenden Dekrete in den Konflikt mit Heinrich IV., der sein ferneres Leben bestimmte.

Der junge deutsche König glich in nichts seinem bedeutenden Vater. Hemmungslos in seinen Leidenschaften, ohne Bedenken in der Wahl seiner Mittel, ohne Achtung vor der päpstlichen Würde und ohne Sinn für die religiöse Mission der Kirche war er bereits von Alexander II. wegen Verschacherung der Kirchenämter gebannt worden. Gregor war geneigt, des Königs Fehler mit seiner Jugend und seinen schlechten Ratgebern zu entschuldigen, unterstützte ihn gegen die siegreichen Sachsen und befreite ihn vom Bann, als Heinrich in seinem Brief Besserung der Mißstände gelobte. Sobald aber Gregor auf mehreren Synoden Ernst machte mit seinem Willen zur Reform und die widerspenstigen Bischöfe kurzerhand absetzte, brach in Deutschland eine offene Revolte aus, und Heinrich IV. machte sich zu ihrem Sachverwalter. Für ihn sprach der Umstand, daß damals die deutschen Bischöfe und Äbte zugleich Reichsfürsten und Inhaber der wichtigsten Kronlehen waren, so daß also der König ihrer Treue unbedingt sicher sein mußte. Deshalb auch sein zähes Festhalten an dem traditionellen Anspruch, erledigte Bischofsstühle nach seinem Gutdünken neu zu besetzen. Hätte er nur würdige und geistlich gesinnte Männer ernannt, wäre es jedoch kaum zwischen ihm und der Kirche zum Bruch gekommen.

Von der Sachsennot befreit und von seinen Räten gegen den Papst aufgestachelt, setzte Heinrich unbekümmert um Gregors Einspruch Bischöfe ein und ab. Als der Papst ihn mehrmals brieflich und durch Gesandtschaften mahnte, erhielt er ein Schreiben des Reichstags zu Worms „An den Bruder Hildebrand“, in welchem die Bischöfe ihm den Gehorsam aufkündigten und der König ihm zurief: „Steig herab von deinem Sitz, befehle ich dir.“ Das war die offene Kampfansage, und Gregor konnte darauf nicht anders antworten als mit der Absetzung und Bannung des Königs. Während aber Heinrich in maßlosem Haß den Papst öffentlich beschimpfen läßt, bleibt Gregor der Priester, dem es nur auf das klare Recht der Kirche, ihre Freiheit von staatlicher Bevormundung und auf die unbehinderte Entfaltung ihrer religiösen Sendung ankommt. Er ist jederzeit bereit zu verzeihen, wenn der König ehrlich einen Ausgleich der kirchlichen und staatlichen Interessen herbeizuführen sucht. Tatsächlich spricht Heinrich, von seinen Fürsten verlassen und der Liebe des Volkes beraubt, in Canossa vor dem Papst das Schuldbekenntnis und wird des Bannes enthoben. Da aber dieser Schritt nur aus äußerem Zwang geschieht, um Reich und Krone zu retten, kann der Friede nicht von Bestand sein.

In der Folgezeit erlebt Gregor eine Enttäuschung nach der anderen. Die deutschen Fürsten haben Rudolf von Schwaben zum König gewählt. Diesem fehlt es nicht an Gründen, den Papst zu bestürmen, den wankelmütigen und arglistigen Heinrich endlich fallen zu lassen. Daß Gregor trotzdem drei Jahre zögert, über Heinrich den Stab zu brechen, ist ein untrüglicher Beweis für seinen Gerechtigkeitswillen. Seit er dem König zu Canossa mit eigener Hand den Leib des Herrn gereicht hat, bringt er es kaum über sich, ihn erneut zu bannen und abzusetzen. Als es schließlich doch geschieht, führt Heinrich sofort den Gegenschlag: er stellt mit den ihm ergebenen Bischöfen zu Brixen einen Gegenpapst auf und zieht mit Heeresmacht gegen Rom. Nachdem er Rudolf von Schwaben vernichtet hat, will er sich auch des lästigen Mahners auf dem Stuhl des heiligen Petrus entledigen. Nach langer Belagerung fällt die Stadt in seine Hand. Gregor rettet sich in die Engelsburg und muß die Normannen aus Unteritalien zu Hilfe rufen, um befreit zu werden. So entsetzlich aber sind die Greuel dieser Straßenkämpfe, daß nun auch die Römer sich gegen den Papst empören. Im Gefolge der Normannen verläßt Gregor die Petrusstadt.

Unbeachtet und von allen Freunden verlassen, ist er am 25. Mai 1085 in Salerno gestorben, bis zum letzten Augenblick überzeugt vom Recht und von der Notwendigkeit seines Kampfes. Er hätte sich durch ein willfähriges Wort von allen Leiden und Verfolgungen retten können, aber er hat lieber Verbannung und frühen Tod ertragen als wider sein Gewissen zu handeln. Mag auch das Wort, das man dem Dulder in den Mund legt, historisch nicht erwiesen sein, es spiegelt doch wie kein anderes die sittliche Größe dieses Mannes wider: „Ich habe die Gerechtigkeit geliebt und das Unrecht gehaßt, deshalb sterbe ich in der Verbannung.“ Auch im Tode kehrte der große Papst nicht nach Rom zurück. Das ferne Salerno hütet sein Grab.

Der hl. Joseph

Bräutigam der allerseligsten Jungfrau Maria, Schutzpatron der Kirche (19. März)
von P. Marc Brüllingen


Am 19. März feiert die hl. Katholische Kirche das Fest eines Heiligen, dessen Verehrung weit verbreitet ist und dessen Fürbitte und Beistand inständig angerufen wird – das Fest des hl. Joseph.

Die Vielzahl der Heiligen mit Namen Joseph gehen alle auf den Pflegevater Jesu zurück. Joseph heißt in der Übersetzung aus dem Hebräischen „der Vermehrer“. Er ist der Heilige des schweigenden Gehorsams und der gewissenhaften Pflichterfüllung. Als mächtiger Fürbitter und Helfer in allen Nöten wurde er zum Schutzpatron der ganzen Kirche (seit 1870) wie der einzelnen Familie und vor allem auch des werktätigen Volkes.

Die früheste Erwähnung des hl. Joseph findet sich im Martyrologium von Reichenau um 850. Seit dem 9. Jahrhundert nahm seine liturgische und volkstümliche Verehrung immer mehr zu. Sie wurde besonders gefördert von Seiten der Franziskaner, durch den hl. Bernhard von Clairvaux, die hl. Theresia von Avila und den hl. Franz von Sales. 1479 führte der Franziskanerpapst Sixtus IV. Sein Fest in der Kirche ein, 1621 wurde der Josephstag gebotener Feiertag, 1729 kam sein Name in die Allerheiligenlitanei, seit 1919 gibt es die Josephspräfation. Ein Vergleich mit dem römischen Kalender zeigt die alte Feier des Festes der Minerva, der Göttin der Handwerker, am 19. März. Papst Pius XII. Führte 1956 das am 1. Mai zu feiernde Missalefest des hl. Joseph „des Werkmannes“ für die Weltkirche ein, auf daß „der 1. Mai sozusagen die christliche Weihe empfange und nicht einer Einladung an die moderne Gesellschaft, das zu vollbringen, was dem sozialen Frieden noch fehlt…“

In der Heiligen Schrift finden wir nur wenig über Joseph! Sie sagt daß er „gerecht“ war (Matth. 1,9), d.h., daß Joseph ein reiner, tugendhafter und heiliger Mann war. Wir kennen die Geschichte des Zimmermanns aus Nazareth. Die Braut war Maria, die Mutter Jesu. Joseph stammte aus dem Geschlechte König Davids, doch war er selbst nur ein einfacher und bescheidener Handwerker. Der scheinbare Gegensatz von äußerer Bedeutungslosigkeit und höchstem inneren Adel zeichnete Joseph aus und ließ ihn zum Vorbild für viele Heilige werden. Wie tief erschreckt muß dieser fromme Mann gewesen sein, als er erfuhr, daß seine reine Braut Maria sich Mutter fühlte, wußte er doch zunächst noch nicht, daß sie durch die Kraft des Heiligen Geistes den Sohn Gottes, den Heiland der Welt, empfangen hatte. Er befand sich in der größten Unruhe. Da er von Maria nichts Arges denken und sie nicht ins Gerede bringen wollte, gedachte er sie heimlich zu entlassen. Aber nicht lange ließ Gott ihn in dieser Unruhe. Jetzt erscheint ihm Gottes Engel zum erstenmal, sagt ihm die Wahrheit und bedeutet ihm, daß er sie zu sich nehmen solle. Joseph gehorcht: mit großer Ehrfurcht und Liebe führt er Maria als seine Ehefrau in sein Haus und wird ihr Beschützer und der Nährvater des Erlösers.

Als der Erlaß des Kaisers Augustus erging, alle Völker seines Reiches sollten aufgeschrieben und gezählt werden, gehorcht Joseph, obgleich er zu diesem Zwecke eine beschwerliche Reise machen muß, die mit Kosten und Opfern verbunden war. Er gehorcht ebenfalls, als mitten in der nacht der Engel befiehlt: „Joseph steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten!“ – Es kommt keine Frage, kein Wort der Auflehnung von seinen Lippen. Immerhin wußte er ja, daß es ein göttliches Kind war und hätte denken können, daß Gott dieses Kind vor Herodes bewahren würde. Aber er stand auf, verließ alles und gehorchte. Zwei Jahre später in Ägypten erscheint ihm der Engel wiederum und befiehlt ihm: „Joseph zieh zurück in das Land Israel. Sie sind alle gestorben, die dem Kinde nach dem Leben trachteten.“ – Und noch einmal muß Joseph alles verlassen, was er sich in dem fremden Lande neu aufgebaut hat, wiederum gehorcht er schweigend und klaglos und unternimmt die weite Reise in die Heimat, wie ihm geboten wurde. Joseph hat das öffentliche Auftreten Jesu und seine Passion anscheinend nicht mehr erlebt, da später von ihm in den Evangelien nicht die Rede ist.

Darstellung: Jesuskind tragend, Stab mit Lilienblüte in der Hand, mit Zimmermannswerkzeugen oder Wanderstab.

(nach: Erna und Hans Melchers, Das große Buch der Heiligen, Geschichte und Legende im Jahreslauf, Bearbeitung – Carlo Melchers, Südwest Verlag München, 9. Auflage 1986)


Bild: Ikone des hl. Joseph | Foto: Heike Hannah Lux

Die Vorfastenzeit

Septuagesima, Sexagesima, Quinquagesima
von P. Marc Brüllingen


confessional, cross, priest, religionMit dem Sonntag Septuagesima beginnt die sogenannte Vorfastenzeit. Die Vorfastenzeit verbindet sozusagen das Ende der Weihnachtszeit mit dem Beginn der Fastenzeit, welche mit dem Aschermittwoch beginnt. Die Namen der Sonntage Septuagesima (=70), Sexagesima (=60) und Quinquagesima (=50) bezeichnen nicht die genauen Abstände bis zum Osterfest, sondern sind aufgerundet.

Schon die Vorfastenzeit deutet auf den Ernst der eigentlichen 40tägigen Fastenzeit hin. Dies wird schon durch das Tragen des violetten Meßgewandes deutlich. Ebenso verstummt der „Alleluia-Ruf“ (bis zur Feier der Osternacht) und wird durch den Tractus ersetzt, der auf das Graduale (=Gesänge zwischen Lesung und Evangelium) folgt. Jedoch ist sie noch nicht so ernst wie die eigentliche Fastenzeit, da noch die Orgel erklingen darf und Blumen den Altar schmücken. Sie ist vielmehr eine behutsame Hinführung zur Fastenzeit, die uns an den Zweck der Menschwerdung Christi erinnern soll.

Der Sinn der Vorfastenzeit kommt sehr treffend im Evangelium von Septuagesima zum Ausdruck – das Gleichnis vom Hausvater, der ausging, um Arbeiter für seinen Weinberg zu dingen. Denn hier geht es um die Mitwirkung am eigenen Seelenheil, und jeder ist dazu aufgerufen, daran mitzuwirken, in den Weinberg des Herrn einzutreten, um für seine Arbeit, seine Bemühungen dann den Lohn zu erhalten. Im Gleichnis ist es der Tageslohn am Abend, in unserem Leben ist es der ewige Lohn am Ende unseres Lebens, wenn wir von Gott für unsere Anstrengungen um das Heil der Seele mit dem ewigen Leben belohnt werden.

Bemühen wir uns somit, daß auch wir zu denjenigen gehören, die sich in diesem Leben auf Erden angestrengt haben, um von Christus am Lebensabend den einen Denar zu erhalten, d.h. in die ewige Glückseligkeit einzugehen. Wer in diesem irdischen Leben sich mit Christus und für Christus anstrengt, der wird in der Ewigkeit auch dafür belohnt werden.


Bild: Fotolia – ID 31611819

Zum Fest Epiphanie – Erscheinung des Herrn

(6. Januar)
von P. Marc Brüllingen


„Wir haben Seinen Stern im Morgenland gesehen und sind gekommen, Ihn anzubeten.“

Am 6. Januar feiert die Kirche das Fest der Erscheinung des Herrn (griechisch: EPIPHANIE).

Während am hohen und heiligen Weihnachtsfest (25. Dezember) die stille Geburt Jesu Christi gefeiert wird, begeht die katholische Kirche am Fest Epiphanie das Fest des öffentlichen Bekanntwerdens des neugeborenen Königs, sozusagen das zweite Hochfest in der Weihnachtszeit, das altchristliche Christkönigsfest. Die ganze Welt soll die Geburt des neuen Königs erfahren.

Die Liturgie der Kirche feiert am Fest Epiphanie drei Offenbarungen:

  1. die Anbetung und Huldigung Christi durch die Weisen aus dem Morgenland

  2. die feierliche Verkündigung des himmlischen Vaters bei der Taufe Christi (Fest: 13. Januar)

  3. das erste öffentliche Wunder bei der Hochzeit zu Kana, um seine Herrschermacht zu offenbaren
    (Evangelium am 2. Sonntag nach Epiphanie)

Der Tag der Erscheinung des Herrn ist jedoch nicht nur ein Königsfest, sondern zugleich auch ein Vermählungsfest, da Christus sich mit seiner Braut, der heiligen Kirche vermählt.

Ebenso vermählt Christus sich mit uns, weil wir in den Weisen, die am heutigen Festtag kommen, um Christus, den König anzubeten und ihm ihre Geschenke darzubringen, die ersten Vertreter aus der Heidenwelt erblicken. Christus ist den Heiden erschienen (daher: epiphanein=erscheinen), um zu zeigen , daß auch sie durch ihn erlöst worden sind. Epiphanie ist somit auch das Fest der Berufung der Heiden.

Wir sind folglich auch dazu aufgerufen, Christus, dem König, entgegenzugehen, ihn anzubeten, so wie es die Weisen getan haben. Anstelle von Gold, Weihrauch und Myrrhe sollen wir Ihm uns selbst schenken mit Leib und Seele. Wir sollen unserem König angehören, ihm nachfolgen und ihm allein dienen. Wie die Weisen sollen wir uns auf den Weg machen, um Gott zu suchen, nach ihm zu fragen und ihn zu finden. Die Weisen sind vor allem daher ein schönes Vorbild des Sich-Mühe-Gebens bei der Suche nach Gott, keine Ruhe zu haben, bis man ihn endlich gefunden hat und dann ebenso diese große Freude zu haben, ihn anzubeten und ihm zu huldigen.


Foto: Heike Hannah Lux

Die heilige Lucia – Märtyrin in Syrakus

(13. Dezember)
P. Marc Brüllingen


Steht aber nicht am Lucientag über unseren Dörfern und Städten schon der Stern von Bethlehem? Nur noch zwölf Nächte trennen uns von dem Wunder der Menschwerdung Gottes; diese „heiligen zwölf Nächte“ sollen uns nicht schrecken, sondern alt und jung hinführen zur Krippe des Gottessohnes. Nur noch zwölf Nächte – das kündet uns der Lucientag. So hat auch Sankt Lucia selbst des Tages geharrt, an dem sie ihren Gott von Angesicht zu Angesicht schauen durfte. Sie starb als eines der letzten Opfer der römischen Verfolgungszeit. Eine Innschrift aus der Giovanni-Katakombe in Syrakus sichert ihre historische Existenz und erwähnt schon um das Jahr 400 ihr Fest. Als die nordischen Eroberer das Reich der Cäsaren zertraten, ging auch das Gedächtnis der Märtyrin Lucia unter. Erst Jahrhunderte später entsann man sich wieder ihres Namens, und die sinnende Legende wußte zu erzählen, was weder Stein noch Urkunde aufbewahrt hatten:

Sankt Lucia pilgerte mit ihrer Mutter Euthicia, die am Blutfluß litt, zum Grabe der heiligen Agatha nach Catania, rief fromm die große Heilige an und ward von ihr erhört. Voll Freude über die wiedererlangte Gesundheit gab ihr die Mutter die Erlaubnis, ihre Mitgift an die Armen der Stadt zu verschenken. Das erzürnte den Bräutigam wider sie, und er ging hin und klagte seine Braut Lucia bei dem Richter Paschasius an, sie sei eine Christin und des Todes schuldig. Paschasius befahl, Lucia ins Haus der Schande zu bringen; doch konnten tausend Leute sie so wenig von der Stelle bringen wie ein Joch Ochsen, das die Knechte anspannten. Auch Feuer und siedendes Pech taten ihr nichts zuleide. Während Paschasius in großer Verlegenheit dastand, wie er die Jungfrau vom Leben zum Tode bringen könne, sprang einer von seinen Freunden herzu und stieß Sankt Lucia den Dolch bis zum Heft in die Kehle. Sie lebte noch, bis sie den Leib des Herrn empfangen.

Die Legende will auch wisen, daß sie vor dem Tode ihre Augen, die ihr Bräutigam immer gepriesen, ihm als Dank für seinen Helferdienst zu Gott übersandt habe; denn sie schaute jetzt mit den Augen des Geistes. Mit den Augen des Geistes sollten auch wir diese Umdichtung streng vom schlichten Martertod unterscheiden.

Die heilige Lucia ist die Schutzheilige von Syrakus; ferner der Blinden, Bauern, reuigen Dirnen, Glaser, Kutscher, Näherinnen u. a. Im Dom von Syrakus, jener eindrucksvollen Basilika, die in einen antiken Tempel eingebaut ist, ist ihr eine Kapelle geweiht. Dort steht eine gekrönte Silberstatue der Heiligen mit Palmzweig und Öllämpchen. Oft sieht man sie aber auch mit einer Schüssel dargestellt, auf der zwei Augen liegen.

(nach: Hans Hümmeler, Helden und Heilige, 1964; Verlag Haus Michaelsberg, Siegburg; und: Erna und Hans Melchers, Das große Buch der Heiligen – Geschichte und Legende im Jahreslauf; Bearbeitung: Carlo Melchers; Südwest Verlag München, 8. Auflage 1985)

Der heilige Andreas Avellinus

(Fest: 10. November)
von P. Marc Brüllingen


* 1521 in Castronuovo, + 10. 11. 1608 in Neapel

Als Jüngling schon ein Bild auffallender Schönheit, leidenschaftlich und klug, hätte Lancelot Avellinus nicht im üppigen, sinnenfrohen Zeitalter der Renaissance leben dürfen, um nicht aller Augen auf sich zu ziehen. Mehr als einmal erging es ihm wie dem ägyptischen Joseph im Hause Potiphars; aber der Gedanke an seine inniggeliebte Mutter, eine Frau von seltener Tugend, bewahrte ihn vor dem Fall. Gern floh er aus den heißen Straßen seiner Vaterstadt Castronuovo hinaus aufs Land, sammelte dort die Kinder um sich und lehrte sie die Lauretanische Litanei, die ihm das schönste aller Gebete schien. Eine Verleumdung, als habe er die Tochter einer angesehenen Familie verführt, und die Racheschwüre der beleidigten Sippe trieben ihn nach Neapel. Wieder erneuerten sich die Versuchungen. Um vor den Liebesabenteuern vornehmer Damen Ruhe zu haben, mußte der junge Student sehr häufig seine Wohnung wechseln. Die Gelüste des eigenen Blutes bezähmte er durch anstrengende Arbeit und genaue Tageseinteilung. So errang er schon früh und mit Auszeichnung den Doktorhut in den Rechtswissenschaften.

Den Würden und Reichtümern des Diesseits war er nicht abgeneigt, und wenn er sich nach dem Abschluß seiner Studien zum Priester weihen ließ, so stand die Hoffnung auf ein geachtetes und bequemes Leben mittels einer guten Pfründe dabei nicht an letzter Stelle. Wozu das Priestertum in Wirklichkeit verpflichtet, das erfuhr er erst durch die vertraute Freundschaft mit seinem heiligmäßigen Beichtvater Peter Foscarenus aus dem Theatinerorden. Lancelot Avellinus kam ins Nachdenken; eine trübe Erfahrung vor Gericht sollte ihm den entscheidenden Anstoß zur Umkehr geben. Aus Eitelkeit und Ehrgeiz machte er auch als Priester gern den Anwalt bei irgendwelchen Rechtshändeln seiner Freunde. Dabei geschah es ihm eines Tages, daß er wider Recht und bessere Erkenntnis mit falschen Beweismitteln auftrat, nur um den Prozeß nicht zu verlieren. Von Gewissensängsten gequält, schwor er sich, niemals mehr eines Laienamtes zu walten, und wurde fortan ein Priester, den ganz Neapel wegen seines frommen Wandels achtete.

Deshalb vertraute ihm auch der Erzbischof die schwere, undankbare Aufgabe an, ein zuchtloses Frauenkloster zu reformieren. Die Helfershelfer der aufsässigen Nonnen aber überfielen ihn und verwundeten ihn schwer. Mit knapper Not rettete er sich in das Theatinerkloster. Kaum genesen, bat er kniefällig um Aufnahme in die strenge Genossenschaft, begann mit sechsunddreißig Jahren noch das Noviziat und nahm statt des romanhaften Ritternamens Lancelot den Namen Andreas an. Der Märtyrer des Kreuzes sollte sein besonderer Patron sein.

Mit einer heiligen Rücksichtslosigkeit kreuzigte er nun sich selbst, aber je mehr er der Eigenliebe abstarb und je gewissenhafter er der Regel folgte, um so tiefer drang er in die Weisheit Gottes ein, so daß viele Kardinäle und auch der heilige Karl Borromäus sich bei ihm Rat holten. Lange Zeit freilich sandte ihm Gott die Prüfung der Seelennacht; solange sie andauerte, ordnete er sich wie ein Kind den Weisungen derer unter, die bisher seine erleuchtete Kunst der Seelenführung bewundert hatten. Oder der Satan beängstigte und quälte ihn mit groben Mißhandlungen, konnte ihn aber nicht abschrecken, bis in sein hohes Greisenalter mit Anspannung aller Kräfte durch Gründung von Theatinerklöstern, Predigt und geistliche Übungen für die Erneuerung des verweltlichten Klerus aus dem Geiste des Urchristentums tätig zu sein. In seinem achtundachtzigsten Lebensjahr verschied er am 10. November 1608, eben im Begriff, das heilige Opfer darzubringen, an den Stufen des Altares mit dem dreimal wiederholten: „Introibo ad altare dei“ – „Zum Altare Gottes will ich treten …“.

Der heilige Andreas Avellinus wird als Patron gegen einen plötzlichen Tod verehrt.

(nach: Hans Hümmeler, Helden und Heilige, 1964; Verlag Haus Michaelsberg, Siegburg)

Das Fest der Mutterschaft der allerseligsten Jungfrau Maria

von P. Marc Brüllingen


ma03aDas Fest der Mutterschaft Mariä wurde im Jahre 1931 von Papst Pius XI. (1922-1939) feierlich eingeführt und auf den 11. Oktober festgelegt. Anlaß für dieses Fest war die 1500. Jahresfeier der Dogmatisierung der Gottesmutterschaft Mariens, die im Jahre 431 feierlich auf dem Konzil von Ephesus verkündet wurde.

Bei der Verkündigung des Dogmas lehrte das Konzil von Ephesus, daß „der Emmanuel (=Jesus Christus) wahrhaft Gott und deshalb die hl. Jungfrau Gottesgebärerin ist“. Hintergrund für die Dogmatisierung war die Irrlehre des Nestorius, der sog. Nestorianismus.

Nestorius, ein Syrer von Geburt, erhielt seine theologische Ausbildung in Antiochien, wo er Mönch und Priester war und wegen seiner Beredsamkeit großes Ansehen erlangte. Im Jahre 428 wurde er durch kaiserliche Huld Patriarch von Konstantinopel und erregte bald darauf durch seine Predigten, die beim Volk auf heftigen Widerspruch stießen, großes Aufsehen.

Er predigte gegen den Titel der „Gottesgebärerin“. Maria sei nur „Menschengebärerin“ oder besser „Christusgebärerin“, da sie den Menschen gebar, mit dem der göttliche Logos innig vereint war, in dem er wie in seinem Tempel wohnte. Nestorius lehrte also eine Zweiheit der Personen in Christus, d.h. in Christus seien nicht nur zwei Naturen, nämlich die göttliche und die menschliche Natur, sondern auch zwei Personen, die göttliche und die menschliche Person!

Das Dogma von der hypostatischen Union lehrt jedoch, daß die beiden Naturen in Christus, die göttliche und die menschliche, in einer Person und zwar in der zweiten göttlichen Person vereinigt sind (= hypostatische Union).

Gegen Nestorius trat der hl. Cyrill von Alexandrien (Fest am 9. Februar) auf, der in einem Schreiben den Titel theotókos (=Gottesgebärerin) verteidigte und Papst Cölestin I. um eine Entscheidung ersuchte. Cölestin I. gab Cyrill daraufhin uneingeschränkte Vollmacht zur Erledigung der Angelegenheit.

Inzwischen hatte Kaiser Theodosius II. für Pfingsten 431 ein allgemeines Konzil nach Ephesus einberufen, um die Frage zu klären. Bischof Johannes von Antiochien verzögerte absichtlich seine Ankunft, weil er ein Freund des Nestorius war. Mit 16-tägiger Verspätung eröffnete Cyrill – trotz des Einspruchs des Vertreters des Kaisers – am 22. Juni das Konzil, auf dem er die beherrschende Persönlichkeit war. Nestorius war zwar in Ephesus, erschien aber nicht auf dem Konzil. Vier Tage später erschienen die Antiochener und zeigten sich verletzt, da man nicht auf sie gewartet und ohne sie eine Entscheidung gefällt hatte. Begünstigt vom kaiserlichen Vertreter hielten sie ein Gegenkonzil unter Johannes von Antiochien ab, das die Lehre Cyrills verurteilte und ihn absetzte. Noch später erschienen die päpstlichen Legaten, die sich gleich auf die Seite von Cyrill stellten. Auch Johannes von Antiochien wurde exkommuniziert.

Beide Parteien wandten sich nun an den Kaiser, der zuerst beide Absetzungen bestätigte, dann aber die Rechtmäßigkeit der Absetzung des Nestorius anerkannte. Dieser wurde in ein Kloster verbannt. Nachträgliche Verhandlungen führten 433 zu einer Einigung zwischen Cyrill und den Orientalen, die vom Papst mit Freude begrüßt wurde.

Das Konzil von Ephesus (431) setzte Nestorius ab und folgte der Lehre des hl. Cyrill von Alexandrien, die darauf hin zielte, daß Christus nicht nur einer, sondern eins ist, ein Wesen, d.h. das zwei Naturen in einer Person vereinigt sind (= hypostatische Union).

So kam es also zur Dogmatisierung der „Gottesmutterschaft“ Mariens auf dem Konzil von Ephesus, daß Maria im wahren und eigentlichen Sinn Mutter Gottes ist. Dieser Satz besagt selbstverständlich nicht, daß Maria ihrem Sohn die göttliche Natur mitgeteilt hat, sondern daß ihr Sohn Gott ist. Maria hat nicht eine menschliche Natur geboren, sondern eine Person, nämlich den Gottsohn. Die Mutterschaft bezieht sich auf die Person. Nur wenn Maria einen Menschen geboren hätte, der erst später Sohn Gottes geworden wäre, wäre die Bezeichnung Gottesmutter falsch.

Die Gottesmutterschaft ist eine unverdiente Gnade. Maria konnte sie nicht verdienen, denn die Inkarnation (= Menschwerdung) ist das Prinzip aller Verdienste. Maria übertrifft alle geschaffenen Personen an Würde. Sie ist als Gottesmutter in ein einzigartiges Verhältnis zu Gott getreten. Sie hat Gott selbst die menschliche Natur geschenkt und ist seiner Menschheit nach mit ihm blutsverwandt.

Aufgrund der Erhabenheit dieses Dogmas von der Gottesmutterschaft Mariens hat Papst Pius XI. anläßlich der 1500-Jahrfeier der Dogmatisierung das Fest der Mutterschaft der allerseligsten Jungfrau Maria eingeführt.

Unser Herr Jesus Christus hat, als er sterbend am Kreuz hing, seine Mutter auch uns zur Mutter gegeben. Daher dürfen wir Maria als unsere Mutter verehren und in jeglichen Anliegen um ihren Schutz und ihre Fürbitte anrufen. Danken wir ihr täglich dafür.


Foto: Heike Hannah Lux

Der Erzengel Michael

von P. Miguel Stegmaier


Leben und Sterben des Menschen sind ständig umlauert vom Engel der Nacht. Sie sind auch bewacht vom Engel, der den Drachen besiegte. Die Kirche feiert zweimal jährlich ein Fest zu Ehren des Erzengels Michael, das Hauptfest am 29. September; das Fest seiner Erscheinung auf dem Berg Gargano am 8. Mai. Sie bittet ihn auch bei jeder heiligen Messe im Confiteor („Ich bekenne“), als den Vertreter der ganzen Engelwelt, daß er zusammen mit den Heiligen für uns Sünder bitte. Beim feierlichen Hochamt bietet sie ihm als dem großen Anbeter Gottes auch die Weihrauchschale an: „Auf die Fürsprache des heiligen Erzengels Michael, der zur Rechten des Rauchopferaltares stand, und all Seiner Auserwählten möge der Herr diesen Weihrauch segnen und als lieblichen Wohlgeruch annehmen. Durch Christus unsern Herrn.“ (Römisches Missale, Offertorium). Die Kirche hält in unserer vom Teufel umdrohten Zeit auch am zusätzlichen Gebete nach der heiligen Messe zum Erzengel Michael fest.

Mit ihr falten wir die Hände und bitten wider alle Teufel, die unser Leben und Sterben bedrohen, zum machtvollen Engel:

 „HEILIGER ERZENGEL MICHAEL, BESCHÜTZE UNS IM KAMPFE! BEHÜTE UNS GEGEN DIE NACHSTELLUNGEN DES BÖSEN FEINDES! IHM MÖGE GOTT GEBIETEN, SO FLEHEN WIR INSTÄNDIG!

DU ABER, FÜRST DER HIMMLISCHEN HEERSCHAREN, WOLLEST DEN SATAN UND ALLE ANDERN BÖSEN GEISTER, DIE ZUM VERDERBEN DER SEELEN IN DER WELT UMHERGEHEN, MIT GOTTES KRAFT IN DIE HÖLLE HINABSTOSSEN. AMEN.“

(Otto Hophan, Die Engel, Luzern, 1956)


Bild: Koptische Ikone | Foto: Heike Hannah Lux

Die Überreichung des Rosenkranzes an den hl. Dominikus

von P. Miguel Stegmaier


„Du bist als Frau so groß und giltst so viel
daß, wer nach Gnade dürstend dich nicht anruft,
umsonst zu fliegen suchte, ohne Flügel.“
(Dante, Die göttliche Komödie, XXXIII, 13 – 15)

Im Anfang des 13. Jahrhunderts waren die religiöse und politische Verhältnisse in nördlichem Italien, Spanien und südlichen Frankreich überaus dekadent. Eine neue Sekte von Häretikern blühte in Languedoc (eine große Provinz im Süden Frankreichs), bekannte als Albigenser oder Katharer. Der fromme und kluge Papst Innozenz III. schickte Bischöfe, Prälaten und Priester nach Südfrankreich, um die zerstreute Herde der Gläubigen zu sammeln und zu suchen, was verloren war. Unter diesen Missionaren war der hl. Dominikus aus Spanien. Er war ein Förderer und Verbreiter des Rosenkranzgebetes, deswegen ist ihm der allergrößten Wahrscheinlichkeit nach die Einführung des Rosenkranzgebetes zu Ehren der Allerseligsten Jungfrau Maria zuzuschreiben.

Er war ein Mensch des intensiven Gebetes; täglich während der Nacht kniete er vor dem Bilde Mariens und flehte mit Bitten, mit Tränen, mit strengen Bußen ihre Mutterliebe um Erbarmen gegen das verirrte Volk an. Nach einer Legende und Tradition der Kirche im Jahr 1208 erschien ihm die Muttergottes, während des Gebets in der Kirche „Notre Dame de Prouille“ und tröstete ihn liebreich und sprach: „Dein Werk wird gelingen, halte nur die Leute mehr zum Beten an und erkläre ihnen die Glaubenslehre in recht einfacher, leicht verständlicher Sprache“; sie lehrte ihm angeblich den Psalter oder den großen Rosenkranz in 15 Gesetzlein mit 15 Betrachtungen über das Leben, Leiden und die Verherrlichung Jesu und seiner Mutter, ihm zu sagen, diese Waffe zu verwenden, um die Albigenser zu besiegen. Dank dieses Gebetes finden nach wie vor viele Sünder zum katholischen Glauben und rezitieren es, um Fürsprache zu erbitten und Gnade zu empfangen. Selbst die betrogenen Irrgläubigen (sog. Albigenser oder Katharer) verließen zum größten Teile das Irrtum und kehrten in den Schoß der katholischen Kirche zurück.

Ihre weltliche Macht wurde im Jahre 1213 in der blutigen Schlacht bei Muret (Garonne) durch den tapferen Grafen Simon IV von Montfort vernichtet. Unmittelbar nach dieser Schlacht errichteten die Bewohner von Muret in ihrer dem hl. Jakobus geweihten Kirche eine Kapelle und zierten dieselbe mit einem Muttergottesbild. Darauf erblickte man zur Linken der Muttergottes den Bischof Fulco von Toulouse und Simon von Montfort, während zu ihrer Rechten der hl. Dominikus kniet, der in seiner rechten Hand ein von Pfeilen durchbohrtes Kruzifix hält und mit der Linken den von Maria dargereichten Rosenkranz empfängt.

Dies ist der Ursprung des hl. Rosenkranzes, den wir heute noch unverändert besitzen und beten. Er stammt vom Himmel, er ist ein Geschenk unserer Mutter Maria; er ist beglaubigt durch seine übernatürliche Kraft, Wunden zu heilen, Trost zu verbreiten, mit Freude zu beglücken. Darum in jeder Mariens Erscheinung empfiehlt sie ihren Kindern dieses teure Gebet zum Lobpreis, zur Danksagung und für die Bitte um die Stützung und die Gnade Jesu. Endlich, im Rosenkranzgebet erweist der Betende Gott und der Gottesmutter seine Ehre.

Weihnachten

von P. Marc Brüllingen


Keiner hat das hehre Geheimnis der Menschwerdung Gottes, das wir an diesem Tage feiern, so tief erfaßt und so ergreifend ausgesprochen, wie der hl. Evangelist Johannes, der im Evangelium der dritten Weihnachtsmesse spricht: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt! Und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, wie die des Eingeborenen vom Vater, voll der Gnade und Wahrheit!“

Jeden Tag betet der Priester im Auftrag der Kirche zum Schluß der hl. Messe dieses erhebende Bekenntnis, im „letzten Evangelium“, womit der hl. Johannes das seinige beginnt. Und um seine Ehrfurcht vor dem Geheimnis zu bekunden, das in diesen wenigen Worten zum Ausdruck kommt, beugt der Priester dabei das Knie und mit ihm die versammelten Gläubigen.

An keinem Tag des Jahres kommt es uns aber auch so lebendig zum Bewußtsein, was es heißen will: Gott unter den Menschen, dieses unaussprechlich erhabene und himmlische Geheimnis unseres hl. Glaubens, als heute, am Geburtsfest des Sohnes Gottes, des himmlischen Königs, wo die seligen Geister gesungen haben: „Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind (Gloria in excelsis Deo)!“

Gleich den Hirten, die freudigen Herzens bei der Kunde, die sie aus dem Engelsmund vernahmen, sich auf den Weg gemacht haben, in hoffnungsvoller Erwartung dessen, was der Herr ihnen offenbaren wollte, dürfen auch wir uns ihre Worte zu eigen machen: „Laßt uns nach Bethlehem eilen und sehen, was der Herr uns kundgetan hat!“ Denn es ist ein wahres Wunder, was wir da schauen!

Ein Wunder der göttlichen Allmacht. Nun sehen wir die erfüllt brennende Begierde der Patriarchen, die Weissagungen der Propheten von dem, der da kommen sollte zum Heil der Welt, gestillt die Sehnsucht der Völker nach dem verheißenen Erlöser, erfüllt, was der hl. Erzengel Gabriel zu Maria, der reinen Jungfrau, gesprochen hatte: „Siehe, du wirst empfangen und einen Sohn gebären, und seinen Namen sollst du Jesus nennen! Dieser wird groß sein und der Sohn des Allerhöchsten genannt werden. Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben und herrschen wird er über das Haus Jakob ewiglich, und seines Reiches wird kein Ende sein!“

Der eingeborene Sohn Gottes hat den Schoß seines himmlischen Vaters verlassen, ist herabgestiegen vom Thron seiner Herrlichkeit, „empfangen vom Hl. Geist, geboren aus Maria der Jungfrau“, wie wir es im Credo (Glaubensbekenntnis) bekennen. Dieses Kind, das in der Krippe liegt, das nichts sein eigen nennt, als armselige Windeln, ist der starke, allmächtige Gott, dessen Machtwort alles, was da ist, ins Dasein gerufen hat. So klein, schwach und hilflos dieses Kind uns auch erscheint – es ist der große, unendliche Gott, der das unermeßliche Weltall wie einen Spielball in seinen Händen wiegt.

Denn, was unser Auge nicht sieht, das sagt uns unser lebendiger Glaube: Es ist niemand anders, als unser Emmanuel, unser Messias (Erlöser/Gesalbter). Christus, vor dessen Majestät die Cherubim und Seraphim in heiliger Scheu ihr Antlitz verhüllen, will mitten unter uns sein! Was können wir da anderes tun, als voller Liebe und Demut uns niederzuknien, vor ihm, der unser Gott und Heiland ist, und in den Jubelruf der Kirche einstimmen: Christus ist uns geboren! Kommt, lasset uns ihn anbeten!

Es ist ein Wunder der göttlichen Gerechtigkeit. Sehen wir an der Krippe nicht das Wort des Propheten bewahrheitet: „Gott selbst wird kommen, uns zu erlösen!“ Ja, Gott selbst ist gekommen, die unendliche Schuld abzutragen, die auf der Menschheit gelastet hat von Adam her, er selber, um der göttlichen Gerechtigkeit genugzutun.

Aber es ist auch ein Wunder der göttlichen Liebe. Das dürfen wir nicht vergessen. Denn nur die Liebe ist es, die Gott auf die Erde herabziehen konnte, um als kleines, armes schwaches, unschuldiges Kind unter uns Menschen zu erscheinen. Er ist gekommen, unser Friedensfürst, nicht um mit Waffengewalt die abtrünnige Welt wieder unter sein Zepter zu zwingen, nicht um irdische Reiche, sondern die Menschenherzen zu erobern durch die Allgewalt seiner Liebe, in den Menschenseelen seinen Thron aufzuschlagen!

Deshalb offenbart er sich uns Menschen als kleines, unschuldiges Kind, um auf diese Weise unsere Herzen zu erobern und mitzureißen. Hier beim göttlichen Kind, das so armselig in einem Stall außerhalb von Bethlehem geboren wird, das uns Menschen so sehr geliebt hat, lernt auch der Mensch wieder den Menschen zu lieben.


Foto: Heike Hannah Lux

Fegefeuer (Purgatorium)

von P. Miguel Stegmaier


„Ist er auch als Sünder gestorben… so sollst du ihm doch so viel als möglich zu Hilfe kommen, nicht mit Tränen, sondern mit Gebet und Flehen, mit Almosen und Opfern.“ (hl. Johannes Chrysostomus, hom. 41. in ep. I Cor. 4. 5.)

1. Was ist das?

„Nach katholischer Glaubenslehre verstehen wir unter Fegfeuer den Vorgang der sittlichen Läuterung, in der die Seelen der Gerechten des Eintritts in das Himmelreich würdig werden (Offb. 21, 27), wenn sie entweder mit läßlichen Sünden aus diesem Leben geschieden sind oder noch zeitliche Strafe für ihre schon vergebenen Sünden abzubüßen haben“ (Cfr. C. Gröber, Handbuch der religiösen Gegenwartsfragen, Freiburg i.B. 1940, S.292)

Das Fegfeuer ist nach katholischer Lehre nicht so sehr ein Ort, als vielmehr ein Zustand der Läuterung, in dem die Seelen der Verstorbenen, die im Stand der Gnade gestorben sind, aber noch lässliche Sünden oder zeitliche Sündenstrafen abzubüßen haben. Es ist ein Zustand der Strafe und Läuterung bis zur vollen Reinheit und damit zum Eintritt in den Himmel. Das Strafleiden besteht hauptsächlich im Ausschluss von der Anschauung Gottes. Es ist ein Schmerz der Seele; Sehnsucht und Heimweh nach Gott.

2. Die Lehre vom Fegfeuer ist kirchlicher Glaubenssatz, Dogma. Die Kirche, die sehr wohl um die große Verantwortung gegenüber der Lehre Christi und auch für die Gläubigen weiß, hat immer daran festgehalten. Sie hat den Satz Luthers verworfen (Cfr. Konzil von Trient, sess. 25: decretum de purgatorio, 3. Dez.1563): „Das Fegfeuer kann nicht aus der Schrift bewiesen werden.“

Die Kirche stützt sich dabei vor allem auf folgende Schriftzeugen:

A) 1 Makk 12, 40-46 – „Judas der Makkabäer und seine Leute wandten sich zum Gebet und flehten, dass die begangenen Sünden (Götzendienst der Gefallenen) gänzlich vergeben werden möchten. Dann veranstaltete er seine Sammlung unter seinen Leuten und brachte 2000 Drachmen Silber zusammen. Diese sandte er nach Jerusalem, damit ein Sündopfer dargebracht würde, damit sie von ihren Sünden erlöst würden. Ein heiliger und frommer Gedanke. Das war eine sehr schöne und edle Handlung, weil er an die Auferstehung dachte.“

B) 1 Kor. 3, 11-15 – „…Er wird gerettet, jedoch nur wie durch Feuer…“ – Aus dem Feuer der Hölle aber wird niemand gerettet.

C) Matth. 5, 25 und Lk. 12, 58 ff. – In einer Gleichnisrede spricht der Herr von einem Gefängnis, aus dem niemand herauskommt, bevor die Schuld bis auf den letzten Heller bezahlt ist: „Verzeihe…, sonst könntest du in den Kerker geworfen werden. Ich sage dir, du kommst dort nicht heraus, bis du den letzten Heller bezahlt hast.“ – Also ist dort noch eine „Abzahlung“, eine Tilgung möglich.

D) Matth. 12, 32 – Christus selbst spricht: „Wer gegen den Heiligen Geist sündigt, findet keine Vergebung, weder in dieser noch in der zukünftigen Welt.“ – Also kann auch in der zukünftigen Welt noch Sünde nachgelassen oder vergeben werden. Es gibt also eine dritte, wenn auch zeitlich beschränkte Möglichkeit.

3. Haupträger der Fegfeuerlehre ist die Überlieferung und die Kirchenväter.

a) Clemens von Alexandrien (vor † 215): Er nimmt mit Plato an, daß die Strafen Gottes nur zur Läuterung dienen. Plato sagte: „Wer Strafe erleidet, erfährt eine Wohltat“ (Paed 1, 8). Dieses Wort wendet Clemens aber nicht ausdrücklich auf die Höllenstrafe an.

b) Tertullian († 220): Er kennt einen Zustand des Sühneleidens nach dem Tode. Mit Ausnahme der Märtyrer bleiben die Verstorbenen bis zum Tage des Herrn in der Unterwelt und erleiden dort Peinen (supplicia) aus denen sie durch fürbittendes Gebet der Lebenden in das refrigerium geführt werden. Er bezeugt schon die Gewohnheit, für die Verstorbenen Fürbittgebete und Gaben darzubringen, vor allem das heilige Messopfer. (Cfr. An 51, 58; Resurr 43; Monog 10, usw.)

c) Origenes († 255): Er hält an der Existenz des Fegfeuers fest. Ein Hauptpunkt der Origeneslehre war die Wiederherstellung aller Seelen: bzw. die Seelen derer, die auf Erden gesündigt haben, kommen nach dem Tode in ein Läuterungsfeuer; aber allmählich steigen alle, auch die Teufel, von Stufe zu Stufe höher und werden schließlich ganz gereinigt in ätherischen Leibern auferstehen, die den jetzigen nur an Gestalt gleichen, nicht dem Stoffe nach identisch sind, und Gott ist wieder alles in allen. Jedoch diese Wiederherstellung bedeutet nicht das Weltende, sondern nur einen vorläufigen Abschluß. (Cfr. Über die Purgatio (Reinigung) durch Christus im Jenseits [Fegfeuer] wird in HomLev 8, 5 behandelt)

d) Cyprian von Karthago († 258): Wie die alte Kirche allgemein, so glaubte auch Cyprian, daß die Märtyrer sofort in die Anschauung Gottes eingehen; die übrigen aber müssen nach dem Tode noch der Verzeihung harren und im Kerker warten, bis der letzte Heller bezahlt ist (Ep 55, 20). Er kennt also eine Reinigung nach dem Tode.

e) Ephräm der Syrer († 373): In seinem Testament bittet er: „Sind 30 Tage nach meinem Tode verflossen, so bringet für mich das heilige Opfer dar; denn es wird den Toten geholfen durch die Opfer, welche die Lebenden darbringen“ (EP 741)

f) Cyrill von Jerusalem († 386): Er wiederlegt diejenigen, welche meinen, daß denen, welche als Sünder gestorben sind, die Fürbitte nichts nützen könne, durch ein Gleichnis. Ein König vergibt auch seinen schuldigen und verbannten Untertanen auf die Fürbitte der Angehörigen derselben; wir bringen für die verstorbenen Sünder und für unsere eigenen Sünden das geschlachtete Opferlamm dar, um ihn uns und ihnen gnädig zu stimmen: Wir bringen Christus, der für unsere Sünden sich geopfert hat, für die verstorbenen Sünder und für unsere eigenen Sünden den liebevollen Gott dar.

g) Ambrosius von Mailand († 397): Er läßt seine Trauerreden in Fürbitten für die Toten ausklingen und bringt für sie das eucharistische Opfer dar (vgl. auch Ep 39). Der Tod sei ein Gut (ExcFratr 2) und „alle müssen durch das Flammenmeer hindurchgehen, und mag es Johannes sein“ (Ps 118), die Gerechten wie Israel durch das Rote Meer (Ps 38), die Ungläubigen wie Pharao: für sie wird es „ultor ignis“ (das strafende Feuer) von ewiger Dauer (Ps 36); den endgültigen Spruch erfahren Gerechte und Ungläubige formell beim Endgericht, auch die dritte Klasse, die Sünder, die wieder in zwei Gruppen unterschieden werden, je nachdem gute oder böse Werke überwiegen. Die zweite Gruppe erleidet das Schicksal der Ungläubigen (Ep 2); für die erste Gruppe werden die Flammen zum Reinigungsfeuer, dem dann das Paradies folgt (Ps 1).

h) Johannes Chrysostomos (†407): „Bringen wir ihnen Hilfe und halten wir ein Gedächtnis an sie. Wenn doch die Söhne Jobs durch das von ihrem Vater dargebrachte Opfer geläutert wurden1, wie sollten wir dann daran zweifeln, daß unsere Opfergaben für die Toten ihnen Trost bringen? Zögern wir nicht, den Verstorbenen Hilfe zu bringen und unsere Gebete für sie aufzuopfern.“ (Hom. In 1 Cor. 41, 5)

i) Augustinus († 430): Er berichtet, dass seine Mutter Monika in einem Gespräch den Wunsch äußerte: „Begrabet meinen Leib, wo ihr wollet; nur darum bitte ich euch, daß ihr am Altare des Herrn stets meiner gedenket.“ (Bekenntnisse)

j) Caesarius von Arles: Er schreibt: „Es mag vielleicht jemand sagen. Ich bekümmere mich wenig um die Zeit, die ich im Fegfeuer zubringen werde, wenn ich nur zum ewigen Leben gelange. Allein Gott gefällt eine solche Denkart nicht. Alle Qualen dieses Lebens können mit jenen des Reinigungsortes nicht in Vergleich gesetzt werden. Und wer weiß denn, wie viele Tage, Monate, Jahre er dort bleiben muß? Man würde sich fürchten, eine lange Zeit in der verzehrenden Flamme zu sein?“

k) Gregor der Große († 604): „Man muß glauben, daß es vor dem Gericht für gewisse leichte Sünden noch ein Reinigungsfeuer gibt, weil die ewige Wahrheit sagt, daß wenn jemand wider den Heiligen Geist lästert, ihm ‚weder in dieser noch in der zukünftigen Welt‘ vergeben wird (Mt 12, 32). Aus diesem Ausspruch geht hervor, daß einige Sünden in dieser, andere in jener Welt nachgelassen werden können.“ (Dial. 4, 39)

l) Thomas von Aquin († 1275): Der größte Theologe begründet das Fegfeuer.

Alle diese großen Theologen wollten doch rechtgläubige und schrifttreue Christen sein.

Seit dem Jahr 1000 gibt es ein allgemeines Fest: Allerseelen.

1. Die theologische Vernunft fordert ein Fegfeuer, denn: „nichts Unreines kann in den Himmel eingehen“ (Weisheit 7, 25; Isaias 35, 8). Wer aber ist ganz rein von jeglichem Makel? Es ist aber ungerecht, für kleines Vergehen die Höllenstrafe zu fordern. Also bleibt nur ein Zwischenzustand der Läuterung und Vorbereitung auf den Himmel, das Fegfeuer. Das ist sehr tröstlich: „Tröstet miteinander mit diesen Worten.“

2. Auch die Liturgie und Gebetspraxis der Kirche bezeugt eindeutig den Glauben an das Fegfeuer. Seit den frühesten Zeiten betet sie für die Verstorbenen und kommt ihnen zu Hilfe durch Gebet, vor allem durch das Messopfer, durch Opfer und Werke.

Schon in den Katakomben finden wir viele Hinweise; z.B.: „Betet für Emilia!“ – usw. Der hl. Johannes Chrysostomos z.B. beruft sich sehr triftig auf die Anordnung der Apostel, welche in der Liturgie für die Verstorbenen zu beten vorschreiben: eine Übung, die doch nicht nutzlos sein könne. „Die Apostel wußten recht wohl, daß den Abgeschiedenen daraus großer Nutzen zufließt. Wenn nämlich das gesamte Volk mit aufgehobenen Händen dasteht mit der ganzen Schar der Priester und das schauererregende Opfer auf dem Altare liegt: wie sollten wir da nicht durch unsere Bitten für sie das Herz Gottes erweichen. Deshalb beten wir voll Zuversicht für die ganze Welt und gedenken der Verstorbenen neben den Märtyrern, neben den Bekennern und Priestern. Denn wir alle machen ja nur einen Leib aus, wiewohl ein Glied vorzüglicher ist als das andere, und es ist möglich, daß wir durch die Gebete und Opfer und durch die Fürbitte derjenigen, deren Namen wir mit den übrigen nennen, ihnen volle Verzeihung erlangen“ (hom. 41. In ep. I Cor. 4. 5.).

Häufig werden auf den Grabschriften der Katakomben die Seelen der Verstorbenen den heiligen Märtyrern empfohlen. So schon auf zwei Epitaphien des III. Jahrh. Auf dem Grabe des zweijährigen Knaben Paulus heißt es: „In pacem te suscipian(t) omnium ispirita sanctorum“ (In Frieden empfangen [begrüßen] dich alle Seelen der Aller Heiligen).

Die Grabinschriften sind überhaupt die ältesten Dokumente für die Fürbitte für die Abgeschiedenen, sie liefern also sozusagen einen monumentalen Beweis. Aus der Katakombe der Priscilla, aus dem 2. Jahrh., finden wir die schöne Akklamation „Pax tecum“, „Pax tibi“ (Friede sei mit dir) und die noch deutlichere Grabschrift: ho kýrios metà soû (Dominus tecum, der Herrist/sei mit dir), und ein Fragment: „Spir(itus tuus) requiescat [in Deo] (Dein Geist ruhe in Gott).

1. Auch psychologisch ist es sehr angemessen und erwünscht, dass man lieben Menschen auch nach dem Tode noch etwas Gutes tun kann: die Mutter dem Kind, das Kind der Mutter. Wenn die helfende Liebe das erste Gebot ist, dann wäre es doch unangemessen, wenn hier gar keine Möglichkeit mehr gegeben wäre, diese Liebe zu üben und dem anderen zu helfen.

Zudem soll doch auch der Mensch alles tun, was er kann, um das Böse wieder gutzumachen. Schon dem Kind verzeihen die Eltern zwar, verlangen aber irgendeine zumutbare Gutmachung.

Wenn Gott nicht ähnlich handelt, dann könnte es so scheinen, als ob die Sünde weiter nicht von Bedeutung wäre, oder als ob Gott sie gar nicht so ernst nähme. Das passt aber nicht zu seinem Kreuz. Man würde auch die menschliche Verantwortung nicht ernst genug nehmen, wenn es doch ziemlich egal wäre, ob man viel und schwer sündigt oder nicht, da ja Gott am Ende sowieso alles erledigt. Dadurch wäre der Mensch entwürdigt, denn es drängt den sittlich normalen Menschen, auch selbst wieder gutzumachen, soviel er kann, Genugtuung zu leisten, um so auch seine Reue und seinen guten Willen zu zeigen. Dabei weiß der Christ sehr wohl, dass er niemals von sich aus „genug tun“ kann. Je unsicherer und problematischer einem das Fegfeuer erscheint, desto mehr bemühe er sich, dass er es nicht braucht, sondern heilig und makellos gleich in den Himmel eingehen kann.

2. Verzerrungen der Fegfeuerlehre sind abzulehnen und streng zu meiden. Ein Aufrechnen von Schuld und Strafe ist uns verwehrt. Das ist allein Gottes Sache. Es ist auch völlig verfehlt, über die Dauer des Fegfeuers für den einzelnen eine Zeitberechnung anzustellen, denn Ewigkeit ist nicht Zeit

Ebenso unsinnig wäre es, berechnen zu wollen, wie viele heilige Messen oder Ablässe oder Rosenkränze usw. jemand noch braucht, bis er aus dem Fegfeuer erlöst wird, zumal alle unsere Hilfen immer nur in Gottes Hand gelegt werden können, damit er sie wirksam werden lässt, wem und wie er will. Vor allem aber ist es freventlich, das Fegfeuer bzw. die armen Seelen als Auskunftsbüro über Dinge im Jenseits zu missbrauchen.

Es ist zwar durchaus möglich und viele bezeugen solche Tatsachen glaubwürdig (Cfr. Mein Verkehr mit Armen Seelen, Maria Anna Lindmayr O.C.D. Oder die Visionen von hl. Katharina von Siena, usw.), dass Gott einzelnen Verstorbenen erlaubt, mit Angehörigen irgendwie in Beziehung zu treten – warum auch nicht? – aber das sind ganz private Dinge, und angebliche Auskünfte der armen Seelen sind mit größter Vorsicht zu betrachten.

Und wenn jemand unsere Fürbitte gar nicht mehr nötig hat, weil er nicht mehr im Fegfeuer ist? Dann wird Gott unsere Liebestat sicher gütig aufnehmen und wirksam werden lassen.

„Wie lange das Fegfeuer dauert, nach welchen Regeln die Dauer von Gott festgesetzt wird, ist uns völlig unbekannt; denn die Zeitbestimmungen, welche in den Offenbarungen und Fegfeuergeschichten mitgeteilt werden, entbehren der nötigen dogmatischen Sicherheit, um von der Glaubenswissenschaft verwertet, oder auch nur von den Gläubigen zur Richtschnur ihres Verhaltens gemacht werden zu können. Unbegreiflich ist, wie Domingo de Soto, O.Pr. (spanischer Philosoph und Dogmatiker, um 1500, † 1542) und Juan Maldonado, S.J. (spanischer Exeget, 1534, † 1583) behaupten konnten, keine Strafe des Fegfeuers dauere über 10 Jahre. Diese Meinung wurde „implizite“ verurteilt durch die Zensur, welche Papst Alexander VII. (1655-1667) über den falschen Satz der Jansenisten: „Annum legatum pro anima relictum non durat plus quam per Decem annos“ aussprach (Der jährliche Legat, der für die Seele nachgelassen worden ist, dauert nicht länger als zehn Jahre) [Omnes damnatae et prohibitae ut minimum tamquam scandalosae, diese Ansichten sind mindestens als skandalös verurteilt und verboten worden] (D. 1014)